Höchster Polizist entlassen

Ein Bericht über willkürliche Tötungen von Kartellmitgliedern durch Polizisten hat personelle Konsequenzen. Der Machtmissbrauch von Sicherheitskräften ist in Mexiko allerdings nichts Neues.

Nicole Anliker
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Galindo stand seit längerem in der Kritik unter anderem wegen aussergerichtlichen Hinrichtungen oder willkürlichen Festnahmen vonseiten der Polizeikräfte. (Bild: PD)

Galindo stand seit längerem in der Kritik unter anderem wegen aussergerichtlichen Hinrichtungen oder willkürlichen Festnahmen vonseiten der Polizeikräfte. (Bild: PD)

Der Chef der mexikanischen Bundespolizei, Enrique Galindo, muss seinen Posten räumen. Der Innenminister Osorio Chong hat am Montag erklärt, dieser Schritt sei «angesichts der jüngsten Ereignisse und auf Anweisung des Präsidenten» erfolgt. Auf dem Polizeichef lasten schwere Vorwürfe. Vor zwei Wochen hatte die Nationale Menschenrechtskommission einen Bericht vorgelegt, wonach im Mai 2015 auf einer Ranch im Gliedstaat Michoacán 22 Mitglieder eines Drogenkartells willkürlich von der Polizei getötet worden sein sollen. Insgesamt seien 42 Verdächtige und ein Sicherheitsbeamter ums Leben gekommen. Dabei sollen exzessive Gewalt und Folter angewandt worden sein. Um den Eindruck zu erwecken, dass es zu einem Feuergefecht gekommen sei, ist demnach der Tatort manipuliert worden: Leichen wurden bewegt und Waffen umplaciert.

Harsche Kritik

Die Hinweise verdichten sich, dass die Polizei nicht, wie zunächst behauptet, in eine Schiesserei verwickelt worden war, sondern die Ranch in der Ortschaft Tanhuato stürmte. Dort hielten sich mehrere Dutzend Mitglieder des Drogenkartells «Jalisco Nueva Generación» auf. Der nationale Sicherheitsbeauftragte verteidigte den Einsatz auch nach der Veröffentlichung des Berichts und erklärte, die Beamten hätten lediglich das Feuer erwidert. Mit der Entlassung Galindos werden nun aber andere Töne angeschlagen. Innenminister Osorio Chong erklärte, dass die Absetzung des Polizeichefs schnelle und transparente Untersuchungen ermöglichen solle.

Galindo stand seit längerem in der Kritik. Machtmissbrauch, Rechtsverletzungen, Folterungen, aussergerichtliche Hinrichtungen oder willkürliche Festnahmen vonseiten der Polizeikräfte waren während seiner Amtszeit immer wieder verzeichnet worden. Die Kritik von Menschenrechtsorganisationen richtete sich nicht ausschliesslich gegen ihn und seine Einheit. Mexikos gesamter Sicherheitsapparat, auch das Vorgehen des Militärs und der Justiz, fällt negativ auf. Die Uno dokumentiert, dass Folterungen und Misshandlungen durch Polizei und Militär in Mexiko verbreitet sind. Sowohl bei der Verschleppung von 43 Studenten in Iguala wie auch bei der Tötung von 22 Personen in Tlatlaya oder der Erschiessung von Demonstranten bei Lehrerprotesten in Oaxaca waren Soldaten oder Polizisten beteiligt oder gar verantwortlich. Der Fall von Tanhuato ist ein weiteres Beispiel für die strukturellen Probleme im Sicherheitsapparat.

Kein Wandel zu erwarten

Präsident Peña Nieto sieht sich angesichts der Negativschlagzeilen unter Druck. Seine Umfragewerte befinden sich im Keller. Die Absetzung Galindos ist deshalb eine logische Konsequenz. Eine Veränderung im Vorgehen der Polizei ist vom Führungswechsel kaum zu erwarten. Mit dem bisherigen Chef der Gendarmerie, Manelich Castilla, wird ein Vertrauter Galindos Polizeichef.