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Kaffeeproduktion
Nestlés umstrittene Pläne für Mexiko

Mexikos Regierung hat sich das Ziel gesetzt, Investoren aus dem Ausland anzulocken, um das Land unabhängiger von den USA machen. Als Vorzeigeprojekt gelten die Pläne von Nestlé für die weltweit größte Kaffee-Fabrik des Schweizer Nahrungsmittel-Riesen. Doch tausende von Kleinbauern fürchten um ihre Existenz.

Von Stephan Lina | 07.01.2019
    Kaffeetasse umgeben von Kaffeebohnen
    Nestlé investiert in Mexiko mehr als 150 Millionen Dollar in eine neue Fabrik zur Verarbeitung von Rohkaffee (imago/chromorange)
    Es sollte eine Art vorweihnachtliche Bescherung werden. Vor laufenden Kameras traf sich Mexikos neuer Präsident Andres Manuel Lopez Obrador im Dezember mit Top-Managern von Nestlé zum Frühstück. In einem barocken Prunksaal des Präsidenten-Palastes wurde dann eine große Investition angekündigt. In der Hafenstadt Veracruz will der Schweizer Konzern in den kommenden Jahren mehr als 150 Millionen Dollar in eine neue Fabrik zur Verarbeitung von Rohkaffee investieren. Lopez Obrador sprach von einem Meilenstein für die strukturschwache Region:
    "Wir müssen noch mehr Investitionen anziehen. Wo investiert wird, geht es den Leuten gut. Und das bedeutet gesellschaftlichen Frieden. Deshalb wollen wir noch mehr Investoren motivieren, etwas für das Wachstum im Südosten Mexikos zu tun. Denn dort ist die Wirtschaft seit Jahren nicht mehr gewachsen."
    Lächelnd und kopfnickend saß Fausto Costa daneben. Der Nestlé-Landeschef für Mexiko betonte die Dimensionen der neuen Fabrik. Sie schaffe direkt und indirekt mehr als 3.000 Arbeitsplätze. Zudem mache sie das Land konzernweit zur Nummer Eins. Aussagen, die die Öffentlichkeit in Mexiko gerne hört, wo man sich oft durch die USA, den großen Nachbarn im Norden gedemütigt fühlt:
    "Heute ist Brasilien für uns das wichtigste Kaffeeland. Aber mit dieser Investition wird Veracruz und damit Mexiko unser weltweit größter Standort für die Produktion von Kaffee."
    Eine Art Marshall-Plan für den armen Süden
    Die Kaffeefabrik von Nestlé ist ein wichtiger Baustein in den Plänen von Mexikos neuer Regierung. Sie hat gerade eine Art Marshall-Plan für den armen Süden des Landes angekündigt und will im großen Stil Investoren anziehen. Dabei stößt sie aber auch auf Widerstand. So kommt Nestlés Ankündigung bei vielen Kaffee-Produzenten nicht gut an. Der nationale Bauernverband ANEC etwa befürchtet, dass die Kleinbetriebe an den Rand gedrängt werden. Laut ANEC gibt es in Mexiko 700.000 solcher Betriebe, die oft weniger als einen Hektar Land bewirtschaften. Sie gerieten durch Konzerne wie Nestlé unter ruinösen Preisdruck. Es gehe nicht mehr um Qualität und faire Preise, sondern nur noch um Billigproduktion. Eine solche Entwicklung sieht Manuel García Estrada schon seit längerem, der Chef der Entwicklungsorganisation ACDR:
    "Ein großes Kaffee-Imperium bedeutet Sklaverei für die Produzenten. Die Konzerne sichern sich die Ernte über Optionen. Sie bestimmen die Preise, sie geben die Qualität vor, sie schreiben vor, welcher Kaffee erzeugt wird, wie er getrunken wird, und wie er eingekauft wird."
    Die Kleinbauern fordern deshalb landesweite Standards für Qualität und entsprechende Preise, um ihre Existenz zu sichern. Außerdem befürchten Kritiker den massenhaften Einzug von Gentechnik auf Anbauflächen, wo für Nestlé produziert wird. Diese aber könnte anliegende Plantagen kontaminieren, wo hochwertiger Biokaffee angebaut wird und diesen ruinieren.