Die neue Dreiecksbeziehung zwischen den USA, China und Lateinamerika am Beispiel Mexikos

Analyse

Das Volumen chinesischer Importe in Mexiko ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Wie es um die Zusammenarbeit beider Länder bei Infrastrukturprojekten und die vom chinesischen Staatspräsidenten 2013 verkündete „umfassende strategische Partnerschaft“ steht, analysiert unser Autor Enrique Dussel Peters.

Mexiko und China

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts gehört die wachsende Präsenz der Volksrepublik China (im Folgenden „China“) in praktisch allen nur denkbaren Bereichen zu den wichtigsten „glokalen“ sozioökonomischen Entwicklungen. Es geht dabei nicht nur um den weltweiten Verbrauch an Elektrobatterien, T-Shirts, elektrischen Geräten oder Fahrzeugteilen chinesischer Herkunft.

Es geht auch nicht nur um hochwertige Telekommunikationsprodukte oder die wachsende Anzahl von Blockbustern aus China, die Hollywood ernsthafte Konkurrenz machen. Wir reden hier auch von einer erheblichen Verringerung der Armut und von einem immer tieferen Fußabdruck weltweit.

Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds ist China seit 2014 zur wichtigsten Volkswirtschaft der Welt avanciert und hat mittlerweile die Vereinigten Staaten überflügelt. Die wachsenden Spannungen zwischen den USA und China – insbesondere seit der Trump-Regierung – haben auf internationaler Ebene, vor allem aber in Lateinamerika und der Karibik (LAK) eine Reihe von Widersprüchen erzeugt und die Regierungen der Region zu Überlegungen gezwungen, ob sie vorrangig auf eine langfristige strategische Beziehung zu den USA oder zu China setzen sollten.

Globalisierung chinesischer Prägung und die Antwort der Trump-Administration

Spätestens seit 2013 präsentiert der chinesische Staatspräsident Xi Jinping Vorschläge im Rahmen eines „Globalisierungsprozesses chinesischer Prägung“ als ein sich ständig weiterentwickelndes Vorhaben mit weltweiten Ambitionen und als explizite Alternative zum Globalisierungsprozess, wie er seit der Gründung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank (1944) von Europa, Japan und anderen Staaten unter Führung der USA verfolgt wird. 2013 stellte China seine „One Belt One Road Initiative“ vor, die später unter dem Namen Belt and Road Initiative (BRI) bzw. „Neue Seidenstraße“ bekannt wurde.

Seitdem hat China immer wieder dazu aufgerufen, eine „Gemeinschaft mit gemeinsamer Zukunft“ aufzubauen, wie Präsident Xi es ausdrückte. Die wachsende globale Präsenz Chinas zeigt sich auch in der Ausweitung der chinesischen Aktivitäten und Einflussmöglichkeiten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der Anerkennung der Bedeutung des Landes im internationalen Finanzsystem durch die Aufnahme der chinesischen Währung Renminbi in den für die Sonderziehungsrechte (SZR) maßgeblichen IWF-Währungskorb (2016) und einer zunehmenden Führungsrolle Chinas innerhalb der G20.

In diesem internationalen Kontext hat die Neue Seidenstraße in erster Linie zum Ziel, die Zusammenarbeit Chinas mit Asien, Afrika und Europa und – offiziell seit 2018 – auch mit den LAK-Staaten zu intensivieren. Die Initiative benennt fünf Schwerpunkte: politische Beziehungen, Ausbau von Land- und Seewegen, Handel, Wechselkurs und Austausch von Volk zu Volk.

Die mit den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) gegründete Neue Entwicklungsbank (New Development Bank) und auch die Asiatische Infrastruktur-Investmentbank (AIIB) sind machtvolle Instrumente dieser globalen Strategie. Im Kulturbereich sind die Konfuzius-Institute ein weiterer Bestandteil des vielfältigen Instrumentariums. Ein deutlicher Schwerpunkt aber liegt auf Vernetzungs- und Infrastrukturprojekten.

Vor diesem geopolitischen Hintergrund und in Anbetracht der Tatsache, dass der Staat einen Anteil von etwa 50% am chinesischen Bruttoinlandsprodukt hat, müssen die LAK-Länder „die Omnipräsenz des öffentlichen Sektors in China“ begreifen, mit der die Zentralregierung sowie Provinz-, Stadt- und Kommunalverwaltungen unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas gemeinsame Ziele mit einer langfristigen Perspektive verfolgen und gleichzeitig miteinander konkurrieren.

Dies ist ein kritischer Punkt für den LAK-Raum, denn jedwede Kooperationsinitiative mit China bedarf einer expliziten Vereinbarung mit dem staatlichen Sektor Chinas, ob es nun um den Finanzbereich geht oder den Tourismus, um wissenschaftlichen Austausch, Außenhandel, „grüne“ Investitionen oder sonstige Formen der Zusammenarbeit.

Ebenso wichtig ist es zu verstehen, dass die LAK-Staaten und China in den letzten zehn Jahren ein ganzes Bündel gemeinsamer Strategien und Initiativen auf den Weg gebracht haben, aus denen die zunehmende Fülle und das Potenzial der Kooperation deutlich werden. China hat zwei „Weißbücher“ zu Lateinamerika und der Karibik veröffentlicht (2008 und 2016) und den Rahmen „1+3+6“ für die Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) abgesteckt.

Dabei handelt es sich um einen Kooperationsplan für den Zeitraum 2015-2019, der sich auf drei Antriebskräfte – Handel, Investitionen und finanzielle Zusammenarbeit – und sechs Schwerpunkte der Zusammenarbeit stützt, darunter Energie und Ressourcen, Infrastrukturentwicklung, Fertigung und wissenschaftlich-technische Innovation. Dieses Konzept wurde in den Arbeitsplänen des CELAC-China-Forums 2015-2019 und 2019-2021 weiter konkretisiert. Sie enthalten Hunderte von spezifischen Vorschlägen zur langfristigen Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur- und Wissenschaftsaustausch, bilaterale und multilaterale Politikthemen, Handel, Investitionen, Wissenschaft und Technologie, Umwelt „mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung“, Tourismus, Energie und Infrastruktur sowie zum Technologietransfer und zur Einrichtung von High-Tech-Parks und Sonderwirtschaftszonen in den LAK-Staaten.

Auch in anderen Bereichen wie Raumfahrt, Information und Kommunikation sind spezifische Fonds und Finanzierungen geplant. China bietet somit der LAK-Region unabhängig von der politischen Orientierung der jeweiligen Einzelstaaten und selbst unabhängig davon, ob sie diplomatische Beziehungen zu China unterhalten oder nicht, ein nutzbares Instrumentarium an. Die Initiative ist gegenüber den verschiedenen Ländern also überaus offen gestaltet. Im letzten Gemeinsamen Aktionsplan 2019-2021 befasst sich ein ganzer Abschnitt explizit mit der Zusammenarbeit im Umweltbereich.

Dort werden sowohl der Schutz von Meeres- und Küstenökosystemen als auch Fragen des Technologietransfers und der Schutz der Wildfauna und -flora angesprochen. Die Menschenrechte sind in der internationalen Zusammenarbeit Chinas mit den LAK-Ländern kein zentrales Thema. Dennoch wird im Kooperationsplan des CELAC-China-Forums 2015-2019 ausdrücklich auf das beiderseitige Bestreben hingewiesen, die „Schleusung von Migranten und den Menschenhandel, insbesondere den Handel mit Frauen, Jugendlichen und Kindern“ zu unterbinden und „die Opfer solcher Verbrechen zu schützen, auch durch Sicherung ihrer Menschenrechte“.

Die Reaktion des „alten Platzhirschs im globalen Dorf“ war fulminant: Die Obama-Regierung rief das Transpazifische Partnerschaftsabkommen TTP ins Leben, um damit explizit ein Bollwerk gegen den wachsenden Einfluss Chinas zu errichten. Donald Trump wiederum hob als eine seiner ersten Maßnahmen das Abkommen wieder auf. Die Gründe hierfür lagen zum einen in seinem mangelnden Verständnis des TTP-Abkommens an sich, zum anderen aber auch in seinem Bestreben, sich von der Regierung seines Amtsvorgängers Barack Obama zu distanzieren und eine eigene Strategie im Umgang mit China zu entwickeln.

Die Spannungen zwischen beiden Staaten gehen über den „Handelskrieg“ weit hinaus. In den USA hat sich in Bezug auf China ein Strukturwandel vollzogen: Historisch haben der staatliche Sektor und insbesondere der Gesetzgeber gegenüber China eine kritischere Position vertreten, wohingegen sich die Privatwirtschaft und Unternehmerverbände chinafreundlicher zeigten, denn sie wollten vom Handel und von den Investitionsmöglichkeiten profitieren.

Seit 2018 aber hat die wachsende Konkurrenz Chinas in Bereichen wie der künstlichen Intelligenz, der Elektronik sowie in der Telekommunikation und bei Infrastrukturvorhaben für heftige Kritik bei den US-amerikanischen Unternehmerverbänden gesorgt. Der Anteil chinesischer High- und Medium-Tech-Exporte in die USA hat sich von 1995 bis 2017 mehr als verdoppelt, während die Beteiligung der USA an den chinesischen Einfuhren nur leicht gestiegen ist und sich die technologische Kluft gegenüber China vergrößert hat.

Nach Aussage von Vizepräsident Mike Pence befinden sich beide Staaten in einem „Konkurrenzkampf zwischen Großmächten“, und die Vereinigten Staaten würden vielfältige Maßnahmen ergreifen, um die zunehmende chinesische Präsenz einzudämmen. Dazu gehört z.B. die Kontrolle der chinesischen Investitionen in den USA und der US-Exporte nach China. Ebenso wies Außenminister Mike Pompeo darauf hin, dass er die Beziehungen der USA zu Ländern wie El Salvador, Panama und der Dominikanischen Republik auf ein Minimum reduzieren werde, da sie kürzlich China diplomatisch anerkannt hätten (die USA taten dies 1979).

Demgegenüber unterstrich Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon vor kurzem in der Washington Post, dass auch unter Berücksichtigung der derzeitigen politischen Lage und des Wirtschaftswachstums in den USA nun für die „globale Hegemonialmacht“ der Zeitpunkt gekommen sei, um „einen umfassenden wirtschaftlichen und strategischen Krieg“ gegen China zu führen.

Der „Platzhirsch des globalen Dorfs“ macht demnach mit wachsender Vehemenz seinen Ausschließlichkeitsanspruch geltend: entweder eine Beziehung zu den Vereinigten Staaten oder zu China.

Das sozioökonomische Verhältnis Lateinamerikas und der Karibik zu China und seine Struktur am Beispiel Mexiko

Es gibt eine wachsende Zahl von Analysen über das sozioökonomische Verhältnis zwischen den LAK-Staaten und China in jedem einzelnen Bereich: Handel, Investitionen, Finanzierung und Infrastrukturvorhaben (eine Analyse findet sich hier). China ist seit mehr als fünf Jahren der zweitwichtigste Handelspartner der LAK-Region. Dieses Verhältnis weist zwei wesentliche Merkmale auf: Während weniger als 3% der Exporte aus dem LAK-Raum nach China auf High- und Medium-Tech-Produkte entfallen, kommen 60% der chinesischen Exporte in die LAK-Länder aus dem Medium- und High-Tech-Sektor.

Die LAK-Staaten exportieren demgegenüber keine Fertigwaren nach China, sondern Produkte ohne Mehrwert (z.B. Soja, Bodenschätze, Fleisch, Erdöl und Erdgas), und haben so ein wachsendes Handelsdefizit gegenüber China zu verzeichnen. Nach den jüngsten Ergebnissen aus dem Monitor für chinesische Auslandsinvestitionen in Lateinamerika und der Karibik fächern sich die chinesischen Investitionen nach Ländern, Sektor und Eigentumsverhältnissen immer weiter auf: Während sie sich in der Vergangenheit auf den Rohstoffbereich konzentrierten, flossen sie in den letzten beiden Jahren eher in Aktivitäten, die auf den jeweiligen Binnenmarkt (Dienstleistungssektor) und sogar auf Ausfuhren ausgerichtet sind.

Chile, Mexiko und Peru sind derzeit die wichtigsten Zielländer für chinesische Investitionen (im Gegensatz zu Argentinien, Brasilien und anderen Staaten). Im Hinblick auf Projekte im Infrastrukturbereich deuten neuere Analysen darauf hin, dass solche Vorhaben sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene ökologische, beschäftigungspolitische, soziale und ökonomische Folgewirkungen nach sich ziehen, abgesehen davon, dass sie per se umstritten sind.

Dies gilt für Infrastrukturvorhaben jeglicher Art, insbesondere aber für Großprojekte wie Wasserkraftwerke, Überlandstraßen oder Flughäfen. Die chinesischen Unternehmen stehen bisher noch ganz am Anfang eines Lernprozesses aus ihren internationalen Erfahrungen, und sie verfügen derzeit auch nicht über explizite, verbindliche Normen und Regularien. Dies hat zur Folge, dass sich chinesische Unternehmen in LAK-Ländern oftmals unterschiedlich verhalten und mit ihren willkürlichen Vorgehensweisen auf lokaler und nationaler Ebene bereits mehrfach ernste Probleme in den betreffenden Infrastrukturvorhaben geschaffen haben.

Für Mexiko ist das Verhältnis zu China in den bilateralen Handelsbeziehungen von ausgesprochen großer Bedeutung. So ist der Anteil Chinas am mexikanischen Außenhandel zwischen 2000 und 2018 von weniger als 1% (2000) auf 9,74% (2018) gestiegen, insbesondere aufgrund der wachsenden Einfuhren. 2018 lag das Verhältnis zwischen Importen und Exporten bei 11,2 (d.h. Mexiko importierte 11,2 Einheiten pro Exporteinheit).

Die Beziehungen Mexikos zu seinem seit 2003 zweitwichtigsten Handelspartner haben sich bei den Importen vor allem auf globale Wertschöpfungsketten in den Bereichen Elektronik, Fahrzeugteile, Autos und andere Fertigerzeugnisse konzentriert. Dementsprechend hat sich der Anteil des US-Handels rapide verringert. Die Importe aus China haben nicht nur die Einfuhren aus anderen Ländern – insbesondere aus den Vereinigten Staaten – verdrängt, sondern ebenso auch in Mexiko etablierte Produzenten. Im Gegensatz zu anderen Ländern wie beispielsweise Brasilien sind von 2000 bis 2017 in Mexiko 340.000 Arbeitsplätze durch die China-Importe verlorengegangen (siehe hierzu: www.dusselpeters.com).

Von 1999 bis 2018 stammten lediglich 0,21% der ausländischen Direktinvestitionen (ADI) in Mexiko aus China. Während sich die chinesischen ADI in diesem Zeitraum auf insgesamt 5,8 Mrd. USD beliefen und sich vornehmlich auf die verarbeitende Industrie konzentrierten (Computer und Peripheriegeräte sowie Fahrzeugteile), sind die chinesischen Finanzströme nach Mexiko derzeit minimal und belaufen sich im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Ländern wie Venezuela, Brasilien, Argentinien und Ecuador gerade einmal auf knapp 100 Millionen Dollar (vgl. www.dusselpeters.com).

Auch im Infrastrukturbereich ist die Beteiligung Chinas ausgesprochen begrenzt: In den letzten beiden Jahren gab es lediglich zwei Infrastrukturprojekte: den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Mexiko City nach Querétaro und das Wasserkraftwerk Chicoasén II in Chiapas, und beide wurden storniert. Allerdings werden sich chinesische Unternehmen wahrscheinlich wieder an neuen Ausschreibungen beteiligen. Im Unterschied zu anderen LAK-Staaten (mit 69 durchgeführten Infrastrukturvorhaben in der Region, die sich vor allem auf Ecuador, Brasilien und Bolivien konzentrieren) ist China also in Mexiko überhaupt nicht an Infrastrukturprojekten beteiligt (vgl. www.dusselpeters.com)

Konjunkturelle Aspekte in den mexikanisch-chinesischen Beziehungen

Beim letzten Mexiko-Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jingping (2013) wurde eine „umfassende strategische Partnerschaft“ vereinbart, die allerdings bisher von keiner der beiden Seiten konkret umgesetzt werden konnte.

Für Mexiko und seine derzeitige Regierung ist dieses Thema nicht unbedeutend, denn China ist bereits heute die größte Volkswirtschaft der Welt, und die chinesische Präsenz spielt für Mexiko insbesondere im Handelssektor eine bedeutende Rolle. Eine Annäherung an die weltweit größte Volkswirtschaft mit ihrem riesigen Wirtschaftspotenzial in den Bereichen Handel, Investitionen, Infrastrukturprojekte und Finanzierungen ist der neuen mexikanischen Regierung unter Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador bis November 2019 allerdings allem Anschein nach nicht gelungen.

Dasselbe gilt für andere Sparten wie Tourismus, Technologietransfer, Kultur und Wissenschaftsaustausch. Offenbar ist die Entscheidung gegen chinesische Investitionen und Infrastrukturprojekte in Mexiko ausgefallen. Ob dies aus eigenem Entschluss oder auf Druck der USA geschehen ist, bleibt unklar. Allerdings haben u.a. sowohl der Leiter des mexikanischen Präsidialamtes als auch die verantwortlichen Stellen im mexikanischen Außenministerium bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TMEC zwischen Mexiko, USA und Kanada in Übereinstimmung mit den Verlautbarungen hoher US-Beamter explizit darauf hingewiesen, dass chinesische Aktivitäten in Mexiko nicht willkommen seien.

Zu dem neuen Raffinerieprojekt Dos Bocas sind chinesische Unternehmen noch nicht einmal eingeladen worden, und auch für den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Tren Maya sind sie bisher nicht in Betracht gezogen worden. Beide Vorhaben gehören zu den von der Regierung López Obrador geplanten Megaprojekten.

Mexikanische Unternehmer- und Wissenschaftseinrichtungen haben eine ganze Reihe von Konzepten und Einzelinstrumenten vorgeschlagen, die im Zeitraum 2019-2024 umgesetzt werden könnten, doch die Regierung hat bisher noch keine klaren, schlüssigen Schritte dazu unternommen. So fordert China bereits seit über einem Jahrzehnt seine Anerkennung als Marktwirtschaft bei der Welthandelsorganisation (WTO). Ebenso steht der Vorschlag im Raum, dass Mexiko im Rahmen der Belt and Road Initiative und der Mitgliedschaft Chinas in der AIIB eine Absichtserklärung unterzeichnen könnte.

Bisher hat sich die mexikanische Regierung noch zu keinem dieser Punkte geäußert. Weiterhin ungeklärt ist auch das Infrastrukturprojekt Chicoasén II in Chiapas (2018 storniert) mit einem Volumen von mehr als 300 Millionen Dollar. Hauptkunde soll der staatliche Stromversorger CFE (Comisión Federal de Electricidad) sein, Lieferant das chinesische Unternehmen Sinohydro. Bisher haben weder CFE, noch das Außenministerium noch die chinesische Botschaft in Mexiko einen Lösungsvorschlag präsentiert.

Der Vorsitz Mexikos in der CELAC wird im Lauf des Jahres 2020 die Initiativen und Strategien der neuen mexikanischen Regierung in der einen oder anderen Form widerspiegeln.

Schlussfolgerungen

Verständlicherweise hat sich Mexiko in den letzten fünf Jahren und besonders 2018/2019 unter der Trump-Regierung intensiv auf die Vereinigten Staaten konzentriert. Historisch, politisch, wirtschaftlich und auch kulturell zeigen die USA noch immer eine starke Präsenz in Mexiko.

Darüber hinaus ist die Trump-Administration mit vielfältigen Angriffen und Erpressungsmaßnahmen auf Konfrontationskurs gegen die mexikanische Wirtschaft und die Migration gegangen. Die mexikanische Regierung hat den Beziehungen zu den USA Vorrang eingeräumt und die Unterzeichnung des TMEC erfolgreich vorangetrieben. Dennoch ist es unabdingbar und dringend notwendig, dass Mexiko strategische, langfristige Entscheidungen zu China trifft.

Für die LAK-Staaten und auch für Mexiko ist China keine Option, die in Betracht gezogen werden könnte oder auch nicht, sondern es ist eine Tatsache, die eine kurz-, mittel- und langfristige Strategie erfordert – jenseits des Verhältnisses zu den USA.

Bereits jetzt gibt es wichtige Analysen und Dutzende von Vorschlägen, die aber bisher noch keine Beachtung gefunden haben.

China ist nicht nur die größte Volkswirtschaft der Welt, sondern legt in den einschlägigen Weißbüchern sowie im Rahmen der Agenda des CELAC-China-Forums auch ein Globalisierungskonzept chinesischer Prägung für den lateinamerikanisch-karibischen Raum in wesentlichen Bereichen vor. So hat China eine Zusammenarbeit mit den LAK-Staaten – darunter auch Mexiko – zu wirtschaftlichen Themen vorgeschlagen, aber ebenso auch in den Bereichen Umwelt, Kultur, Sicherheit, Sport, Wissenschaft und Technologie sowie auf vielen anderen Gebieten.

Aus dieser Sicht kommt es auf die betreffenden Länder und insbesondere deren öffentliche Hand an, denn der chinesische Staatssektor gibt in seinen Kooperationen stets öffentlichen Partnern den Vorrang. Mexiko könnte den Schwerpunkt seiner Zusammenarbeit mit China problemlos auf den Umweltbereich legen und die von China entwickelten Technologien nutzen, so zum Beispiel bei der Elektromobilität, der nachhaltigen Energieerzeugung und größerer Energieeffizienz, sofern es hier seine Prioritäten setzt. Insgesamt aber sind die LAK-Staaten und auch Mexiko bisher nicht in der Lage gewesen, die von China im letzten Jahrzehnt vorgeschlagene Partnerschaft zu nutzen.

Die Trump-Regierung wird mit Sicherheit weiter Druck auf Mexiko ausüben, doch dem nachzugeben ist für die LAK-Staaten und auch für Mexiko keine Option. China ist für Lateinamerika und die Karibik bereits der zweitwichtigste Handelspartner und zeigt eine massive Präsenz in einer Vielzahl von Bereichen. Mexiko und die übrigen LAK-Länder werden nach einem Gleichgewicht zwischen beiden Großmächten (hier analysiert als „neue Dreiecksbeziehung“) und deren wachsenden Gegensätzen suchen müssen; dies betrifft sowohl den Handel und die Investitionen als auch die Bildung und selbst militärische Bereiche.

Die LAK-Staaten und mithin auch Mexiko benötigen ein sehr viel größeres institutionelles Wissen über das Land China an sich und seine Vorschläge. Dies gilt u.a. sowohl für den staatlichen und privaten Sektor als auch für die Wissenschaft.

Anderenfalls werden sie – wie derzeit im Zusammenhang mit 5G und Huawei – mit ungeeigneten, dilettantischen Maßnahmen den ständigen Konjunkturschwankungen und dem Druck der USA begegnen, auf deren Betreiben hin chinesischen Unternehmen der Zugang zu Bereichen wie der Telekommunikation (aber auch Infrastruktur, Investitionen etc.) verweigert werden soll.

In dieser „neuen Dreiecksbeziehung“ haben die LAK-Länder die Option, u.a. auch mit Beteiligung Europas, Japans und der LAK-Staaten selbst, umweltpolitische Entwicklungsentscheidungen zu treffen, um die Lebensqualität ihrer Bevölkerung zu verbessern, die Armut zu verringern und ein technologisches Upgrading zu ermöglichen – langfristig gemeinsam mit den Vereinigten Staaten und China.

Dies bedeutet auf der einen Seite, dass die LAK-Länder nicht immer mit den USA übereinstimmen – z.B. in der weltweiten Umwelt- und Energieagenda – und sie so die Möglichkeit haben, eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber den Vereinigten Staaten zu wahren und gleichzeitig ihre Beziehungen zu China enger zu gestalten und zu vertiefen.

Auf der anderen Seite wird China auch nicht versuchen, die historischen und aktuellen Defizite in der LAK-Region auszubügeln, sei es nun in den Bereichen Entwicklung, Wirtschaft oder Tourismus, bei der Armutsbekämpfung, der Umwelt oder den Menschenrechten. China hat insbesondere bei politischen Fragen immer wieder seine Nicht-Einmischung in innere Angelegenheiten betont.

Die noch sehr neue, dynamische Rolle Chinas in den LAK-Staaten wird im Ergebnis künftig sicherlich an Gewicht gewinnen. Dennoch sollten ohne eine solidere Grundlage keine Erwartungen geweckt werden, weder im positiven noch im negativen Sinne. Kurzfristig könnten sich die LAK-Länder aber zunächst die chinesischen Technologie- und Finanzierungsangebote zunutze machen, um beispielsweise die Bedingungen im Umwelt- und Energiebereich zu verbessern, und sie könnten sofortige Schritte in diese Richtung unternehmen.

Mittelfristig – und nur mit explizitem Interesse oder sogar auf Initiative der lateinamerikanischen Länder – wäre eine punktuelle Kooperation in spezifischen Wertschöpfungsketten denkbar. So könnten z.B. in der globalen Sojakette konkrete Themen aufgegriffen werden, die sowohl für den Anbau in der LAK-Region als auch für die Konsumenten in China von Interesse sind.

Hierzu gehören u.a. Entwicklungsverbesserungen, die Einführung neuer Technologien, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die verstärkte Ausrichtung auf einen besseren, umfassenden Schutz der Umwelt. Initiativen dieser Art sind allerdings bisher weder in Lateinamerika noch in China geplant.
 


Übersetzung aus dem Spanischen: Beate Engelhardt