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Ayotzinapa: Zehn Jahre quälende Ungewissheit

Ein Jahrzehnt nach dem gewaltsamen Verschwindenlassen der 43 Studenten von Ayotzinapa schuldet Mexikos neue Regierung den Angehörigen und der Gesellschaft endlich Aufklärung.

Mexiko-Koordination vom 23.09.2024

  Berlin, 23. September 2024. Für die Angehörigen der 43 verschwundenen Studenten von Ayotzinapa geht die Amtszeit von Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador enttäuschend zu Ende. Nachdem sie sich zuletzt Ende August mit dem Präsidenten getroffen hatten, erklärten die Familien, dass es keine weitere Grundlage für Gespräche gebe. Sie beklagen mangelnde Kooperation, insbesondere was die Aufklärung der Beteiligung des Militärs an dem Verbrechen angeht.

Die Studenten des Lehramtsseminars von Ayotzinapa, Bundesstaat Guerrero, verschwanden in der Nacht vom 26. auf den 27. September 2014 in der Stadt Iguala nach einem Angriff durch lokale Polizeikräfte. Bei der Attacke kamen sechs Menschen ums Leben, weitere Studenten wurden schwer verletzt. Die Ermittlungen sind politisch stark umkämpft, weil es dabei auch um die Verstrickungen zwischen Organisierter Kriminalität und staatlichen Behörden geht. Die ursprünglich unter der Regierung Peña Nieto (2012 − 2018) verlautete Version der Ereignisse, nach der die Studenten an Kriminelle übergeben und auf einer Müllkippe verbrannt worden seien, konnte durch den Einsatz einer internationalen Expert*innengruppe (GIEI), einer Sonderstaatsanwaltschaft und einer Wahrheitskommission in der Amtszeit der aktuellen Regierung widerlegt werden.

Für die betroffenen Familien sei die Ungewissheit über das Schicksal und den Verbleib der Studenten quälend, berichtet María Luisa Aguilar Rodríguez vom Menschenrechtszentrum Miguel Agustín Pro Juárez, das die Angehörigen begleitet. »Die Regierung Obrador hat den Familien 2018 Aufklärung versprochen. Seither kämpfen diese dafür, dass dieses Versprechen auch umgesetzt wird. Am Ende wogen jedoch politische Interessen, die Unfähigkeit der Generalstaatsanwaltschaft und die Rückendeckung der Regierung für das Militär schwerer. Das ist enttäuschend«, so Aguilar Rodríguez. Trotz des Zerwürfnisses mit López Obrador wollen die Familien mit Mexikos neuer Präsidentin Claudia Sheinbaum, die am 1. Oktober ihr Amt antritt, den Dialog fortsetzen. »Zehn Jahre nach dem Verbrechen ist es höchste Zeit, dass die neue Regierung die Suche nach den 43 zur Priorität macht«, erklärt Aguilar Rodríguez.

Angesichts von Beweisen, dass das Militär über den Verbleib der 43 Verschleppten informiert war, sprach der damalige Vorsitzende der Wahrheitskommission Alejandro Encinas 2022 von einem Staatsverbrechen. Seither sind die Ermittlungen ins Stocken geraten. Im September 2022 sah sich Sonderstaatsanwalt Omar Gómez Trejo zum Rücktritt genötigt, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft gegen die Haftbefehle mehrerer Militärangehöriger interveniert hatte. Im Juli 2023 stellte die GIEI ihre Arbeit ein. In ihrem Abschlussbericht weisen sie ausdrücklich auf das Zusammenwirken von Behörden aller staatlicher Ebenen bei der Vertuschung des Verbrechens und die Boykotthaltung des Verteidigungsministeriums hin. Den Forderungen nach Aufklärung begegnete Mexikos Regierung zuletzt feindselig: Im August 2024 warf López Obrador den Familien und Menschenrechtsorganisationen eine Verschwörung gegen die mexikanischen Streitkräfte vor.

Indessen ist die Zahl der Verschwundenen auf einen neuen Höchststand gestiegen. »Die neue Regierung schuldet nicht nur den Familien der 43 von Ayotzinapa, sondern den Angehörigen von über 115.000 Verschwundenen in Mexiko Wahrheit und Gerechtigkeit. Jeder und jede Einzelne hat ein Recht, gesucht zu werden,« so Françoise Greve, Koordinatorin der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko. Angesichts der Tatsache, dass beim Angriff auf die Studenten illegal nach Mexiko exportierte G-36-Gewehre der deutschen Firma Heckler & Koch zum Einsatz kamen, appelliert Greve auch an die Verantwortung der deutschen Politik: »Die Bundesregierung sollte den Fall in bilateralen Gesprächen mit der zukünftigen mexikanischen Regierung auf die Agenda setzen und das Problem der systematischen Straflosigkeit in Mexiko thematisieren.«

Ansprechperson:



Nikolas Grimm, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko, Tel: +49 (0)160 92832791 / presse (AT) mexiko-koordination PUNKT de  

Die Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko ist ein Netzwerk von:
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 Quelle:  
  https://www.mexiko-koordination.de/2024/09/23/pressemitteilung-ayotzinapa-zehn-jahre-quaelende-ungewissheit/?l=de 
 

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