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Fall PUMA: Brief der Kampagne an Puma-Vertreter

News vom 23.02.2003

  An PUMA AG
Dr. Reiner Hengstmann
Global Head Environmental & Social Affairs
Würzburger Strasse 13
91074 Herzogenaurach Germany

Sehr geehrter Herr Hengstmann,

ich beziehe mich auf unser Gespräch am 11.2. sowie ihre eMail vom 12. Februar 2003, in der Sie die Sicht von Puma bezüglich der Firma Matamoros in Puebla, Mexiko, darstellen, die bis vor kurzem Puma-Produkte hergestellt hat.

Wir begrüßen, dass Sie nach Mexiko geflogen sind, um sich vor Ort selbst ein Bild der Situation zu machen. Leider sind ihnen dabei einige schwerwiegende Fehler unterlaufen, so dass wir uns ihrer Beschreibung der Situation nicht anschließen können.

Der elementarste Fehler ist, dass Sie die ArbeiterInnen vor laufender Videokamera befragt haben. Mit dieser Methode ist keine realistische Antwort zu erwarten. Die Erfahrungen der CCC belegen, dass es wenig aussagekräftig ist, wenn ArbeiterInnen von Personen befragt wurden, zu denen sie kein Vertrauen haben. Die Befragte kann nicht einschätzen, was mit ihren Antworten gemacht wird. In einem Land wie Mexiko mit einer hohen Arbeitslosenrate und einem riesigen informellen Sektor ist das wichtigste Interesse einer Arbeiterin/ eines Arbeiters, die Verdienstquelle zu behalten. Oftmals hängt daran auch die Existenz der von ihr abhängigen Familienmitglieder. Sollten Klagen oder kritische Antworten an die Firmenleitung weiter gegeben werden, ist sehr oft die sofortige Kündigung die Folge. Eine Befragung vor laufender Kamera erhöht das subjektive Gefährdungsgefühl noch erheblich. Hinzu kommt, dass in diesem konkreten Fall Sie und ihr Team einen Kunden der Firma Matamoros repräsentieren. Womöglich wird ein Kunde keine (weiteren) Aufträge an diese Fabrik vergeben, wenn die Befragten die arbeitsrechtliche Situation als problematisch schildern.

Der Wahrheitsgehalt der Antworten, die Sie erhalten haben, muss deswegen stark angezweifelt werden.

Sie haben auch zum Ausdruck gebracht, dass in der Firma Matamoros Organisationsfreiheit bestehe, da es die Gewerkschaft CTM gebe. Nach uns vorliegenden Informationen deutet vieles darauf hin, dass es sich bei der Gewerkschaft CTM um eine sog. ?gelbeā€ž Gewerkschaft handelt. An einem Streik, den die neu gegründete Gewerkschaft SITEMAG organisierte, beteiligten sich 190 der insgesamt 250 ArbeiterInnen. Das ist ein bemerkenswert hoher Prozentsatz, auch und gerade, wenn man das gewerkschaftsfeindliche Klima in der Region in Betracht zieht. Diese hohe Beteiligung unterstreicht 1) die Unabhängigkeit und Akzeptanz von SITEMAG bei den Beschäftigten und 2) das große Bedürfnis nach einer Verbesserung der arbeitsrechtlichen Situation.

Puma hat seine Produktion aus Matamoros abgezogen, angeblich wegen drohender unpünktlicher Lieferungen. In der Öffentlichkeit wird dies jedoch so erscheinen, als wäre Puma seiner Verantwortung für die Durchsetzung der Arbeitsrechte, wie dies im Puma-Verhaltenskodex festgeschrieben ist, ausgewichen. Um diesen Eindruck zu entkräften und weil Puma sehr wohl eine Verantwortung hat für die Beschäftigten in dem Betrieb, der bis im Januar für Puma produziert hat, fordern wir Puma auf

− an die Firma Matamoros wieder Aufträge in größerem Umfang zu vergeben. Nur so haben Sie den Einfluss, den Sie benötigen, um die Arbeitsrechte zu verwirklichen.

− Arbeiten Sie zusammen mit der Firmenleitung und den ArbeiterInnen sowie ihrer unabhängigen Vertretung an einer Verbesserung der arbeitrechtlichen Situation.

− Entwerfen Sie einen Korrekturplan mit den nötigen Schritten und wirken Sie auf die Fabrikleitung ein, dass dieser umgesetzt werden kann.

− Ein erster wichtiger Schritt muss die formelle Anerkennung der freien Gewerkschaft SITEMAG sein.

− Um eine objektive Einschätzung der Prozesse vornehmen zu können, bedarf es einer unabhängigen Beobachtung der aufgelisteten Schritte unter Beteiligung lokaler Akteure, die das Vertrauen der ArbeiterInnen genießen. Sollte Puma nicht schnell zu einer nachhaltigen Verbesserung und Realisierung der Arbeitnehmerrechte in Matamoros beitragen, wird sich in der Öffentlichkeit der Eindruck festsetzen, dass Puma seine Gewinne − im letzten Jahr hatten Sie einen Gewinnzuwachs von 114%! − auf dem Rücken der ArbeiterInnen, die Puma-Produkte herstellen, erzielt und vor seiner Verantwortung zur Gewährleistung der wichtigsten Arbeitnehmerrechte davon läuft.

Um der deutschen Öffentlichkeit einen differenzierten Einblick in die Geschehnisse in Matamoros zu ermöglichen, veranstalten wir am Dienstag 25. Februar eine Pressekonferenz mit einer Vertreterin von CAT/ Puebla/ Mexiko. Für Montag, den 24. Februar laden wir Sie zu einem Treffen mit der CAT-Vertreterin und der CCC nach Münster ein, um ihnen die Gelegenheit zu geben, die aktuelle Entwicklung und die weiteren Schritte mit der Vertreterin von CAT und der Clean-Clothes-Campaign zu besprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Maik Pflaum, Clean Clothes Campaign Germany c/o Christliche Initiative Romero (CIR)

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