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Einbruch in Maquila-Industrie - jahrelanger Exportboom abrupt beendet

Poonal vom 30.11.2001
Von Gerold Schmidt

  (Mexiko-Stadt, 26. November 2001, npl).- "Speerspitze des Exporthandels" und "Entwicklungsmotor des Landes" waren in den vergangenen Jahren gern benutzte Ausdrücke für die mexikanische Maquila-Industrie. Keine Branche wuchs so beständig und imposant wie die Teilfertigungsfabriken, die sich zu 80 Prozent im Norden des Landes an der Grenze zu den USA konzentrieren. Die "Veredelung" von fast ausschließlich aus dem Ausland stammenden Einzelteilen zu Fertigprodukten für den Export, vor allem im Textil- und Konfektionssektor — waren ein gutes Geschäft. Steuerprivilegien unterstützten den Erfolg der Unternehmen. Seit 1994 der Nordamerikanische Freihandelsvertrag NAFTA zwischen Kanada, den USA und Mexiko in Kraft trat, betrug das jährliche Exportwachstum der Maquila-Industrie durchschnittlich stolze 20 Prozent. Die Entwicklung bei den Beschäftigtenzahlen verlief ähnlich.

Ein Ende des Booms schien nicht absehbar, doch plötzlich befindet sich die Branche in ihrer schlimmsten Krise seit 15 Jahren. Waren im Frühherbst 2000 noch fast 1,35 Millionen Menschen in der Maquila beschäftigt, so sind es ein Jahr später fast 200.000 weniger, ein Rückgang von deutlich über zehn Prozent in nur zwölf Monaten. Das Exportvolumen weist ebenfalls eine zweistellige Reduzierung auf. Reihenweise schließen die Betriebe, viele Unternehmen haben Kurzarbeit eingeführt und arbeiten mit einer Auslastung von 60 Prozent. Grenzbundesstaaten wie Baja California Sur oder Chihuahua sind überdurchschnittlich hart getroffen.

Die Rezession in den USA und die derzeit ungewöhnlich starke mexikanische Peso-Währung werden als die Hauptgründe für die abrupte Tendenzwende angeführt. Tatsächlich hat der Standortvorteil Grenznähe an Wert verloren. Die Nachfrage aus den USA hat abgenommen und die nicht hohen, aber vor allen von den asiatischen Ländern deutlich unterbotenen Lohnkosten machen eine Abwanderung für Maquila-Betriebe attraktiver.

Der Unternehmerverband der Maquila-Industrie fordert Hilfe vom Staat. Ende vergangener Woche wurde er bei Präsident Vicente Fox vorstellig und erreichte fürs erste die Fortschreibung einiger Steuerprivilegien, die nach einer Regelung des NAFTA-Vertrages normalerweise dieses Jahr ausgelaufen wären. Auch Arbeitsminister Carlos Abascal will sich für die Branche einsetzen. Er hält die Maquila für ein "Modell der neuen Arbeitskultur". Im Klartext: "Starrheiten" bei Verträgen und Lohnzahlungen sollen abgeschafft werden. Die permanente Kritik an gefährlichen und unmenschlichen Arbeitsbedingungen in vielen Maquila-Fabriken sieht der erzkatholische Minister als "satanisiert" an und schiebt sie "isolierten Fällen" in die Schuhe.

Dem Regierungsvorhaben, die Maquila-Industrie unter anderem im Rahmen des sogenannten Entwicklungsprojektes "Plan Puebla Panama" im ganzen Land zu verbreiten, schiebt die jüngste Entwicklung im Moment einen Riegel vor. Für Kritiker ist das nicht unbedingt etwas Negatives. Zwar haben die Maquilas einen Anteil von fast 50 Prozent am gesamten mexikanischen Exportvolumen. Doch sind sie überhaupt nicht in die einheimische Industrie integriert und tragen nicht zu deren Entwicklung bei. Der Input mexikanischer Produkte bei den veredelten Exportwaren macht weniger als fünf Prozent aus.

Das Arbeitsplatzargument steht ebenfalls auf wackeligen Füßen: Für viele sind die Jobs in den Maquila-Betrieben nur deswegen eine Option, weil es andere Beschäftigungsmöglichkeiten in den Regionen nicht gibt oder Arbeiten noch schlechter bezahlt werden. Das nimmt der Maquila aber nicht den Charakter einer Billiglohnbranche, die überwiegend unqualifizierte Arbeitskräfte nutzt, ohne sie weiterzubilden.

Ob die Maquila-Industrie in Mexiko wieder in eine Boomphase kommt, ist ungewiss. Experten verweisen darauf, dass China nach dem beschlossenen Beitritt zur Welthandelsorganisation mit seinen Dumpinglöhnen viele Teilfertigungsunternehmen auf Kosten von Ländern wie Mexiko abwerben könnte.


Quelle: poonal
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