Keine Chance gegen chinesische Textilien

Produktion in Fernost nimmt Mexiko seinen Absatzmarkt. Globale Konkurrenz nach Auslaufen des Faserabkommens

MEXIKO-STADT taz ■ Tony Kuri Alam ist ziemlich schlecht auf die Chinesen zu sprechen. „In den letzten sechs Jahren sind uns durch die Konkurrenz 250.000 Arbeitsplätze verloren gegangen“, erklärte der Präsident der Nationalen Kammer der Bekleidungsindustrie jüngst in Mexiko-Stadt. Und nun stehe noch die Aufhebung des Weltfaserabkommens bevor, ergänzte sein Amtskollege Rosendo Vallés Costas vom Nationalen Textilunternehmerverband. Schon im letzten Jahr hätten die Textil- und anderen Bekleidungsimporte aus China in den USA um ein Drittel zugenommen, während mexikanische Unternehmen ein Exportminus von acht Prozent verzeichnen würden, klagt Verbandssprecher Vallés.

Wenn nun in ein paar Tagen das Weltfaserabkommen ausläuft, endet in den USA auch eine Quotenregelung für den Import chinesischer Waren. US-amerikanische Einkäufer müssen dann durch den Wegfall teurer Exportlizenzen 25 Prozent weniger zahlen, und das wird den Mexikanern den Verkauf im Norden noch schwerer machen.

Das sind in der Tat schlechte Perspektiven für eine Industrie, die mit einem Umsatz von etwa acht Milliarden Dollar fast ihren gesamten Export mit dem US-amerikanischen Nachbarn abwickelt. Lange Zeit galten Textil- und andere Bekleidungsprodukte aus den Weltmarktfabriken, den Maquiladoras, nahe der US-Grenze als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung Mexikos. Doch das hat sich in den letzten Jahren geändert. Weder die geografische Nähe zu den Vereinigten Staaten noch die ausgehandelte Zollfreiheit konnten die chinesische Konkurrenz aufhalten. Mehrere hundert der von internationalen Unternehmen betriebenen Maquiladoras mussten dichtmachen. Viele von ihnen verlagerten ihre Produktion nach Asien, insbesondere nach China.

Im Reich der Mitte bot man Steueranreize, günstiges Material, kostenlosen Strom und billigere Arbeitskräfte. Während eine Textilarbeiterin in Mexiko für etwa 2,40 Dollar pro Stunde Hosen oder Sweatshirts zusammennäht, macht es ihre chinesische Kollegin für knapp 70 Cent.

Diese Entwicklung bekommen vor allem die vielen Mexikanerinnen zu spüren, die aus den verarmten Südregionen zu den Produktionsstätten nach Tijuana oder Ciudad Juárez gezogen sind. Mehr als drei Viertel der Beschäftigten der textilproduzierenden Maquiladoras sind Frauen. Verlieren sie ihre Arbeit, bleibt ihnen oft nur Prostitution, Drogenhandel oder Rückkehr in die alten Heimatdörfer. Denn viele Grenzstädte in der nordmexikanischen Wüstenöde verdanken ihren Boom, wenn nicht gar ihre Existenz, einzig den Maquiladoras. WOLF-DIETER VOGEL