Schnellnavigation

Listenmoderator

Die Liste wird von PCl moderiert.

Webmaster

chiapas.eu powered by KADO.

Mastodon

social.anoxinon.de/@chiapas98

Mexiko: Dissidenten in der Armee

Zapapres-Import vom 08.01.1999

  Das Zentrum von Mexiko-Stadt, dessen Kreuzungen mehrfach täglich von Demonstrationen oder offiziellen Veranstaltungen lahmlegt werden, erlebte kurz vor Weihnachten einen Protestmarsch besonderer Art:

Am 18. Dezember demonstrierten 50 Armeeoffiziere in voller Uniform gegen die von der Armee begangenen Menschenrechtverletzungen und Übergriffe in Chiapas, gegen die Unterdrückung von Kritikern innerhalb dieser Institution und für eine umfassende Reform der Streitkräfte.

Angeführt wurde die sich "Patriotisches Kommando zur Aufklärung des Volkes" CPCP nennende Gruppe vom Hauptmann Hermengildo Bacilio Gómez, der wegen der Verweigung von Befehlen vor einem Militärgericht stand und deshalb auch Todesdrohungen erhalten hat. Unmittelbar nach der Demonstration begannen Einheiten der Polizei und des militärischen Geheimdienstes mit der Verfolgung der unzufriedenen Offiziere; Hauptmann Hermengildo Bacilio Gómez mußte untertauchen. Einem Gerücht zur Folge möchte er in Venezuela Schutz suchen, wo der populäre Ex-Putschist und Reformmilitär Hugo Chávez vor kurzem die PrÑsidentschaftswahlen gewonnen hat. Deshalb wurde auch das Polizeiaufgebot am Flughafen von Mexiko-Stadt verstärkt.

Kritik von Angehörigen der Streitkräfte an der Institution der Armee gilt in Mexiko immer noch als Sakrileg. General Gallardo, der − noch vor Beginn des zapatistischen Aufstands − die Einrichtung der Stelle eines Ombudsmannes für die Armee forderte, befindet sich dafür seit fünf Jahren ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis.

Einen Ombudsmann haben z.B. Deserteure und Befehlsverweigerer bitter nötig, da sie dafür nach der Militärgesetzgebung mit dem Tod bestraft werden können, obwohl die Todesstrafe in der mexikanischen Verfassung eigentlich verboten ist. Am 21. Dezember versuchte der militärische Geheimdienst, den Sohn von General Gallardo, der eine Kampagne zur Armeereform leitet, zu entführen.

Einen Tag später gelang es, 20 der unzufriedenen Offiziere auf eine Militärbasis in der Nähe der Hauptstadt zu verschleppen, wo sie unter Folter verhört wurden.

Das "Patriotische Kommando zur Aufklärung des Volkes" hat in kürzester Zeit Unterstützungsschreiben von über 2.000 Armeeangehörigen erhalten. Daher fiel es ihm um so leichter, ein per Internet lanciertes Dokument, in dem sich das PCPC angeblich über mangelnde Solidarität aus der Bevölkerung beschwert, als Fälschung zu entlarven.

Da· die unzufriedenen Offiziere sich trotz aller Repression nicht abschrecken lassen, haben sie bewiesen, als sie Anfang Januar versucht haben, Präsident Zedillo in seiner Eigenschaft als verfassungsmäßiger Armeechef eine Protestnote zu übergeben.

Perspektiven für eine Reform der Streitkräfte in Mexiko

Das Auftreten des "Patriotischen Kommando zur Aufklärung des Volkes" offenbart zum ersten Mal seit der Festigung des PRIHerrschaft eine Unzufriedenheit in den Armee, die weit über Einzelpersonen hinausgeht.

Dadurch erhält die Kritik an der Aufstandsbekämpfung, die bislang vor allem von Menschenrechts- und Oppositionsgruppen vorgebrachte wurde, eine wesentliche Verstärkung. In Zukunft dürfte es der Armee schwerer fallen, ihr Image durch soziale Kampagnen aufbessern oder sich in Abgrenzung von den paramilitärischen Gruppen als Ordnungskraft präsentieren zu können.

In ihrem Aufruf fordern die unzufriedenen Offiziere eine bessere Regierung, die allen Mexikanern ein Leben in Würde garantiert. Zitiert wird in diesem Zusammenhang auch der Sprecher des zapatistischen Aufstands, Subkommandant Marcos. Diffus erscheint dagegen der Wunsch des PCPC nach einem guten Anführer, der das mexikanische Volk aus der Misere führen soll. Hier klingen alte populistische Rezepte an, was auch durch den positiven Bezug auf den Ex-Putschisten Hugo Chávez in Venezuela deutlich wird. Für grundlegende Veränderungen in Mexiko ist eine umfassende Reform der Armee und Sicherheitskräfte nach mittelamerikanischen Vorbild unerläßlich. Dies umfaßt auch die Aufklärung der Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen von Armee, Polizei und Geheimdiensten in Form eines Wahrheitsberichtes sowie die Entfernung der dafür Verantwortlichen aus den Institutionen.

Sollte es dem kleinen Kommando gelingen, eine breite Bewegung zur Durchsetzung dieser Ziele anzuschieben, dann wäre dies genauso bedeutsam wie Wahlsiege der oppositionellen Partei der Demokratischen Revolution oder die Organisierung der Zivilgesellschaft auf Initiative der zapatistischen Befreiungsbewegung.

gh/ZAPAPRES Mexiko-Nachrichten-Import, Januar 1999


Quelle: Zapapres
ZAPAPRES e.V.
Mexiko-Nachrichten-Import
Postfach 30 61 26
20327 Hamburg
Internet: https://www.zapapres.de/
E-Mail: info AT zapapres PUNKT de
Bankverbindung:
Kontonr. 1211121296
Hamburger Sparkasse (BLZ 200 505 50)
Inh: ZAPAPRES e.V.

 Quelle:  
  http://www.zapapres.de 
 

 Mastodon:  
 Keine News verpassen? Folgen Sie uns auf Mastodon. 
 
 
 Print & Co:  
  Drucker PDF 
 

Aktuell empfohlen

Tierra y Libertad Nr. 84

Veranstaltungskalender

back April 2024 forward
S M D M D F S
  1 2 3 4 5 6
7 8 9 10 11 12 13
14 15 16 17 18 19 20
21 22 23 24 25 26 27
28 29 30        

Die nächsten Termine

23.05.2024
24.05.2024
25.05.2024
26.05.2024