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Pressemitteilung der Menschenrechtskoordination Mexiko

zu ihrem Besuch in Chiapas, Oaxaca und Guerrero

Mexiko-Koordination vom 31.10.2008

 

9-köpfige Delegation der Deutschen Menschenrechtsorganisation besucht die Bundesstaaten Guerrero, Oaxaca und Chiapas, um sich über symptomatische Fälle von Menschenrechtsverletzungen zu informieren
Analyse der Menschenrechtslage und der Fälle erfolgt in einer Dokumentation, die Anfang 2009 veröffentlicht wird
Delegation zeigt sich besorgt über die Kriminalisierung der sozialen Bewegung

Die vor zehn Jahren gegründete Deutsche Menschenrechtskoordination konzentriert sich in ihrer Arbeit auf die Zusammenarbeit mit mexikanischen Partnerorganisationen in Mexiko. Im Frühjahr 2008 beschloss die Koordination die Entsendung einer Delegation in die mexikanischen Bundesstaaten Guerrero, Oaxaca und Chiapas im Herbst dieses Jahres. Neben der Vertiefung der bereits existierenden guten Beziehungen zu den mexikanischen Partnern besteht das Ziel der Reise in der Aufarbeitung von symptomatischen Fällen von Menschenrechtsverletzungen. Dabei liegt der Fokus auf fundamentalen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten (wsk-Rechte). Die Delegation der Koordination traf sich waehrend ihres Aufenthalts vom 20.10. bis 31.10.2008 sowohl mit Betroffenen als auch mit den sie begleitenden mexikanischen Menschenrechtsorganisationen sowie Vertretern staatlicher Institutionen.

Im Bundesstaat Guerrero wurde die Delegation vom Menschenrechtszentrum Tlachinollan begleitet. In ihrem Gespräch mit der Organisation der "Mujeres Ecologistas" (OMESP) in der Sierra de Petatlán, wo rund 50 Mitglieder der OMESP über ihre aktuelle Arbeit in den Bereichen der Wiederaufforstung und über andere Projekte informierten, äußerten sich die Frauen insbesondere besorgt über die mangelnde Schulbildung ihrer Kinder. Während des 2-tägigen Aufenthalts in Ayutla besuchte die Delegation fünf Gefangene, Mitglieder der OPIM (Organizacion del Pueblo Indígena Me’phaa). Für vier von ihnen konnte auf dem Rechtsweg die Freilassung durchgesetzt werden, die für die kommende Woche zugesagt wurde. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass sie unschuldig des Mordes angeklagt wurden. Im Gespräch mit den Frauen der Inhaftierten und der Vorsitzenden, Obtilia Eugenio Manuel, zeigten sich diese besorgt um ihre Sicherheit. Die Delegation sagte zu, ihren Fall weiterhin aufmerksam zu verfolgen und sich für die Garantie der von der Comisión Interamericana de Derechos Humanos (CIDH) erteilten Schutzmassnahmen durch den mexikanischen Staat einzusetzen.

In Chilpancingo informierte sich die Delegation über den Prozess der Modernisierung des Gerichtswesens, vor allem die Sensibilisierung und Fortbildung der Justizangehörigen im Bereich Menschenrechte. In Tlapa traf die Delegation mit zwei Vertretern aus Mini Numa zusammen, die über ihren erfolgreichen Einsatz für ein Gesundheitszentrum in ihrem Ort berichteten. Die Gemeinde setzte mit Hilfe des Menschenrechtszentrums Tlachinollan ihr Recht auf medizinische Versorgung auf dem Rechtsweg durch. Dies ist der erste Fall in Mexiko, bei dem eines der grundlegenden wsk-Rechte erfolgreich eingeklagt werden konnte. In einem Abschlussgespräch mit Abel Barrera, dem Leiter des Menschenrechtszentrums, informierte sich die Delegation zum Stand der Fälle. Sie kam zu dem Schluss, dass positive Schritte in der Entwicklung des Rechtswesens zu verzeichnen sind. Sie ist aber äußerst besorgt über das hohe Mass an Gewalt und Kriminalisierung, dem die indigenen Gemeinden ausgesetzt sind. Die Achtung der fundamentalen Rechte der indigenen Gemeinden und die Entwicklung einer Politik, die ihre Sicherheit und Raum für eigenständige Entwicklung garantiert, sollten aus Sicht der Delegation vorrangige Ziele staatlichen Handelns sein.

Während ihres Besuchs im Bundesstaat Oaxaca tauschte sich die Delegation mit den lokalen Menschenrechtsorganisationen und Vertretern der sozialen Bewegungen sowie staatlichen Stellen aus. Sie besuchte indigene Gemeinden und sprach mit Betroffenen von Menschen-rechtsverletzungen. Während des einwöchigen Besuches befasste sie sich intensiv mit folgenden Fällen:

In Santiago Xanica machte sie sich ein Bild über das Leben in der Gemeinde und den Einflüssen von Tourismusprojekten auf das Leben der dort und in der Umgebung ansässigen Bevölkerung. Diese beklagte die Beeinträchtigung der Möglichkeiten, nach indigenem Gewohnheitsrecht leben zu können und die Situation von drei politischen Gefangenen, die im Gefängnis von Pochutla einsitzen. In Capulalpan de Mendez in der Sierra Norte berichteten die Bewohner von Umweltschäden durch eine Gold- und Silbermine, Verschmutzung des Wassers durch Chemikalien und das Austrocknen der Wasserquellen. Als Folge des vereinten Kampfes gegen die Mine wurde diese in 2003 geschlossen, und die Einwohner Capulalpams wehren sich gegen eine Wiederaufnahme. Im Fall des Staudammprojektes "Paso de la Reina" informierte sich die Delegation über die laufenden Vorbereitungen seitens der CFE (Comisión Federal de Electricidad). Sie sprach mit einer Vertreterin der CFE und den in Oaxaca ansässigen Nichtregierungsorganisationen über mögliche Verletzungen von wsk- und indigenen Rechten der Bevölkerung im Falle der Umsetzung dieses Megaprojekts. Die Menschenrechtskoordination Mexiko unterstützt mit Nachdruck die Organisationen in ihren Forderungen nach Einhaltung rechtsstaatlicher Vorgaben im Hinblick auf die Prozesse der seit knapp vier Jahren inhaftierten politischen Gefangenen und die willkürliche Festnahme von Angehörigen sozialer Bewegungen im Fall der Ermordung des US-amerikanischen Reporters Bradley Will. Ebenso fordert sie im Fall von Capulalpan und des geplanten Staudammprojekts die Einhaltung der wsk-Rechte der ansässigen Bevölkerung sowie die Einhaltung der Vorgaben der ILO-Konvention 169 mit den darin verankerten Konsultationspflichten.

Im Bundesstaat Chiapas legte die Delegation den Schwerpunkt auf die Untersuchung der sozialen, ökonomischen und politischen Hintergründe von Menschenrechtsverletzungen. Als zentraler Konfliktpunkt stellte sich die Landfrage heraus, die im Kontext soziopolitischer Ungleichheiten, struktureller Ungerechtigkeiten und der Gleichgültigkeit von Seiten staatlicher Institutionen steht und seit Jahrzehnten ungeklärt ist. Um diese Problematik anzugehen, muss nach Meinung einiger Ansprechpartner der mexikanische Staat seine historische Schuld gegenüber den indigenen Völkern sowie die kulturelle Pluralität der Bevölkerung anerkennen. In vielen Interviews wurde ihnen von nationalen und internationalen Wirtschafts- und Entwicklungsplänen berichtet. Dabei stehen meist die Interessen internationaler Unternehmen über den Bedürfnissen der Bevölkerung. Ein Großteil der strategisch wichtigen Ressourcen Mexikos befindet sich in Chiapas auf indigenem Gebiet. Dies stellt eine Bedrohung für die lokale Bevölkerung dar. So betonte ein Mitarbeiter einer staatlichen Behörde beispielsweise problematische Investitionen der EU, die zur Zerstörung der natürlichen Ressourcen und somit der Lebensgrundlage der Menschen beitragen.

Schwerwiegend ist die vorherrschende Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen: meist bleibt die Aufarbeitung der Fälle unzureichend. Wenn es zu Anklagen kommt, trifft es vor allem Unschuldige. So auch im Fall des Massakers von Viejo Velasco, wo eine Person über ein Jahr unschuldig in Haft saß. Dieser Fall erfuhr von der Delegation besondere Aufmerksamkeit. Auch hier ging es um ungeklärte Landkonflikte im Kontext von Ineffizienz der staatlichen Institutionen, Korruption und sozialen Ungleichheiten, was zur Verletzung von fundamentalen Menschenrechten führte.

Die Delegation zeigt sich in einer ersten Auswertung ihrer Reise zutiefst besorgt über die zunehmenden Fälle von Kriminalisierung der sozialen Bewegungen und hält an den bereits in der Vergangenheit gegenüber dem mexikanischen Staat formulierten Forderung fest, die von der mexikanischen Regierung unterzeichneten und ratifizierten internationalen Menschen-rechtsabkommen einzuhalten und innerstaatlich umzusetzten.

Mexiko-Stadt, 31.10.2008

 Quelle:  
  http://www.mexiko-koordination.de/ 
 

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