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Oberster Gerichtshof stimmt Auslieferung Cavallos zu

Poonal vom 17.06.2003
Von Gerold Schmidt, Poonal 577 vom 17.06.2003

  (Mexiko-Stadt, 11. Juni 2003, npl).- Es war nach über zweijährigem Verfahren ein Freudentag und eine späte Genugtuung für die überlebenden Opfer des Folterschergen. Der Oberste Gerichtshof Mexikos erklärte am Dienstag (10.6.) in einem historischen Urteil die Auslieferung des Argentiniers Ricardo Cavallo an Spanien für rechtmäßig, damit er dort wegen Terrorismus und Völkermord vor Gericht gestellt werden kann. Der Straftatbestand der Folter ist dagegen nach Ansicht der mexikanischen Richter verjährt. Eine Berufung gegen das Urteil ist nicht möglich.

Cavallo verhörte während der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) in einem Geheimgefängnis der Marine in Buenos Aires unter Decknamen wie "Marcelo" oder "Serpico" zahlreiche Regimegegner und folterte sie zum Teil persönlich. Viele seiner Opfer wurden anschließend ermordet. Cavallo hingegen gelang es, nach 1983 unbehelligt und unerkannt eine Karriere als international erfolgreicher Unternehmer zu machen. In Mexiko verwaltete sein Unternehmen unter anderem die Daten des nationalen Autoregisters. Nach der Enthüllung seiner wahren Identität durch eine Tageszeitung wurde er im August 2000 auf dem Flughafen der mexikanischen Touristenstadt Cancún durch Interpol verhaftet — unmittelbar bevor er sich nach Argentinien absetzen konnte. Es lag ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vor.

Der spanische Richter Balthasar Garzón stellte im Februar 2001 einen Auslieferungsantrag an die mexikanische Regierung, dem das Außenministerium grundsätzlich zustimmte. Zu den von Cavallo misshandelten Personen gehörten auch Bürger spanischer Abstammung. Im Rahmen eines Berufungsverfahrens versuchten Cavallo und seine Anwälte, die Auslieferung zu verhindern, bzw. die Rückführung nach Argentinien zu erreichen. Dort konnte der einflussreiche Erfüllungsgehilfe der Militärdiktatur damals auf Straffreiheit hoffen.

Jetzt steht Cavallo die Auslieferung an Spanien unmittelbar bevor. Mexiko schafft damit in Lateinamerika einen Präzedenzfall. Als erstes Land auf dem Subkontinent gibt Mexiko in einem Fall solcher Art der internationalen Rechtsprechung den Vorrang vor der nationalen Jurisdiktion und erkennt die extraterritoriale Autorität des spanischen Richters Garzón an. Auch weltweit kann die Entscheidung des Obersten Gerichts Mexikos Geschichte machen. Denn während Chiles Ex-Diktator Augusto Pinochet letztendlich aufgrund der Freilassungsentscheidung der britischen Regierung ungeschoren davon kam, kann Cavallo nicht auf die Schützenhilfe der mexikanischen Regierung bauen. Seine Verurteilung in Spanien ist damit mehr als wahrscheinlich.

Anders als seine Amtsvorgänger hatte übrigens der neu gewählte argentinische Präsident Nestor Kirchner bereits vor der richterlichen Entscheidung angedeutet, keine Einwände gegen eine Auslieferung an das Drittland Spanien zu erheben. Amnesty International Mexiko begrüßte das Urteil des Obersten Gerichtshofes am Dienstag wie viele andere Menschenrechtsorganisationen ausdrücklich. Allerdings wurde bedauert, dass das Gericht die Folter nicht als Verbrechen gegen die Menschheit bewertete und damit als verjährt ansah.

In Mexiko selbst werden Konsequenzen des Urteils für die Aufarbeitung der eigenen Geschichte erwartet. Noch immer wartet das an demonstrierenden Studenten verübte Massaker vom 2. Oktober 1968 auf eine vollständige Aufklärung. Gleiches gilt für das ebenfalls von staatlichen Sicherheitskräfte begangene so genannte Fronleichnamsmassaker vom 10. Juni 1971, bei dem erneut die Mehrzahl der Opfer Studenten waren. Allgemein wird angenommen, dass die obersten Richter das Datum 10. Juni 2003 für ihre Entscheidung im Fall Cavallo nicht zufällig sondern mit Bedacht wählten — eine Botschaft an die Menschenrechtsverletzer im eigenen Land, dass auch sie noch zur Rechenschaft gezogen werden könnten.


Quelle: poonal
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