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Einwanderungsabkommen als Gegenleistung für Öl
Poonal vom 17.06.2003 |
Von Gerold Schmidt, Poonal 577 vom 17.06.2003 |
(Mexiko-Stadt, 12. Juni 2003, npl).- Als am 13. Juni in Nashville, Tennessee, das 42. bilaterale Parlamentariertreffen zwischen den USA und Mexiko begann, stand ein Punkt ganz sicher auf der Tagesordnung: die Situation der mexikanischen Migranten. Angesichts von mehreren Millionen Mexikanern, die legal oder ohne gültige Papiere im Nachbarland leben und weiteren Millionen, die dorthin wollen, ist das Thema ein Dauerbrenner.
Diesmal allerdings hat es besondere Brisanz. Es ist gerade fünf Wochen her, dass ein Komitee nordamerikanischer Kongressabgeordneter vorschlug, ein Migrationsabkommen für die "illegalen" Mexikaner in den USA mit der Bedingung an die Gegenseite zu verknüpfen, die noch weitgehend staatliche Ölindustrie in Mexiko für US-Unternehmen zu öffnen. Die Variante "Migration für Öl" sorgte in Mexiko für erhebliche Empörung.
Obwohl das Monopol des staatlichen Großkonzerns Petroleos Mexicanos (PEMEX) in den vergangenen Jahren schon aufgeweicht wurde, ist eine Privatisierung für die meisten Mexikaner undenkbar. Selbst Präsident Vicente Fox, ein großer Liberalisierungsfreund, sah sich genötigt, das Ansinnen umgehend zurückzuweisen. PEMEX beschäftigt nicht nur etwa 170.000 Menschen, seine überwiegend aus dem Erdölexport in die USA stammenden Gewinne machen derzeit 35 Prozent der Staatseinnahmen aus.
Der Vorschlag der republikanischen US-Abgeordneten dürfte kaum ohne Abstimmung mit dem Weißen Haus gemacht worden sein. Doch wie ernst er gemeint war, darüber gehen die Meinungen auseinander. Während die einen darin einen klaren Erpressungsversuch sehen, interpretieren andere die äußerungen eher als allgemeine Warnung, dass das von Mexiko seit Jahren angestrebte Migrationsabkommen nicht umsonst zu haben ist. Das anfangs so herzliche Verhältnis zwischen den Präsidenten Bush und Fox hat sich deutlich abgekühlt, seit die mexikanische Regierung der im Irak angewandten Variante "Blut für Öl" die politische Rückendeckung in der UNO verweigerte.
Washington hat nach dem 11. September 2001 wiederholt betont, der Sicherheitsfrage beim Migrationsthema Vorrang zu geben. Auf der Strecke bleiben diejenigen, die angesichts mangelnder Perspektiven in Mexiko oder anderen lateinamerikanischen Ländern ihr Heil in den USA suchen. Nach Angaben verschiedener Nicht-Regierungsorganisationen aus dem Grenzgebiet haben sich die verschärften Kontrollen in mehr Todesfällen niedergeschlagen.
So wählen die Migranten immer gefährlichere Wege in die USA. Die Konsequenz: Viele verdursten in Wüstengegenden oder ersticken in geschlossenen LKW-Containern ohne Lüftung, wie unlängst 18 Mexikaner in Texas. Obwohl die Zahl der Festnahmen durch die Grenzpatrouillen wie im Vorjahreszeitraum knapp unter einer Million bleiben könnte — ein Indikator für leicht abnehmende Migrationsbewegungen — sind bis Anfang Juni bereits 112 Migranten auf der US-Seite der Grenze tot aufgefunden worden, 27 mehr als 2002. Und die heißen Sommermonate stehen noch bevor.
Die mexikanischen Parlamentarier konnten also in Nashville ausloten, welche Leistungen ihr Land tatsächlich erbringen müsste, um einem Migrationsabkommen näher zu kommen, das den eigenen Bürgern mehr Schutz und Sicherheit in den USA bieten würde. Erstmals seit langer Zeit sind die Senatspräsidenten beider Staaten auf dem Treffen anwesend, was seinen Stellenwert erhöht. Statt Öl und Migration könnte es auch zur Diskussion über Wasser und Migration kommen. Denn die knapper werdenden Wasservorräte des Grenzflusses Rio Bravo sind ein weiterer Streitpunkt zwischen den Nachbarn, der seit Jahren ungelöst ist.
Quelle: poonal
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