Mit Bürgerwehren gegen Mexikos Drogenhändler – Seite 1

Sie gehören nicht zur Polizei, zum Militär oder zu sonst einer staatlichen Institution, doch sie meinen, für die öffentliche Sicherheit sorgen zu können. Im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero haben maskierte Männer mit Gewehren Bürgerwehren gegründet und an zahlreichen Orten die Macht übernommen. Das berichtet das Wall Street Journal.

Die bewaffnete Revolte richte sich nicht nur gegen Kriminelle wie die gefürchteten Drogenhändler oder Schutzgelderpresser. Die Bürgerwehr misstraue den Behörden, deshalb verbiete sie auch dem Militär und der Bundespolizei, ihre Straßensperren zu passieren. Lediglich die örtlichen Polizisten dürften bleiben, sie müssten sich aber darauf beschränken, den Verkehr zu kontrollieren.

Die Kriminalitätsbekämpfung liege nun ausschließlich in der Hand der selbsternannten Milizionäre, alles angeblich Bauern und Händler aus der Gegend. "Wir haben Ordnung zurückgebracht in einen Ort, im dem Chaos herrschte", sagte der Anführer einer Miliz dem Wall Street Journal. "Uns ist in 15 Tagen gelungen, was die Regierung in Jahren nicht geschafft hat."

Seit 2006 bekämpft das Militär in Mexiko in einem Drogenkrieg die organisierte Kriminalität. Seitdem gab es mehr als 65.000 Tote. In der Hauptstadt Mexiko-Stadt und in anderen Großstädten treten die Sicherheitsbehörden massiv auf – in vielen ländlichen Regionen dagegen wurden die ohnehin schwachen Institutionen weiter geschwächt.

Bürgerwehren halten etwa ein Dutzend Orte

So treffen in vielen Gegenden die Kriminellen auf sehr wenig staatliche Gegenwehr, das ist wohl der Grund für die nun aufflammende Miliz-Bewegung. Als ersten Ort hätten die Bürgerwehren vor wenigen Wochen Ayutla eingenommen, berichtet das Wall Street Journal. Die Kleinstadt ist etwa zwei Autostunden entfernt von Acapulco. Inzwischen sei etwa ein Dutzend Orte in der Gegend unter Kontrolle der Milizionäre, darunter Iguala, eine Stadt mit 140.000 Einwohnern.

Wo die Bürgerwehr die Macht habe, führe sie ein striktes Regime. So gebe es etwa in Ayutla ab zehn Uhr abends eine Ausgangssperre. Die Milizionäre hätten improvisierte Gefängnisse errichtet, dort würden mehr als 50 Menschen gefangen gehalten. Es seien Drogendealer und andere Kriminelle, heißt es. Über ihr Schicksal sollten in öffentlichen Verfahren die Bewohner der Stadt entscheiden.

Die erste Miliz gründete sich nach der Entführung eines Bürgermeisters

 

Die Bewohner in der Gegend seien jahrelang von einer Gang mit dem Namen Los Pelones (die Glatzköpfigen) terrorisiert worden, schreibt die Zeitung. Die Gruppe habe ihren Hauptsitz in Ayutla gehabt. Die Kriminellen seien immer dreister geworden. Sie hätten erst mit Drogen gehandelt, später auch Schutzgeld von Markthändlern und Bauern erpresst und zunehmend mit Menschenraub ihr Geld verdient.

Als der Bürgermeister eines Dorfes Anfang des Jahres entführt worden sei, habe sich Widerstand formiert, berichtete die US-Zeitung. Ein paar Bewohner hätten sich mit Jagdgewehren und Macheten bewaffnet, ihnen sei es gelungen, das Opfer aus den Händen der Kriminellen zu befreien. Dieser Erfolg hätte die Bauern beeindruckt, viele schlossen sich daraufhin zusammen.

Die so formierte Bürgerwehr habe eines Nachts in Ayutla nach den Gang-Mitgliedern gesucht. Sie hätten zahlreiche Häuser durchkämmt und viele Menschen festgesetzt, die sie verdächtigten, Erpresser, Kidnapper oder Drogendealer zu sein. Das sei der Beginn der Miliz-Herrschaft in Ayutla gewesen.

Willkür der Bürgerwehr

Das Wall Street Journal berichtet auch von Willkür, die von den maskierten Männern ausgehe. So sei etwa ein unschuldiger Mann wochenlang gefangen gehalten worden. Der Reporter der Zeitung sei von Bewohnern gehindert worden, eine Straße zu passieren. Der Grund: Die Milizionäre hätten das Gerücht verbreitet, der Journalist würde staatliche Offizielle transportieren.

Zudem sei an einer Straßensperre ein Mann erschossen worden. Die Miliz behaupte, es sei ein Gangster gewesen, der an dem Checkpoint das Feuer eröffnet hätte. Recherchen des Wall Street Journals hätten ergeben, dass das Opfer ein Taxifahrer gewesen sei, gegen den laut staatlichen Akten nichts vorgelegen habe.