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Kommunique der EZLN: »Sie und Wir« − Teil 5. − Die Sechste

Kommunique vom 26.01.2013
übersetzt von KaRa

  Passwort: marichiweu

SIE UND WIR. − V.- DIE SECHSTE.

Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung. Mexiko.

Januar 2013.

An: Die Compañer@s Anhänger_innen der Sechsten Erklärung aus der Selva Lacandona [Sexta Declaración de la Selva Lacandona] auf der ganzen Welt.

Von: Den Zapatistinnen, den Zapatisten aus Chiapas, Mexiko.

Compañeras, Compañeros y Compañeroas:

Compas des Netzwerkes gegen die Repression und für die Solidarität [Red contra la Represión y por la Solidaridad]:

Empfangt alle, alle, den Gruß der Frauen, Männer, Kinder und Alten der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung [Ejército Zapatista de Liberación Nacional], der allerkleinsten eurer Compañeros.

Wir haben uns entschieden, dass unser erstes Wort, das speziell an unsere Compañer@s der Sechsten [Erklärung] gerichtet ist, in einem Raum des Kampfes bekannt gegeben werden soll, wie ihn das Netzwerk gegen die Repression und für die Solidarität darstellt. Aber die hier geschilderten Worte, Gefühle und Gedanken sind auch an diejenigen gerichtet, die nicht anwesend sind. Und — vor allem — sind sie für sie.

-*-

Wir möchten uns für die Unterstützung bedanken, die ihr während dieser ganzen Zeit unseren Gemeinden, unseren Compañeros der zapatistischen Unterstützungsgemeinden und den Compas Anhänger_innen [der Sechsten Kampagne], die Gefangene in Chiapas sind, geleistet habt.

Eure Worte der Ermutigung und die gemeinschaftliche Hand, die sich mit unserer verbunden hat, bewahren wir in unserem Herzen.

Wir sind sicher, dass einer der Punkte, die ihr in eurem Treffen behandeln werdet oder schon behandelt habt, ist, eine große Unterstützungskampagne für den Compa Kuy aufzuziehen, um den Angriff zu verurteilen, dessen Ziel er wurde, und um Gerechtigkeit für ihn und alle Verletzten dieses Tages zu fordern und um die völlige Freiheit von allen zu verlangen, die in Mexiko-Stadt und in Guadalajara bei den Protesten gegen die unrechtmäßige Einsetzung von Enrique Peña Ñieto als Träger der Exekutivgewalt festgenommen wurden.

Es ist nicht nur, aber auch wichtig, dass es in dieser Kampagne darum geht, wie Gelder beschafft werden können, um den Compa Kuy bei den Kosten für den Krankenhausaufenthalt zu unterstützen, ebenso wie bei den Kosten für seine anschließende Genesung, die wir Zapatistinnen und Zapatisten möglichst schnell erhoffen.

Zur Unterstützung dieser Spendenkampagne senden wir eine kleine Geldsumme in bar. Wir bitten euch, dass ihr sie — auch wenn sie klein ist — zu dem hinzutut, was ihr für unseren Kampfgefährten zusammenbringt. Sobald wir mehr zusammensammeln können, werden wir es dem zukommen lassen, den ihr für diese Aufgabe bestimmt.

-*-

Wir wollen dieses Treffen, das ihr habt, nicht nur nutzen, um eure Hartnäckigkeit zu begrüßen, sondern auch und vor allem, um durch euch alle Compas in Mexiko und der Welt zu grüßen, die unerschütterlich bei diesem Band geblieben sind, dass uns vereint und das wir »La Sexta” (Die Sechste) nennen.

Ihr sollt wissen, dass es eine Ehre gewesen ist, euch als Compañeroas zu haben.

Wir wissen, dass dies ein Abschied zu sein scheint, aber das ist es nicht. Es bedeutet nur, dass wir eine Etappe auf dem Weg, den uns die Sechste aufgezeigt hat, für beendet ansehen und dass wir glauben, dass man eine weiteren Schritt machen muss.

Wir haben nicht wenig Verdrießlichkeiten ertragen müssen, manchmal gemeinsam, manchmal jede_r für sich in seinem Kontext.

Nun möchten wir euch einige Veränderungen erklären und mitteilen, die es in unserem Gehen geben wird, in dem wir — wenn ihr einverstanden seid und uns begleitet — zurückkehren werden — allerdings in anderer Weise — zu der langen Erzählung von Schmerzen und Hoffnungen, die früher in Mexiko die Andere Kampagne [Otra Campaña] und weltweit die Zezta Internazional hieß und die nun einfach La Sexta, Die Sechste sein soll. Jetzt gehen wir weiter, bis zu...

Der Zeit des Nein, Der Zeit des Ja.

Compañeras, Compañeros:

Wenn wir definiert haben, wer wir sind, was unsere vergangene und aktuelle Geschichte ist, wo unser Platz ist und wer der Gegner, mit dem wir uns auseinandersetzen, so wie es in der Sechsten Erklärung aus der Selva Lacandona dargestellt ist, bleibt uns noch, das Warum unseres Kampfes zu Ende zu definieren.

Die »Neins« stehen fest, es steht noch aus, die »Jas” fertig zu skizzieren.

Und nicht nur das — es fehlen auch mehr Antworten auf die »Wies«, »Wanns«, »Mit wems«.

Ihr alle wisst, dass unser Denken nicht dahingehend ist, eine große Organisation mit einem leitenden Zentrum, einer zentralisierten Befehlsgewalt, einem einzelnen oder kollektiven Chef zu errichten.

Unsere Analyse des dominanten Systems, seiner Funktionsweise, seiner Stärken und Schwächen hat uns dazu geführt, darauf hinzuweisen, dass die Einheit im Handeln etwas bringen kann, wenn man Rücksicht nimmt auf das, was wir »die Arten und Weisen« von jedem einzelnen nennen.

Und diese Sache bezüglich der »Arten und Weisen« ist nichts anderes als das Wissen darüber, dass jeder von uns, als Einzelperson oder als Gruppe, seine eigene Geografie und seinen eigenen Kalender hat — das heißt, von seinen Schmerzen und seinen Kämpfen.

Wir sind überzeugt davon, dass jede Vereinheitlichungsabsicht nichts weiter ist als ein faschistischer Beherrschungsversuch, und sei er in einer revolutionären, esoterischen, religiösen oder ähnlichen Sprache versteckt.

Wenn von »Einheit« die Rede ist, wird nicht darauf hingewiesen, dass diese »Einheit« unter der Führung von jemanden oder etwas, einem Einzelnen oder einer Gruppe besteht.

Auf dem trügerischen Altar der »Einheit« werden nicht nur die Unterschiede geopfert, sondern es wird auch das Überleben all der kleinen Welten der Tyranneien und Ungerechtigkeiten, die wir erleiden, versteckt.

In unserer Geschichte wiederholt sich die Lektion wieder und wieder. Und bei jeder Drehung der Welt bleibt für uns immer nur die Seite der Unterdrückten, der Verachteten, der Ausgebeuteten, der Enteigneten.

Das, was wir die »vier Räder des Kapitalismus« nennen — Ausbeutung, Enteignung, Unterdrückung und Verachtung — hat sich während unserer ganzen Geschichte mit verschiedenen Namen oben wiederholt, aber wir sind immer dieselben, die unten sind.

Aber das aktuelle System hat einen Zustand extremen Wahnsinns erreicht. Seine räuberische Gier, seine absolute Geringschätzung des Lebens, sein Vergnügen am Tod und der Zerstörung, sein Streben danach, die Apartheid für alle, die anders sind, das heißt, für alle die unten sind, zu errichten, führt dazu, dass die Menschheit als Lebensform auf dem Planeten verschwindet.

Wir können nun, wie man uns raten könnte, geduldig warten, bis diejenigen, die oben sind, sich schließlich selbst zerstört haben, ohne dabei zu merken, dass ihr verrückter Hochmut alles zur Zerstörung bringt.

In ihrem Eifer, weiter und weiter nach oben zu gelangen, sprengen sie die unteren Stockwerke, die Fundamente. Das Gebäude, die Erde, wird schließlich zusammenbrechen und es wird keinen geben, den man dafür verantwortlich machen kann.

Wir glauben, dass wirklich etwas schlecht läuft, sehr schlecht. Aber wenn jemand gehen muss, um die Menschheit und das übel zugerichtete Haus, in dem sie wohnt, zu retten, dann sollen, dann müssen das die von oben sein.

Und wir meinen damit nicht, die Leute von oben von der Erde zu verbannen. Wir sprechen davon, die gesellschaftlichen Beziehungen zu zerstören, die es ermöglichen, dass jemand oben ist auf Kosten der Tatsache, dass jemand unten ist.

Wir Zapatisten, wir Zapatistinnen wissen, dass diese große Linie, die wir über die Geografie der Welt gezogen haben, keineswegs klassisch ist. Dass das mit »oben” und »unten” unbequem ist, stört und irritiert. Ja, es ist nicht das einzige, das irritiert, das wissen wir, aber gerade beziehen wir uns auf diesen Störfaktor.

Vielleicht irren wir uns. Sicher tun wir das. Gleich werden die Gedanken-Polizisten und -Kommissare erscheinen, um über uns zu richten, uns zu verurteilen und hinzurichten ... hoffentlich wird es nur in ihren flammenden Schriften sein und sie verstecken hinter ihrer Berufung zum Richter nicht die zum Henker.

Aber so ist es, wie wir Zapatisten, wir Zapatistinnen die Welt und ihre Arten und Weisen sehen:

Es gibt Machismo, Patriarchat, Frauenhass oder wie man das nennen mag, aber eine Sache ist es, oben eine Frau zu sein, und eine ganz andere ist es, das unten zu sein.

Ja, es gibt Homophobie, aber eine Sache ist es, oben homosexuell zu sein, und eine ganz andere ist es, das unten zu sein.

Ja, es herrscht Verachtung gegenüber Andersartigen, aber eine Sache ist es, oben anders zu sein, und eine andere ist es, das unten zu sein.

Es gibt die Linke als Alternative zur Rechten, ja, aber eine Sache ist es, oben links zu sein, und etwas ganz anderes (ja, gar das Gegenteil, fügen wir hinzu) ist es, das unten zu sein.

Betrachtet eure Identität unter diesem Parameter und ihr werden das erkennen, was wir euch sagen.

Die Identität, die am tückischsten ist, die immer in Mode kommt, wenn der moderne Staat in eine Krise eintritt, ist die der »ciudadanía«, der Staatsbürgerschaft.

Der »Bürger« von oben und der »Bürger« von unten haben rein gar nichts miteinander gemein, sondern stellen sogar das komplette Gegenteil voneinander dar und widersprechen sich.

Unterschiede werden verfolgt, in die Ecke gedrängt, ignoriert, verachtet, unterdrückt, entzogen und ausgebeutet, das stimmt.

Aber wir Männer und Frauen sehen einen noch viel größeren Unterschied, der diese Unterschiede durchzieht: das Oben und das Unten, die, die haben, und die, die nicht haben.

Und wir sehen, dass diesem großen Unterschied etwas Wesentliches innewohnt: Das Oben ist oben über dem, was unten ist; der, der etwas hat, besitzt, weil er von denen nimmt, die nichts haben.

Unserer Ansicht nach bestimmen dieses Oben und Unten stets unseren Blick, unsere Worte, das, was wir hören, unsere Schritte, unsere Schmerzen und unseren Kampf.

Vielleicht können wir bei anderer Gelegenheit unsere Gedanken dazu ausführlicher erklären. Jetzt wollen wir uns damit begnügen zu sagen, dass die Blicke, die Worte, das Hören und die Schritte von oben dazu dienen, diese Teilung aufrecht zu erhalten. Selbstverständlich bedeutet das nicht Unbeweglichkeit. Der Konservatismus scheint weit entfernt von einem System, das immer mehr und bessere Arten findet, die vier Wunden durchzusetzen, an denen die Welt von unten leidet. Aber diese »Modernisierungen« oder »Fortschritte« haben nichts anderes zum Ziel, als die, die oben sind, oben zu halten, und zwar auf die einzig mögliche Art, das heißt über die, die unten sind.

Der Blick, das Wort, das Hören und die Schritte derer von unten werden unserer Ansicht nach von den Fragen bestimmt: Warum so? Warum sie? Warum wir?

Um uns die Antworten auf diese Fragen aufzuzwingen oder um zu vermeiden, dass wir sie stellen, sind gigantische Kathedralen von Ideen errichtet worden, einige mehr, andere weniger ausgearbeitet und in den meisten Fällen so grotesk, dass es nicht nur verwunderlich ist, dass sie überhaupt jemand errichtet hat oder dass sie jemand glaubt, sondern dass sogar Universitäten und Studien- und Analysezentren geschaffen wurden, die darauf basieren.

Aber es gibt immer einen Spielverderber, der eine Feierlichkeit der Höhepunkte der Geschichte nach der anderen ruiniert.

Und diese_r Unpassende beantwortet diese Fragen mit einer anderen: »Könnte es auch anders sein?«

Diese Frage kann es vielleicht sein, die die Rebellion in ihrem weitesten Sinne entfacht. Und das ist möglich, weil es ein »Nein« gibt, das sie geboren hat: Es muss nicht so sein.

Entschuldigt, wenn euch diese konfusen Gedankensprünge durcheinandergebracht haben. Schreibt das unserer Art zu oder unseren Gebräuchen und Gewohnheiten.

Was wir sagen wollen, Compañeras, Compañeros, Compañeroas, ist, dass das, was uns in der Sexta angetrieben hat, dieses rebellische, ketzerische, freche, respektlose, lästige, unbequeme »Nein« war.

Wir sind bis hierher gekommen, weil uns unsere Realitäten, unsere Geschichten, unsere Rebellionen zu dem Punkt gebracht haben zu sagen: »Nein, es muss nicht so sein.«

Das und unsere — intuitive oder wohl überlegte — Antwort »Ja« auf die Frage: »Könnte es auch anders sein?«

Nun sind die Fragen zu beantworten, die sich hinter diesem »Ja« drängen:

Wie ist diese andere Art, diese andere Welt, diese andere Gesellschaft, die wir uns vorstellen, die wir wollen, die wir brauchen?

Was ist zu tun?

Mit wem?

Wenn wir auf diese Fragen keine Antworten haben, müssen wir sie suchen. Und wenn wir Antworten haben, müssen wir sie untereinander bekannt machen.

-*-

In diesem neuen Schritt, der jedoch auf dem Weg der Sechsten Erklärung aus der Selva Lacandona bleibt, werden wir als Zapatistas, die wir sind, versuchen, etwas von dem umzusetzen, was wir in diesen sieben Jahren gelernt haben, und wir werden den Rhythmus und die Geschwindigkeit des Schrittes ändern, ja, aber auch die Begleitung.

Wisst ihr, einer der vielen und schwerwiegenden Fehler, den wir Zapatisten, wir Zapatistinnen haben, ist die Erinnerung. Wir vergessen nicht, wer wann wo war und was gesagt, getan, verschwiegen, zerstört, geschrieben, gelöscht hat. Wir vergessen die Kalender und die Geografien nicht.

Versteht uns nicht falsch. Wir verurteilen niemanden, jeder schafft sich, wie er kann, sein Alibi für das, was er tut und nicht tut. Der törichte Verlauf der Geschichte wird zeigen, ob das ein Erfolg oder ein Fehler war.

Wir für unseren Teil haben euch gesehen, wir haben euch gehört und von allen haben wir gelernt.

Wir haben wohl bemerkt, wer diejenigen waren, die nur gekommen sind, um aus der Anderen Kampagne einen eigenen politischen Nutzen zu ziehen, die, von den Massen verführt, von einer Demonstration zur nächsten springen und damit ihre Unfähigkeit verschleiern, etwas eigenes zu schaffen. An einem Tag sind sie gegen Wahlen, am nächsten breiten sie ihre Fahnen auf der Kundgebung aus, die gerade in Mode ist; an einem Tag sind sie Lehrer, am nächsten Studierende; an einem Tag vertreten sie indigene Angelegenheiten, am nächsten verbünden sie sich mit den Großgrundbesitzern und Paramilitärs. Sie schreien nach dem Feuer der Gerechtigkeit der Masseund verschwinden, wenn dasWasser der Wasserwerfer kommen.

Mit ihnen werden wir nicht mehr gemeinsam gehen.

Wir haben wohl bemerkt, wer diejenigen sind, die nur auftauchen, wenn es Bühnen, Gesprächsrunden, gute Presse und Aufmerksamkeit gibt und die verschwinden, wenn die Stunde der Arbeit kommt, die keine Aufmerksamkeit erregt, aber notwendig ist, wie die meisten von denen die hier zuhören oder diesen Brief lesen, wohl wissen. In dieser ganzen Zeit waren unser Blick und unser Hören nicht auf diejenigen gerichtet, die oben auf der Bühne standen, sondern auf jene, die diese Bühne aufgebaut hatten, die das Essen bereitet, gefegt, aufgepasst haben, die gefahren sind, die Flyer verteilt haben, die zugepackt haben, wie man hier sagt. Außerdem haben wir auch die gesehen und gehört, die auf den anderen nach oben geklettert sind.

Mit ihnen werden wir nicht mehr gemeinsam gehen.

Wir haben wohl bemerkt, wer die Versammlungsprofis sind und welche Techniken und Taktiken sie nutzen, Zusammenkünfte derart zu sprengen, dass nur sie und ihre Anhänger_innen übrigbleiben, um ihren Vorschlägen zuzustimmen. Sie teilen Niederlagen aus, wo sie auftauchen und runde Tische leiten, wobei sie die »Spießer« und »Kleinbürger« aussortieren, die nicht verstehen, dass die Zukunft der Weltrevolution auf der Tagesordnung steht. Jene, denen jede Bewegung, die nicht in einer von ihnen geleiteten Versammlung gipfelt, ein Dorn im Auge ist.

Mit ihnen werden wir nicht mehr gemeinsam gehen.

Wir haben wohl bemerkt, wer diejenigen sind, die sich bei Veranstaltungen und Kampagnen als Kämpfer für die Freiheit der Gefangenen darstellen, aber von uns forderten, die Gefangenen von Atenco außen vor zu lassen und mit der Rundreise der Anderen Kampagne fortzufahren, weil sie bereits ihre Strategie und ihre Veranstaltungen geplant hatten.

Mit ihnen werden wir nicht mehr gemeinsam gehen.

-*-

La Sexta, die Sechste, ist ein zapatistischer Aufruf. Aufrufen bedeutet nicht vereinigen. Wir haben nicht vor, eine Einheit unter einer bestimmten Richtung zu erzielen, keine zapatistische und auch keine andere. Wir wollen nicht kooptieren, rekrutieren, fälschen, vorgeben, simulieren, täuschen, anführen, unterordnen, benutzen. Das Ziel ist das gleiche, aber der Unterschied, die Heterogenität, die Autonomie der Arten und Weisen des Gehens sind es, was La Sexta bereichert, was ihre Stärke darstellt. Wir bieten Respekt und werden das auch weiter tun, und wir fordern Respekt und werden das auch weiter tun. Anhänger_in der Sexta ist jede_r, der das »Nein« hat, das uns antreibt, und dazu bereit ist, die notwendigen »Jas« zu erschaffen.

-*-

Compañeroas, Compañeros, Compañeras:

Im Namen der EZLN sagen wir euch:

1.- Für die EZLN gibt es jetzt keine nationale Andere Kampagne und keine Zezta Internazional mehr. Von nun an werden wir gemeinsam mit denen gehen, die wir dazu einladen und die uns als Compas akzeptieren, sei es an der chiapanekischen Küste oder in Neuseeland.

Damit wäre unser Aktionsradius klar definiert: der Planet »Erde”, der sich im sogenannten Sonnensystem befindet.

Jetzt werden wir sein, was wir nun mal sind: »La Sexta«.

2.- Für die EZLN braucht die Zugehörigkeit zur Sexta keine Mitgliedschaft, keinen Beitrag, keine Einschreibung in eine Liste, kein Original und/oder keine Kopie des offiziellen Personalausweises, keinen Kontoauszug und auch nicht, an der Stelle des Richters, Geschworenen, Beschuldigten oder Henkers zu sein. Es gibt keine Flaggen. Es gibt Verpflichtungen und Konsequenzen dieser Verpflichtungen. Es treiben uns die »Neins«, es bewegt uns die Erschaffung der »Jas«.

2.- Wer mit dem Wiederauftauchen der EZLN eine neue Saison der Bühnen und großen Versammlungen erwartet und Massen, die sich in Richtung Zukunft strecken und Äquivalente des Sturms auf den Winterpalast, wird enttäuscht sein. Es ist besser, diese Leute gehen gleich. Sie sollten besser keine Zeit verlieren und unsere Zeit nicht verschwenden. In der Sexta zu gehen bedeutet, große Schritte zu tun, und die sind nichts für jene, die im Denken klein sind. Für »historische« und »konjunkturelle« Aktionen gibt es andere Räume, wo sie bestimmt unterkommen. Wir wollen nicht nur die Regierung ändern, wir wollen die Welt ändern.

3.- Wir erklären, dass wir uns als EZLN keiner Wahlkampfbewegung in Mexiko anschließen werden. Unser Empfinden diesbezüglich ist in der Sexta deutlich gewesen, und daran ändert sich nichts. Wir wissen, dass manche glauben, es sei möglich, die Dinge von oben zu verändern, ohne selbst jemand von oben zu werden. Hoffentlich bringen die unweigerlichen Enttäuschungen sie nicht dazu, das zu werden, wogegen sie kämpfen.

4.- Unser Wort, mit dem wir euch organisatorische, politische und informative Initiativen vorschlagen werden, wird AUSSCHLIESSLICH an die gerichtet sein, die uns darum ersuchen und die wir akzeptieren, und es wird per Mail von der Website an die Adressen, die wir haben, verschickt werden. Es wird auch auf der Website von Enlace Zapatista erscheinen, kann aber in seinem ganzen Umfang nur mit einem ständig wechselnden Passwort abgerufen werden. Dieses Passwort werden wir euch auf die eine oder andere Weise zukommen lassen, aber es wird für jene leicht zu erschließen sein, die aufmerksam das lesen, was für alle sichtbar ist, und auch für diejenigen, die gelernt haben, die Gefühle zu entschlüsseln, die in unserem Wort zu Buchstaben werden.

Jede Person oder Gruppe, jedes Kollektiv, jede Organisation oder wie auch immer sich jeder nennen möge, hat das Recht und die Freiheit, diese Informationen weiterzugeben an jene, die er dafür geeignet hält. Alle Anhänger_innen der Sexta werden in der Lage sein können, das Fenster unseres Wortes und unserer Wirklichkeit denen zu öffnen, denen sie es öffnen wollen. Das Fenster, nicht die Tür.

5.- Die EZLN bittet euch um Geduld und wird euch nach und nach die Initiativen bekanntgeben, die in den vergangenen sieben Jahren bei uns gereift sind. Deren wichtigstes Ziel wird es sein, dass ihr in direktem Kontakt mit den zapatistischen Unterstützungsgemeinden steht — und zwar auf eine Weise, die meiner bescheidenen Meinung und langen Erfahrung nach die beste ist: als Schüler.

6.- Was wir jetzt schon ankündigen wollen, ist, dass diejenigen, die können und wollen und die ausdrücklich von der Sexta-EZLN dazu eingeladen werden, schon mal anfangen können zu sparen — Kohle, Moneten, Money oder wie auch immer das Wechselgeld überall auf dem Planeten genannt wird, um zu einem noch zu präzisierenden Zeitpunkt in zapatistisches Gebiet reisen zu können. Später werden wir mehr Einzelheiten dazu bekanntgeben.

Und um zum Schluss dieses Briefs zu kommen (der ganz offensichtlich den Nachteil hat, dass es kein Video und kein Lied gibt, um die gelesene Version zu begleiten), wollen wir die beste unserer Umarmungen (und wir haben nur eine) an die Männer, Frauen, Kinder und alten Menschen, Gruppen, Organisationen, Bewegungen — oder wie sich jeder selbst nennen mag — schicken, die uns in dieser ganzen Zeit nicht aus ihrem Herzen entfernt haben und die Widerstand geleistet und uns als Compañeras, Compañeros und Compañeroas, die wir sind, unterstützt haben.

Compas:

Wir sind die Sexta.

Es wird uns viel kosten.

Unsere Schmerzen werden nicht weniger werden, wenn wir uns denen öffnen, die auf der Welt schmerzen. Der Weg wird schwieriger werden.

Wir werden uns einsetzen.

Wir werden Widerstand leisten.

Wir werden kämpfen.

Wir werden vielleicht sterben.

Aber einmal, zehnmal, hundertmal, tausendmal, immer werden wir immer siegen.

Für das Geheime Revolutionäre Indígena-Komitee — Generalkommandantur der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung
La Sexta-EZLN.

Subcomandante Insurgente Marcos.
Chiapas, Mexiko, Planet Erde.
Januar 2013.

PS.- Beispielsweise lautet das Passwort, um das Geschriebene auf dieser Seite ganz sehen zu können, ganz klar »marichiweu«, genau so, klein und links angefangen.

Hör und sieh dir die Videos an, die diesen Text begleiten:

»Cumbia Zapatista« von der Gruppe »Sonido Psicotropical«. Teil der Platte »Rola la lucha zapatista«. Cumbiaaaaa!
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=jkXabnv_MIc&list=PLD999D1842E26FB2A
»Nadie mira« von der Gruppe »RABIA«. Mit Iker Moranchel, Gitarre und Gesang. Alejandro Franco, Schlagzeug und Gesang. Manco, Bajo. Cámara, Sara Heredia. Edition: Eduardo Vargas, Aufgenommen und bearbeitet im Gekko Audiolab, Mexiko-Stadt, Juli 2012. Ebenfalls auf der Platte »Rola la lucha zapatista«. Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrock!
http://www.youtube.com/watch?v=YFJHBoWRkWk&feature=player_embedded


aus dem mexikanischen Spanisch von MaMa und KaRa

 Quelle:  
  http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2013/01/26/ellos-y-nosotros-v-la-sexta-2/ 
 

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