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EZLN-Kommuniqué - Sie und wir - VII. Die Allerkleinsten 4.

4.- Die Compañeras: Ein Amt übernehmen.

Kommunique vom 27.02.2013
übersetzt von KaRa, Ca und MaMa

  Februar 2013.

Es gibt nichts, das so subversiv und respektlos ist wie eine Gruppe von Frauen von unten, die sagen, sich sagen: »wir«.
Don Durito de La Lacandona.

Anmerkung: Es folgen einige weitere Ausschnitte des Austausches der zapatistischen Compañeras, aber jetzt geht es um ihre derzeitigen Aufgaben und Probleme bezüglich ihrer Funktionen in der Leitung, der Rechtsprechung und der Verwaltung von Ressourcen, und auch um einigen Gedanken zur heiklen Angelegenheit der »Gleichheit der Geschlechter« bei der Schaffung einer Welt, die tolerant sein soll, in der alle teilhaben können, eine Welt, in der »niemand mehr ist, niemand weniger ist«.

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Ja, solche Fälle wurden bei uns geregelt. Es gab einen Fall, von dem ich euch erzählen werde und von dem auch eine Compañera schon gesprochen hat. Es gab einmal einen Fall, mit dem fast nur wir zwei zu tun hatten, wir kamen als Rat, als Junta, zusammen, und wir beiden Frauen leiteten gemeinsam ein Team, und es geschah, dass sich eine Frau bei uns beschwerte, die sagte, sie würde von ihrem Ehemann misshandelt. Es ist unglaublich und war für uns sehr unschön. Die Compañera sagte:

- Ich möchte mich von meinem Mann trennen. Aber dieser ehemalige Compa hatte in der Zwischenzeit schon zwei Ehefrauen.

Wir schauten uns die Sache an. Wir sprachen mit den Kindern der ersten Ehefrau und mit denen der zweiten, und so begannen wir zu erkennen, wie wir die Angelegenheit regeln konnten. Deswegen zog sich die Sache ein wenig hin. Es war sehr schwierig für uns, denn dieser Señor, so berichtete die Compañera:

- „Was ist Dir also passiert?« - Wir dachten, er würde sie schlagen.

Aber nein, dieser böse Mann hängte die Compañera an den Füßen auf und schlug sie dann, und das tat er auch mit zwei seiner Kinder. Es war unsere Aufgabe, diese Angelegenheit zu klären. Welche Lösung fanden wir? Die Compañera wollte sich trennen, also teilten wir die Güter auf, die erste Ehefrau und ihre Kinder bekamen sie, weil der Mann der Schuldige war, und die zweite Ehefrau konnten wir auch nicht leer ausgehen lassen, weil ihr Kind auch schon groß war, der Mann bekam keinen Teil, den bekam sein Kind, und so musste der Mann das verstehen. Wir teilten all seine Güter auf, und so lösten wir die Angelegenheit, wir gaben dieser Compañera Recht, die sich bei uns beschwert hatte.

(...)

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(...)

Yolanda: Machen wir damit weiter, was ich zu sagen habe. Es geht ein wenig um das Gesetz [1]. Es ist bekannt, dass dieses Gesetz aufgrund der Situation entstand, in der die Frauen lebten. Aus diesem Grund wurde das Gesetz eingeführt, weil es früher viel Leiden gab, wie wir schon gehört haben, aber das will ich nicht wiederholen. Dieses Gesetz wurde aufgeschrieben und liegt in den fünf Caracoles vor.

(...)

Aber wir sehen, dass es sehr wichtig ist, dass wir uns intensiv mit diesem Gesetz beschäftigen, denn wenn wir nicht wirklich verstehen, was darin steht, haben wir ein wenig in dieser Zone analysiert, was dann geschehen kann, nämlich das gleiche, was früher schon passiert ist, dass sich die Situation für die Frau, die die Geberin des Lebens ist, dann wieder verändert, wie wir das schon gehört haben. Wenn wir dieses Gesetz, das wir als Zapatistas haben, wieder schlecht verstehen, wird das erneut geschehen.

Als dieses Gesetz entstand, ging es nicht darum, dass die Frauen nun befehlen könnten, und es ging nicht darum, dass sie Macht über ihren Ehemann, ihren Compañero, ausüben könnten, darum ging es nicht. Deshalb muss dieses Gesetz gut analysiert werden, damit wir nichts konstruieren, also, sozusagen, die gleiche Geschichte fortführen, die wir jetzt schon haben, und zwar, dass die Compañeros, die Machos sind, befehlen. Aber auch, wenn wir dies nun falsch interpretieren, wird das gleiche geschehen: die Compañeras befehlen und die armen Compañeros bleiben dabei auf der Strecke, aber das ist nicht so gewollt.

Es geht vielmehr um den Aufbau der Menschlichkeit, was damit bezweckt wird, das versuchen wir zu verändern. Eine andere Welt ist es, was wir wollen. Alles, was wir tun, ist wie ein Kampf, Männer wie Frauen, denn wie wir schon gehört haben, es ist nicht allein ein Kampf der Frauen und auch nicht ein Kampf der Männer. Wenn wir also von einer Revolution sprechen wollen, dann gehen wir gemeinsam, es geht um alle, Männer und Frauen, und so wird der Kampf geführt.

Es kann nicht sein, dass die Compañeros sagen, wir kämpfen hier, wir machen die Revolution, und nur die Compañeros übernehmen alle Aufgaben und die Compañeras bleiben zuhause. Das ist dann kein Kampf für alle. Was wir wollen, ist für alle, für Männer und Frauen zusammen, das ist es, was wir wollen.

Aber wir sagen deutlich, dass im ersten Gesetz, um das es geht, noch immer eine kleine Tücke steckt. Denn, um ganz ehrlich zu sein, ist es für uns Compañeras immer noch sehr schwer, eine Funktion oder Aufgabe zu übernehmen, welcher Art auch immer.

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Ihr habt erwähnt, dass es eine Ehren- und Justizkommission gibt. Worin besteht deren Arbeit und welche Rolle spielen die Compañeras darin?

Was Fragen der Ehre und Gerechtigkeit von Compañeras angeht, wechseln wir uns, wie im Landkreis, ab. Es gibt zwei weibliche und zwei männliche Räte, zwei Kommissionsmitglieder, die Männer sind und zwei, die Frauen sind, und wenn beispielsweise eine Compañera ein Problem hat, erzählt sie es der Compañera in der Ehren- und Justizkommission. Und diese stimmt sich dann mit den männlichen Kommissionsmitgliedern ab, damit es der Compañera nicht unangenehm sein muss mit dem Compa. So arbeitet die Ehren- und Justizkommission.

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(...)

Als weiteres Beispiel haben wir auf der Ebene der Zone eine Arbeit, die insbesondere für die Compañeras Frauen ist. Es handelt sich um eine Initiative von ihnen, eine Mischung aus Laden und Kantine, den sie gegründet haben, also da gibt es einen kleinen Raum, wo die Leute essen können, und ein kleines Lebensmittelgeschäft. Sie starteten mit 15.000 Pesos, liehen sich 15.000 Pesos, und es entstand ihre Idee, das zu tun. Die Initiative ging von den Frauen der Region aus, von Verantwortlichen vor Ort und in Koordination mit dem Rat, weil wir sie mit Tischen, Geschirr und allem, was ihnen in ihrer Kantine von Nutzen sein konnte, unterstützt haben. Es gab eine Koordination, aber die Idee, die Arbeit und die Organisation, wie die Initiative geführt wird, das organisieren diese Compañeras.

Sie begannen mit 15.000 Pesos, sie haben ihre Leiterinnen, und auf der Ebene der Zone organisieren die Compañeras der Region Schichten, wann sie das kochen und im Verkauf an der Reihe sind. Und sie informierten uns, dass sie in ihrem ersten Geschäft einen Gewinn von 40.000 Pesos verzeichnen konnten. Mit diesen 40.000 Pesos konnten sie ihr Darlehen abzahlen, die 15.000 Pesos, und für sie blieb der Rest, 25.000 Pesos.

Sie begannen, darüber nachzudenken, dass noch einiges fehlte. Der Rat unterstützte sie, wie ich schon sagte, mit Geschirr, mit Tischen, aber sie überlegten, dass sie mit dem Gewinn das Geschäft verbessern konnten, also nutzten sie diesen Gewinn, um sich besser einzurichten. Jetzt arbeiten sie in dieser Form, sie haben ihre Leitung, unter den Compañeras wechseln sie sich mit der Arbeit ab und wechseln die Leitung jährlich. Was sie dort im Verkauf umsetzen, ist, dass die Bevölkerung die Herrschaft übernimmt, und sie haben uns mitgeteilt, dass sie zwischen ihrer letzten Abrechnung und heute 56.176 Pesos in bar eingenommen haben.

All das sind Arbeiten, die wir auf der Ebene der Zone verrichten. Dabei geht es nicht darum, den Gewinn aufzuteilen, also nicht darum, diese kleinen Geldbeträge aufzubrauchen, die zusammenkommen, sondern es geht darum, dass wir uns vorbereiten auf jeglichen Bedarf nach Dingen, die uns im Kampf helfen, der uns als Zone entstehen kann..

(...)

Es ist bekannt, dass es in der Zone Selva Tzeltal Compañeras gibt, die »Comisariadas« sind, dass es »Agentas« [2] gibt. Wie macht Ihr das, damit es diese Compañeras Comisariadas und Agentas gibt, erzähl uns davon, unterrichte uns darüber, wie das ist. Sind diese Compañeras lokale Amtsinhaberinnen? Wie machen sie das? Wie arbeiten die Compañeras? Denn es gibt Compañeros, die Comisariados und Agentes sind, weil wir das hier wollen, und wir wollen hier miteinander das Wissen darüber teilen, wie wir uns helfen, wie wir uns vorbereiten. In diesem Fall geht es speziell um die Compañeras, wie arbeiten die Compañeras als Amtsinhaberinnen der Bevölkerung?

Was tun die Compañeras in ihrer Gemeinde, als Comisariada, als Agentas?

Als Agentas kontrollieren sie beispielsweise in meiner Siedlung die Menschen, bei einigen Problemen überwachen sie auch, beispielsweise wenn es kleinere Probleme mit Leuten gibt, wenn Tiere Schaden anrichten, dann ist die Agenta diejenige, die dafür zuständig ist, diese Art von Problemen zu lösen. Außerdem führen sie Versammlungen durch, um Beratungen anzubieten, damit es keine Probleme mit alkoholischen Getränken oder Drogenabhängigkeit gibt. Bei jeder Versammlung leisten die Frauen also diesen Beitrag der Beratung, damit es nicht zu diesen schlimmen Problemen kommt. Auch die Comisariadas führen Versammlungen durch, um über das Land zu sprechen, über die Betreuung der Grenzen untereinander, wie chemische Dünger anzuwenden sind. All das, was wir zuvor als Regeln festgelegt haben, wird von den Comisariadas und Agentas in den Dörfern kontrolliert.

Die Frage ist, wenn die Compañeras, die nun Agentas sind, um Probleme in den Gemeinden zu lösen, können sie diese allein lösen oder mit Unterstützung der Compañeros?

In meiner Gemeinde fragen die Compañeras manchmal nach der Unterstützung einer lokalen Amtsinhabers, etwa eines »Responsables« [3], um ihn zu hören, wenn sie manchmal nicht gut an den Versammlungen teilnehmen kann, bittet sie um einen Rat oder etwas Ähnliches. Das geschieht oft, aber es gibt auch Momente, in denen niemand da ist, und dann arbeiten sie allein. In meiner Gemeinde gibt es beispielsweise eine Compañera Agenta und es gibt auch ihre Vertreterin, und die beiden haben Probleme allein gelöst, weil sie schon gesehen haben, wie es einmal oder zweimal gemacht wurden, und jetzt folgen sie diesem Beispiel und sorgen für die Lösung.

(...)

Sind von den 60 Mitgliedern die Hälfte Compañeras und die Hälfte Compañeros?

Ja, Compañero, wir sind Hälfte-Hälfte, niemand ist mehr, niemand ist weniger.

(...)

-*-
(Fortsetzung folgt...)
Ich bezeuge das.
Aus den Bergen des mexikanischen Südostens.

Subcomandante Insurgente Marcos.

Mexiko, Februar 2013.



»Tierra y Libertad« mit der Gruppe »FUGA«. Das Lied beginnt mit einem Ausschnitt der Worte der EZLN, als sie im mexikanischen Kongress die Erfüllung der Vereinbarungen von San Andrés fordert, als eine zapatistische indigene Frau unser Wort erhob. Die Gruppe FUGA setzt sich zusammen aus Tania, Leo, Kiko, Oscar und Rafa. Das Lied stammt von der Platte »Rola la lucha zapatista«




Mapuche-Frauen im Widerstand gegen die plündernden Minenunternehmen.




Zapatistische Frauen, die ein Amt im Rat der Guten Regierung in La Realidad ausüben. Chiapas, 2008.




Anm. der Übers.:

  1. Gemeint sind die »Revolutionären Frauengesetze«. Diese Gesetze wurden von den Frauen innerhalb der zapatistischen Bewegung und Gemeinden vor dem Aufstand erkämpft und traten 1993 in Kraft, 1996 wurden sie überarbeitet und erweitert.In ihnen werden den Frauen Gleichberechtigung innerhalb der politischen und militärischen Strukturen und die
    Selbstbestimmung über ihr Leben und ihren Köper zugesichert. Außerdem wird der Drogenkonsum in zapatistischen Gemeinden verboten und (interfamiliäre) Gewalt gegen Frauen unter Strafe gestellt.
  2. Beides sind Ämter im zapatistischen Selbstverwaltungssystem, deren Aufgaben weiter unten im Text beschrieben werden.
  3. Ein weiteres Amt in den zapatistischen Selbstverwaltungsstrukturen.


 Quelle:  
  http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2013/02/27/ellos-y-nosotros-vii-ls-mas-pequens-4-las-companeras-tomar-el-cargo/ 
 

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