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Aktivist in Chiapas ermordet // Protest gegen »Henry Kissinger Professur« an der Uni Bonn //
Aktionen gegen Sammelabschiebungen / Ausstellung »Die Revolution ist ein Buch und ein freier Mensch«
¡Alerta! − Lateinamerika Gruppe Düsseldorf vom 05.04.2014 |
Hallo!
Heute melden wir uns mit ein paar Nachrichten, Terminhinweisen und Einladungen zu Protest:
In Chiapas wurde der 22-jährige Aktivist Juan Carlos Gómez Silvano ermordet. »Unbekannte« haben ihn am 21.3. mit über 20 Schüssen umgebracht. Juan hat sich zusammen mit seiner Gemeinde San Sebastián Bachajón gegen infrastrukturelle Großprojekte von Regierung und Unternehmen gewehrt. Ihr Widerstand ist Teil der von den Zapatistas initiierten Mobilisierung für eine antikapitalistische und basisdemokratische Gesellschaft in Mexiko. Im Artikel unten sowie in der Erklärung der Gemeinde San Sebastián Bachajón (deutsche Übersetzung) findet ihr weitere Informationen zur Tat und den Hintergründen. Nach dem Mord erklärten Organisationen, Gruppen und Kollektive in Mexiko und weltweit ihre Solidarität mit der Gemeinde. Auch wir haben mit anderen Gruppen aus Europa eine Solidaritäts-Erklärung verfasst, die ihr hier in Spanisch und Englisch finden könnt.
Verschiedene Gruppen, Aktivist_innen und Wissenschaftler_innen haben eine Erklärung gegen die geplante »Henry Kissinger-Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung« an der Uni Bonn veröffentlicht, die vom deutschen Kriegsministerium finanziert werden soll. Kissinger ist verantwortlich für Flächenbombardements und Massenmord in Südostasien und hat zahlreiche Militärputsche und -diktaturen in Lateinamerika und weltweit aktiv unterstützt. Dass die deutsche Regierung und die deutsche Armee einen Lehrstuhl für internationale Beziehungen und Völkerrecht mit Kissingers Namen »schmücken« wollen, verrät eine Menge über ihr Verständnis von Außenpolitik − und es verlangt entschiedenen Protest: Nicht allein die Namensgebung sondern, dass damit erneut versucht wird, Wissenschaft und Forschung für militärische Zwecke und deutsche Kriegspolitik nutzbar zu machen, kann nicht unwidersprochen bleiben. Hier könnt ihr die Erklärung unterzeichnen.
Zum vorerst letzten Mal ruft das Bündnis »Abschiebestop Düsseldorf« zu einer breiten Mobilisierung gegen die Sammelabschiebungen am Düsseldorfer Flughafen am 15. April, 8 Uhr, auf. Gegen diese unmenschliche Praxis des deutschen Staates erklären wir: Fliegen muss freiwillig sein! Jeder Mensch hat das Recht, dort zu leben wo er oder sie es will! Kein Mensch ist illegal! Den ganzen Aufruf sowie die Erklärung, warum es der letzte Aufruf dieser Art ist, findet ihr hier.
Zu guter Letzt wollen wir euch auf die spannende Plakateausstellung und Veranstaltungsreihe »Die Revolution ist ein Buch und ein freier Mensch« des Informationsbüro Nicaragua in Wuppertal hinweisen. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl politischer Plakate des befreiten Nicaraguas der 1980er Jahre, die die Facetten, Ziele und den Enthusiasmus der sandinistischen Revolution begreifbar machen. Am Samstag findet die Vernissage statt, anschließend gibt es mehrere interessante Veranstaltungen. Alle Termine und Infos findet ihr hier.
Bis dahin!
¡Alerta!
Mord für »Entwicklung«
In Chiapas wird ein indigener Aktivist und Widerstandskämpfer gegen Großprojekte von »Unbekannten« aus dem Weg geräumt
In Chiapas wurde der Aktivist Juan Carlos Gómez Silvano erschossen. Der Pro-Zapatist war eine Schlüsselfigur im Widerstand gegen infrastrukturelle Großprojekte. Die Landkonflikte gehen weiter.
Die Repression gegen linke Aktivisten im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas, die sich für eine selbstbestimmte Nutzung ihrer Ländereien einsetzen, hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Am 21. März wurde Juan Carlos Gómez Silvano im Landkreis Chilón von Unbekannten mit über 20 Schüssen ermordet.
Der 22-jährige Tzeltal-Indigene unterstützte seit Jahren den Kampf seiner Gemeinde San Sebastián Bachajón gegen infrastrukturelle Großprojekte, die in der Region von Regierung und Wirtschaft vorangetrieben werden. Zum einen soll eine Autobahn zwischen den touristischen Hochburgen San Cristóbal de las Casas und Palenque entstehen, für die eine Enteignung der Ländereien von dutzenden Gemeinden durchgesetzt werden müsste. Zweitens soll der Ausflugsort Agua Azul, der wegen seiner imposanten türkisfarbenen Wasserfälle berühmt ist, erheblich erweitert werden, doch in der Umgebung leben Zapatistas und andere Oppositionelle, die seit Jahrzehnten Widerstand gegen neoliberale Entwicklungsprojekte leisten.
Ein großer Teil der über 5000 Bewohner von Bachajón unterstützt die »Sechste Deklaration aus dem Lakandonischen Regenwald«. Hier handelt es sich um eine langfristige pazifistische Mobilisierung, zu der die Zapatistische Befreiungsarmee EZLN 2005 die mexikanische Bevölkerung aufgerufen hatte, um eine antikapitalistische und basisdemokratische Gesellschaft aufzubauen.
Ricardo Lagunes, Anwalt der Anhänger der »Sechsten Deklaration« aus Bachajón, schildert gegenüber »nd« den klaren Konflikt zwischen dem Aktivismus von Gómez Silvano und den Regierungsinteressen: »Erst vor zwei Monaten wurde Juan Carlos von seiner Organisation zum regionalen Koordinator ernannt, als Anerkennung für sein Engagement bei der Verteidigung des Territoriums von Bachajón. Er lebte in dem Dorf Virgen de Dolores, das 2010 im Rahmen einer Landbesetzung gegründet worden war. Die Menschen fingen an, das Land zu bearbeiten. Es wurde dadurch immer fruchtbarer und erlaubt ihnen nun, sich selbst zu versorgen und Überschüsse zu verkaufen. Daher sind sie nicht gezwungen, die Hilfsprogramme der Regierung anzunehmen. Die Compañeros sehen die brutale Ermordung von Juan Carlos als eine Aggression gegen ihre Organisation mit dem Ziel, ihre Bewegung zu zerschlagen.«
Auch unter dem neuen Gouverneur Manuel Velasco von der Grünen Partei PVEM, die eng mit der autoritären Institutionellen Revolutionären Partei PRI verwoben ist, hat sich der Charakter der Entwicklungsprojekte nicht verändert. Die Regierung setzt weiter auf eine markt- und technologiefixierte Modernisierung von oben. Mit sogenannten Hilfsprogrammen wird die Bevölkerung dazu gebracht, ihre Selbstversorgungsfelder auf marktförmige Produkte wie Ölpalme oder Kautschuk umzustellen oder sie für Infrastruktur- und Tourismusprojekte freizugeben. Erst kürzlich präsentierte sich Mexiko auf der Tourismusmesse ITB in Berlin als ambitioniertes Gastland.
Doch bei nahezu allen Tourismusprojekten profitiert nur eine kleine Minderheit, viele Gemeinden werden durch die Projekte gespalten und paramilitärische Banden greifen Oppositionelle in ganz Chiapas an. Gómez Silvano ist das zweite Todesopfer − allein in Bachajón. Bereits am 24. April 2013 wurde Juan Vázquez von Unbekannten erschossen. Die Täter können mit völliger Straflosigkeit rechnen.
Die Aktivisten aus Bachajón machen Gouverneur Velasco und Präsident Peña Nieto für die Morde verantwortlich und geben sich weiterhin kämpferisch: »Unsere Organisation ist trotz der Repression vorbereitet, Widerstand zu leisten und den Aufbau der Autonomie fortzuführen.«
Luz Kerkeling
QUELLE: neues deutschland, 1.4.2014
http://www.neues-deutschland.de/artikel/928753.mord-fuer-entwicklung.html
Unsere weiteren Termine:
24.4. — Neokolonialismus und Biopiraterie — die GIZ (Vortrag) — Mit Beispielen aus Chiapas und Lateinamerika wird der neokoloniale Charakter der von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) entworfenen und umgesetzten deutschen Entwicklungspolitik aufgezeigt. (Linkes Zentrum, Corneliusstr. 108, Düsseldorf − ab 19.30 Uhr Kneipe und Vokü, ab 20 Uhr Vortrag und Diskussion) − weitere Infos.
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