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Mexiko: Täter in Uniform

1. Oktober 2014

Mexikanische Drogenkartelle sind berüchtigt für ihre zügellose Gewalt. Doch auch Soldaten und Polizisten stehen im Verdacht, zu morden und zu foltern. Nun wurden Dutzende Sicherheitskräfte verhaftet.

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Mexiko Massaker an Mitgliedern einer Drogenbande Juli 2014 San Pedro Limon
Bild: picture-alliance/AP Photo/Rebecca Blackwell

Berichte über Mord und Totschlag gehören in Mexiko im Alltag. Seit Jahren liefern sich Drogenkartelle blutige Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften und verfeindeten Clans. Fast täglich kommt es zu tödlichen Schießereien, immer wieder werden verstümmelte Leichen an Straßenkreuzungen gefunden. In einigen Gebieten herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände.

Doch die Gewalt beschränkt sich nicht nur auf die Kartelle, zunehmend rücken die Sicherheitskräfte selbst ins Visier von Ermittlern. Der prominenteste Fall ist das mutmaßliche Militär-Massaker von Tlatlaya: Ende Juni hatten Soldaten in der Ortschaft Tlatlaya im Bundesstaat México 22 mutmaßliche Bandenmitglieder erschossen. Die Verdächtigen hätten die Patrouille angegriffen und die Soldaten das Feuer erwidert, teilte das Verteidigungsministerium damals mit. Zeugen widersprachen der offiziellen Version. Demnach sei nur ein Verdächtiger während des Gefechts ums Leben gekommen. Die anderen hätten sich ergeben und seien nach einem Verhör aus nächster Nähe erschossen worden.

UN fordert Aufklärung

"Die mexikanische Regierung muss alle Fälle willkürlicher Tötungen intensiv untersuchen und bestrafen", sagte der UN-Sonderberichterstatter für nicht-legale Hinrichtungen, Christof Heyns. "Jede Art von exzessiver und unverhältnismäßiger Gewalt, die zum Tod von Menschen führt, ist illegal." Der Amerika-Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, José Miguel Vivanco, sprach vom "möglicherweise schlimmsten Massaker in Mexiko seit vielen Jahren". Acht Soldaten wurden mittlerweile festgenommen. Er werde die Wahrheit ans Licht bringen, wie auch immer sie aussehe, versprach Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam.

Im Bundesstaat Guerrero waren 22 Polizisten wegen Mordes festgenommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, am Wochenende in der Stadt Iguala brutal gegen Protestierende vorgegangen und für den Tod von sechs Menschen verantwortlich zu sein. Der Vertreter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Mexiko, Javier Hernández, forderte, die gesamte städtische Polizei von Iguala vom Dienst zu suspendieren und ihre Waffen sicherzustellen. "Ich glaube, in solchen Fällen muss man ein Signal setzen und außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Kritik am Einsatz von Soldaten im Inneren

Menschenrechtsaktivisten begrüßten die Ermittlungen zwar, machten aber auch auf grundlegende Defizite bei den mexikanischen Sicherheitskräften aufmerksam. Erst Anfang des Monats hatte Amnesty International den Einsatz der Streitkräfte im Inneren scharf kritisiert. Die Soldaten seien für polizeiliche Aufgaben nicht ausgebildet und begingen im sogenannten Drogenkrieg gegen die Kartelle zahlreiche Menschenrechtsverletzungen.

Vor allem in den örtlichen und staatlichen Polizeieinheiten ist die Frustration oft groß. Die Beamten werden schlecht bezahlt und sind den kriminellen Banden meist hoffnungslos unterlegen. Aber selbst die besser ausgerüsteten Streitkräfte haben es im Kampf gegen die Kartelle mit einem Gegner zu tun, der wie eine Kriegspartei agiert. In den Reihen des Militärs regt sich auch Widerstand gegen den Einsatz im Inneren. Soldaten fühlen sich falsch eingesetzt und als Opfer einer unklaren Rechtslage.

ab/rb (dpa/epd)