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Kardinal der Drogengeldwäsche verdächtigt

Poonal vom 28.10.2003
Poonal 596 vom 28.10.2003

  (Lima, 22. Oktober 2003, na-poonal).- Zum ersten Mal in der Geschichte der turbulenten Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem mexikanischen Staat hat die Generalstaatsanwaltschaft (PGR) des Landes eine gerichtliche Untersuchung der Finanzen eines bedeutenden Mitglieds der Kirche angeordnet. Es handelt sich dabei um den Kardinal Juan Sandoval Iñiguez, dem Erzbischof von Guadalajara und zweitmächtigsten Mann an der Spitze dieser Institution.

In einem Rundschreiben des Sonderbevollmächtigten der PGR für Organisiertes Verbrechen, das der Tageszeitung "Reforma" zugespielt wurde, weist dieser die Nationale Kommission zur Aufsicht von Banken und Wertpapieren (Comisión Nacional Bancaria y de Valores) an, ihm alle Finanzunterlagen weiterzuleiten, die Sandoval, 15 seiner Familienmitglieder und seinen engsten Freundeskreis betreffen, und zwar vom Jahre 1996 an.

Die PGR untersucht zur Zeit Anschuldigungen, wonach Sandoval Gelder, die der Erzdiözese von Guadalajara illegalerweise zugeflossen waren, durch eigene Konten und die weiterer Partner gewaschen wurden und scheinbar sowohl zum Heiligen Stuhl nach Rom als auch in die eigene Tasche geflossen sind. Der Vatikan verwahrte sich gegen die Untersuchung und bezeichnete sie als "absurd und pervers".

Der Kardinal, der Mitglied des Komitees ist, das die Finanzen des Vatikans beaufsichtigt, steht Papst Johannes Paul II. sehr nahe und ist bereits als dessen möglicher Nachfolger im Gespräch gewesen. Sandoval übernahm kurz nach der Ermordung des Kardinals Juan Jesús Posadas im Mai 1993 die Erzdiözese von Guadalajara. Von der Untersuchung sind neben Sandoval auch seine 93-jährige Mutter sowie José María "Chema" Guardia, ein Mexikaner philippinischen Ursprungs betroffen, dem verschiedene Glücksspieleinrichtungen in Ciudad Juarez gehören.

Die Anschuldigungen über das "Waschen von Kirchengeldern" wurden dem Generalstaatsanwalt Rafael Macedo von dessen Amtsvorgänger Jorge Carpizo zugetragen. Carpizo liegt seit zehn Jahren im Streit mit dem Kardinal Sandoval. Das Thema dieses Streites sind die Hintergründe des Todes von Posadas. Carpizo vertritt die Theorie, dass Posadas das irrtümliche Opfer einer Schießerei zwischen Drogenhändlern war, während Sandoval von einem "politisch motivierten Attentat von Gegnern der Kirche" spricht und den Staat beschuldigt, dies vertuschen zu wollen.

Am zehnten Jahrestag der Ermordung Posadas’ überreichte Carpizo, den dieser Fall immer noch sehr beschäftigt, seinem Nachfolger Macedo einen 25-seitigen Bericht, in dem er behauptet, dass Sandoval und Posadas die Erzdiözese von Guadalajara zu einem wichtigen Anziehungspunkt für "Drogenalmosen" gemacht hätten. Dem Bericht zufolge hätten beide Kardinäle beim Füllen der Kassen der Erzdiözese mit Geldern aus dem Drogenhandel ein ansehnliches privates Vermögen angehäuft sowie an Einfluß innerhalb der katholischen Kirche gewonnen. Posadas stand lange Zeit im Verdacht, ein wichtiger Empfänger für Drogengelder gewesen zu sein, die nach außen hin für Wohltätigkeitszwecke bestimmt waren. Zu den ersten Verdächtigen seiner Ermordung gehörten Mitglieder des Drogenkartells von Tijuana, zu dem er während seiner Amtszeit (1970-1982) als Bischof dieser Stadt Kontakte geknüpft hatte.

Sandoval, der Nachfolger Posadas’, stand lange Zeit in Verbindung mit dem konservativen Priesterseminar von Guadalajara, das — so deutet es zumindest der Bericht von Carpizo an — in den Achtzigerjahren größtenteils von Bossen aus dem Drogenhandel finanziert worden ist. Anfang der Neunziger zog Sandoval als Vikar für den greisen Bischof Manuel Talamas in den Norden, nach Ciudad Juarez.

Während seiner Zeit in Ciudad Juarez, die einher ging mit dem Aufstieg des erbarmungslosen Drogenkartells von Juarez, konzentrierte sich Sandoval scheinbar auf die Sammlung von Geldern für seine Diözese und befreundete sich in diesem Zusammenhang mit Guardia, dem Besitzer von "Cesta Punta Sports", einer Gesellschaft, die das Hippodrom der Stadt, eine Hunderennbahn und ein Kasino mit 300 illegalen "einarmigen Banditen" sowie eine Reihe von anderen Glücksspieleinrichtungen im dortigen Bundesstaat Chihuahua und in ganz Mexiko betreibt.

Der Kardinal Sandoval verbrachte einen Großteil seiner Zeit als Erzbischof von Guadalajara damit, den guten Ruf seines Vorgängers wiederherzustellen. Er spielte der italienischen Tageszeitung "Il Giorno" "geheime Zeugenaussagen" zu, die jedoch nie bestätigt werden konnten, und beschuldigte die Widersacher seines Vorgängers der Verschwörung. Diese hätten sogar versucht, Posadas zu vergiften.

Nach der Wahl von Vicente Fox zum neuen Präsidenten Mexikos im Jahre 2000 verlangte Sandoval eine Neuuntersuchung des Falls Posadas, der von seinem Vorgänger Ernesto Zedillo (1994-2000) abgeschlossen worden war. Fox, der als der katholischste Präsident der mexikanischen Neuzeit gilt, gab schließlich nach und ordnete die erneute Öffnung der Akten zur Ermordung Posadas’ an. Die Untersuchung konnte jedoch keine neuen Erkenntnisse hervorbringen.

Auf die aktuelle Untersuchung Macedos gegen ein hochrangiges Mitglied der katholischen Kirche reagierte die Mexikanische Bischofskonferenz (CEM) verärgert. Sie sprach von "religiöser Verfolgung". Gleichzeitig werden von jeder Kanzel herab Lobestöne über Sandoval angeschlagen. Der Kardinal warf dem Sonderbevollmächtigten der PGR vor, von der Ermordung Posadas’ ablenken zu wollen und tat seine Überzeugung kund, dass Staatsbeamte auch fähig seien, gezielt Beweise "zu plazieren". Inzwischen hat er sowohl die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) als auch das Hohe Kommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen angerufen, um die laufende Untersuchung zu stoppen.


Quelle: poonal
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