Massaker in Mexiko: Schwere Vorwürfe gegen die Polizei

Mehrere Menschen aus nächster Nähe erschossen: Ein Zeuge berichtet vom brutalen Vorgehen der Polizei in der Unruheprovinz Michoacán.

Gedenken an die Todesopfer in Michoacán. Bild: ap

MEXIKO-STADT dpa | Nach heftigen Schießereien zwischen staatlichen Sicherheitskräften und mutmaßlichen Anhängern lokaler Bürgerwehren in Mexiko hat ein Zeuge schwere Vorwürfe gegen Soldaten und Polizisten erhoben. Sie hätten nach den Gefechten in der Unruheregion Michoacán Menschen aus nächster Nähe erschossen, nachdem diese sich bereits ergeben hatten, sagte er in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der Zeitung Reforma. Die Behörden wiesen dies zurück.

Nach offiziellen Angaben waren am Dienstag beim Kampf um das seit zwei Wochen besetzte Rathaus der Stadt Apatzingán neun Menschen getötet worden. Eine Person wurde offenbar überfahren, als Soldaten das Gebäude stürmten. Acht weitere Menschen kamen ums Leben, als Bewaffnete die wieder abrückenden Sicherheitskräfte angriffen.

„Was ich gesehen habe, waren keine Gefechte, weil die Zivilisten unbewaffnet waren“, sagte der Augenzeuge. Mindestens drei Menschen seien erschossen worden, als sie sich bereits mit erhobenen Händen gestellt hatten. Auf Fotos war zudem zu sehen, dass mehrere Leichen nebeneinander aufgereiht lagen.

Die Behörden wiesen die Vorwürfe zurück. Es habe keine willkürlichen Hinrichtungen gegeben, sagte der Sicherheitsbeauftragte für Michoacán, Alfredo Castillo. Vielmehr hätten Bewaffnete einen Konvoi der Sicherheitskräfte angegriffen und seien bei der anschließenden Schießerei ums Leben gekommen. Castillo zeigte Videos von dem Vorfall und schloss aus, dass der Tatort nachträglich manipuliert wurde.

Blutige Auseinandersetzungen

Der Fall erinnert an das mutmaßliche Militärmassaker von Tlatlaya im vergangenen Jahr. Damals hatten Soldaten im Bundesstaat México 22 mutmaßliche Bandenmitglieder erschossen. Nach eigenen Angaben waren sie angegriffen worden und hatten das Feuer erwidert. Zeugen sagten allerdings, die meisten Opfer hätten sich ergeben und seien nach einem Verhör aus nächster Nähe erschossen worden. Mittlerweile wurde Anklage gegen mehrere Soldaten erhoben.

In Michoacán war zuletzt die Gewalt wieder aufgeflammt. Rivalisierende Fraktionen der einstigen Bürgerwehren liefern sich dort blutige Auseinandersetzungen. So kamen Mitte Dezember bei einer Schießerei zwischen verfeindeten Gruppen elf Menschen ums Leben, darunter der Sohn des Bürgerwehr-Gründers Hipólito Mora. Er und sein Rivale Luis Antonio Torres alias „El Americano“ sitzen mittlerweile in Haft.

Die Selbstverteidigungsgruppen hatten sich im Kampf gegen das organisierte Verbrechen in Mexiko gegründet und waren im vergangenen Jahr in einer neu geschaffenen Polizeieinheit aufgegangen. Nach Einschätzung von Experten verfolgen einige Fraktionen allerdings noch immer ihre eigenen Interessen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.