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Auf der Anschlagtafel

Der Schulwart

Kommunique vom 04.03.2014
übersetzt von RedmycZ, Christine

  Zapatistische Nationale Befreiungsarmee.
Mexiko.


Maerz 2015.

Morgengrauen in der Realitaet.

Hier wie immer, wie es sein muss: schauen und zuhoeren. Der Sprung in der Mauer ist auf der Aussenseite etwas tiefer geworden. Mit Hartnaeckigkeit erweitert auf unserer Seite.

In den Klassenraeumen, den Huetten der unzaehligen zapatistischen Familien, welche Tausende von AnderErN, Maennern, Frauen und Kinder aus den 5 Kontinenten empfingen, beherbergten, ernaehrten und beschuetzten, hoert man noch die Bewertungen, welche die Lehrer und Lehrerinnen und die Beschuetzer*innen abgebenen haben, nachdem Sie wieder alle weg waren.

Manche sind streng, sicherlich, aber das ist denen sicher gleichgueltig, die sich als total bewegt bezeichneten, danach aber ihr Leben weitergelebt haben, so als waere nichts geschehen und dem Spiegel ausgewichen sind bzw. ihn voller Frivolitaet bearbeitet haben. Trotzdem, wie ich gehoert habe, wurden einige Maenner, Frauen, einigeRe, einige wenige mit ´ein wenig gut´ bewertet.

´Ein wenig gut´, so sagen die Compas, wenn etwas gut ist.

´Wie geht es Dir? ´Nun ja, ein wenig gut´, so gruessen wir uns.

Und die Zeit geht weiter so wie wir, ohne Laerm, ohne Aufhebens, wie Schatten ...

Und der Compa Galeano, der mit seinen Worten diese Klassenraeume, diese Haeuser, diese Schulen erleuchtete, wie-sagt-man nur, gefallen und zum Schweigen gebracht, ermordet.

Und die Compañero-Umarmung, das heisst, kollektiv und ehrlich, der Sexta.

Die unterschiedlichen Farben die uns halfen, den Tod mit einer anderen Farbe zu bemalen, die sternenhelle Nacht, der Regen, waehrend eine Katze-Hund miaute-bellte, um das Licht herbeizurufen, damit der Schatten gelindert wird.

Und wir Maenner und Frauen, wir haben den Tod beschwindelt, mit gezinkten Karten mit ihm gespielt, ihn mit Namen bemogelt.

Und der Tod war hier der Verlierer. Wie seit Hunderten von Jahren, wie immer.

Aber nein, nicht wie immer. Jetzt ist wer Compa ist 6,und pfeift auf den Scheiss-Tod.

Und die 6 ueberwaeltigend in ihrer Sturheit und sonst gar nichts: des ihr seid nicht allein, des nie mehr, des nicht nochmals, des nie wieder.

Ja und dann was sonst, das zerstoerte wiedererrichten.

Und dann kommen die Lehrer-Voelker, die Originalen und sie naehren uns mit ihren Worten, ihren Schmerzen, ihrer Rebellion, ihrem Widerstand.

Im Norden wird der Yaqui Tribu neuerlich angegriffen und die Wuerde wird eingesperrt, so al ob man die Erde hinter Gitterstaeben einsperren koennte.

Und dann das System, das verdammte kapitalistische System beschmiert die Geschichte mit Entsetzen. Wie das immer so ist.

Aber schnell haben wir gesehen, dass ´Ayotzinapa´ nicht nur den Schrecken ausdrueckt und dass die Ungerechtigkeit viele Namen hat, in vielen Zeiten, in allen Geographien.

»Ayotzinapa” drueckt auch die Wuerde aus, die bescheidenste, das heisst, die maechtigste. Die Familienangehoerigen der 46 die sich weigern, die Luege zu schlucken, Bestechungen zurueckweisen, dem Vergessen widerstehen, welches drohend an jedem neuen Kalenderblatt nagt.

Die Wuerde, die das Rad unserer Geschichte antreibt. Die keine Biographien verdient, keine Forschungsprojekte, keine Spezialisierungen, Ehrungen, Museen. Die Wuerde von unten, so unglaublich anachronisch fuer die von oben. So unverstaendlich. So stur. So drohend.

Und wenn wir sie anschauen, sehen wir uns. Und wenn wir sie anhoeren, dann hoeren wir uns. Und das Wort unserer Chefs und Chefinnen war ehrlich, als sie bei der Umarmung sagten »euer Schmerz ist unser Schmerz, unsere ist auch eure wuerdige Wut«.

Und wenn Widerstand und Rebellion sich in Kalender und Geographie finden, wir hier, nur ganz hinten, ohne Laerm zu machen, die Familienangehoerigen sollen hinauf gehen, fuer sie ist die Tribuene, damit andere Herzen sich mit ihrem Schmerz fuellen, dass ihr Herz wachsen moege beim Anhoeren anderer Worte. Ganz hinten, aber das schon, mit Heft und Bleistift. Schauen, hoeren, wissend und staunend.

Und dort oben, die Wettbewerbe am »Demo-drom«, der Kampf um die Tribuenen, die Social Media, die zerschlagenen Fensterscheiben, die guten und die schlechten Manieren, die Bewegung zur Klatschspalten-Geschichte verwandelt, und hier unten die schweigende Bruecke der Blicke.

Und dort oben die Berechnung, wie viel sie mit der Bewegung gewinnen; und hier unten die Frage: ´wo ist die Wahrheit? Wann gibt es Gerechtigkeit?´

Und dort oben die angebliche Radikalitaet, wo sie sich die Fuehrung der neuen R-E-V-O-L-U-T-I-Ó-N versprechen (die in Wirklichkeit bereits sehr alt ist), das Programmieren von Aktivitaeten, an denen sie dann nicht teilnehmen (den Angriff auf den Winterpalast macht man nicht in der Urlaubszeit) und die Familienangehoerigen allein, zitternd vor Kaelte und Wut.

Und unten eine anonyme Hand, die etwas gegen die Kaelte reicht, gegen den Regen, gegen den Aerger. Ein heisser Kaffee, ein Broetchen gegen das Knurren im Magen, eine Plastikplane gegen den Regen, etwas fuer die nassen Fuesse. Und ein Murmeln das sagt ´wenn alle gehen, dann bleiben wir niemand¨.

Und da draussen und da oben die guten Gewissen, die mit dem Finger auf das schlechte Benehmen zeigen. Die selbsternannten Disziplinarobrigkeiten, die sich in den Medien und in den Social Media niedgergelassen haben. Die Polizisten ohne Uniform aber mit einer grossen Audienz an Glaeubigen (man nennt sie »followers«).

Und da oben die Macht mit ihren alteingessenen Gewohnheiten: die gekauften Schreiberlinge, die Verleumdungen, die Luegen, die Unterjochung durch Medien und Justiz. Der vervielfaeltigte Tod: das Leben wird getoetet, die Erinnerung wird ermordet, die Wahrheit wird ermordet, die Gerechtigkeit wird ermordet: ¨schuld sind die Eltern, warum schicken sie sie in die Schule, anstatt sie als Hilfsarbeiter wegzuschicken«.

Und dort oben die Art und Weise dessen was gerade modern ist: die Wahlen, die Kandidaten, die ´Meinungsumfragen´. Und all dem ist gemein: ein tiefgruendige Verachtung der Vernunft, der Menschen, der Geschichte, der Realitaet.

Und dort oben wissen sie, dass sie nicht wissen, was man wissen muss: die Katastrophe kommt immer naeher. Aber sie meinen, wenn sie nicht darueber sprechen, dann verschwindet sie. Denn die Zeit, der Medienspektaktel, die internen Veraenderungen, die Wahlperiode, das Register, der Kredit, die Auslandsinvestitionen, Spanien, Griechenland. Alles kommt in Ordnung, keine Sorge. Ausserdem, wenn sie auf das Unwetter hinweisen wuerden, wuerden sie auch auf ihre Verantwortung hinweisen muessen ... und ihre Nutzlosigkeit.

Aber nein.

In einem Brief an seinen Bruder- protestiert einer und es rutscht ihm heraus ´hier glauben wir, dass alles schlechter werden wird, fuer alle, ueberall´

-*-

Und waehrenddessen, hier unten, in der Realitaet, hier kennt man die Wahrheit. Es fehlt an Gerechtigkeit.

Vorsichtig, damit die Erinnerung nicht zerstoert wird, wird nebenan das Zerstoerte hingebracht. Nicht um zu vergessen, sondern um darueber einen neuen Bau zu errichten. ´Eine andere viel bessere´ wie man hier sagt.

Das Kommen und Gehen von Menschen und Baumaterial, und der Regen und die Sonne, und die Kaelte und die Hitze, und der Hunger und die Muedigkeit, und die Krankheit.

Und der Krach wenn es heisst ´verdeckt das Gesicht, wir machen ein Foto, damit sie dort draussen wissen, dass wir hier Wort halten´.

Und der, der keinen Paliacate ergatterte noch eine Gesichtsmaske und sich daher das T-Shirt ueber den Kopf zieht, nur mit einem schmalen Schlitz fuer die Augen. Und jemand scherzt ´Zum Teufel, auch hier gibt es schon Spitzel´.

Und sie lachen. Aber man sieht nicht, dass sie lachen. Ich hoere sie lachen, aber das Foto hat keinen Ton, daher wird man nur sehen, dass sie das Gesicht verdeckt haben , und dann sieht man die Schaufel, den Hammer, die Saege, die Scheibtruhe, die Mischmaschine und dahinter ein Skelett von einem Haus oder einem Walfisch, oder was weiss ich.

Und dann gibt es dort auch schon die Loecher, aber das sieht man noch nicht sehr genau denn jemand muss erklaeren ´dieses Loch, da kommt eine Tuer und das andere dort, das wird ein Fenster werden´.

Aber wo man wirklich Blut schwitzt das ist bei den Rechnungen. ´Denn wir muessen richtig informieren, damit sie nicht denken, das Geld haben wir versoffen oder sonst irgendein Mist´. Und dann stimmt die Abrechnung nicht, also dann, das Ganze nochmals von vorne, bis alles geklaert ist, alle Eingaenge, alle Ausgaenge und was uebrig bleibt.

Un die Contras von der verdammten CIOAC-Histórica und Asesina die schicken ihre Spitzel. Und die Enttaeuschung: ´na sie werden nicht muede´, sagen sie, ´na die Waende sind ja schon fertig´, wiederholen sie, ´also das zweite Stockwerk wird schon errichtet´, entruesten sie sich, ´also die sind nicht aufzuhalten´, sagen sie resignierend.

Und ich sehe, dass das kein Skelett mehr ist, weder eines Hauses noch eines Walfisches. Ganz klar sieht man die Augen, die Muender, die Tueren und die Fenster.

Ja und dann malen sie die Wandgemaelde. Jemand sagt ´schoen waere es wenn das Pferd so waere´. Und sie lachen. Sogar die Selena lacht, und dabei wird sie bereits in Kuerze heiraten.

Und ich naehere mich um zu sehen, warum der Krawall. Ja weil sie bereits ein Datum fuer die Eroeffnung festsetzen. Dann werden sie ernst, denn bis zu diesem Datum wird es nicht fertig sein. Und dann wieder Gelaechter.

Dann, so wie das ueblich ist, nach der Eroeffnung , beim allgemeinen Tanz, regnet es. Und dann der Schlamm und sie tanzen weiter. Denn es wird nicht gefeiert, dass es eine Schule und eine Klinik in La Realidad gibt, sondern dass es Compas in der Realitaet gibt. Deshalb bleibt der Boden wie gerade gebuegelt nach der Tanzerei.

Und wo anders gibt es ein Meeting.

Und da habe ich ganz deutlich gehoert, dass die Chefinnen und Chefs sagten: »einstimmig uebereingekommen«.

Und sie rufen den Schulwart, das heisst, sie rufen mich. Und sie bitten mich um Rechnungslegung ueber das Gesehene und Gehoerte.

Und ich: ´nun gut, manchmal hoert man nicht gut oder man sieht nicht so genau´. Schweigen. Sie verstehen, dass das nicht die Antwort ist, noch nicht, aber das ist halt unsere Art und Weise, hin und her und hin und her und so kommen wir an.

Dann, nach einem langen Hin und Her sage ich es. Nicht viel, nicht wenig. Das Noetige.

Sie hoeren mich schweigend an. Dann sprechen sie. Einer sagt ´das ist das was wir sehen, dort woher ich komme´. ´Bei uns auch´ sagt ein anderer. Sie nicken. Sprechen weiter.

Es ist naemlich so, dass sie nicht fragten um zu wissen, sondern um zu bestaetigen.

Beim Hinausgehen haelt mich einer fest und sagt: ´so ist das schon immer gewesen seit 500 Jahren. Aber was wir lernen muessen, das ist dieses verflixte Algebra.´

Die Versammlung geht weiter.

Ich draussen in der Kaelte. Ich fluche passe aber auf, dass mich niemand hoert. Hoechstens die/der Katze-Hund. Als ich sehe, dass sie/er da ist, da ist es schon zu spaet. Aber die Geschichte die sie/er mir erzaehlt muss warten, denn ich weiss, dass die Chefitaeten jetzt Kalender und Geographie auf ihre Worte legen.

Es ist bereits im Morgengrauen als der Sub Moy kommt und mir einen Zettel ueberreicht.

´Alles auf einmal?´ frage ich ihn.

´Ja´ sagt er und fuegt hinzu ´und schreibe noch rein dass weitere Informationen folgen. Damit sie schon mal wissen, wer wann dran kommt´.

Und dann gibt er mir einige Pinsel. Ich will ihn schon ganz erschrocken fragen, ob ich damit kehren muss, als er sagt. ´die sind fuer den Sprung in der Wand´.

Ich warte ein wenig und frage. ´und die Farben?´

´Ach so´, sagt der SupMoy bereits zwischen Tuer und Angel der Huette, ´die werden die Besucher mitbringen´.

Und dann ging ich zur Anschlagtafel und schrieb alles in einem Zug auf. Und fertig.

(...)

Ach so! Ihr seht die Anschlagtafel nicht. Ok, ok, ok, das geht auf meine Rechnung. Da steht:

ANWEISUNG AN DIE SEXTA.., gut, ok, ok, ok, AN ALLE FRAUEN, MAENNER UND ANDERE:

Damit ihr es in euren Kalendern vermerkt und in eurer Geographie seht:

- Unterschiedliche Betrachtungen ueber das kritischen Denken, das beginnt mit dem Bericht ueber den Abschluss des Baus sowie der Einweihung der Schule-Klinik im zapatistischen La Realidad. Datum: ab 5. Maerz 2015, Sterbetag des Compañero Luis Villoro Toranzo. Ort: wo sich gerade jedeR befindet.

- Ausstehende Ehrung des Compa Luis Villoro Toranzo und Ehrung des Compa Galeano an seinem ersten Todestag. Datum: 2. Mai 2015. Ort: Caracol von Oventik. Ehrengaeste: Angehoerige von Don Luis Villoro Toranzo, Familienangehoerige der Fehlenden von Ayotzinapa und die Sexta.

-Beginn des Seminars «Kritisches Denken im Angesicht der kapitalistischen Hydra´. Datum: 3. bis 9. Mai 2015. Ort: Beginn im Caracol von Oventik, Fortsetzung im CIDECI in San Cristóbal de las Casas, Chiapas. Teilnehmer: Familienangehoerige der Fehlenden von Ayotzinapa, kritische Denker*innen, nationale und internationale und die EZLN. Ehrengaeste: die Sexta.

- Von Juli bis Dezember 2015.- Weltweites Seminar, ortsungebunden, anders, simultan, selektiv, massiv etc: «Kritsches Denken im Angesicht der kapitalistischen Hydra”. Ort: Planet Erde. Teilnehmer: Die Sexta und AnderEr.

- Kleine Schule Zweite Stufe (nur fuer jene, die die erste Stufe bestanden haben). Datum: 31. Juli, 1. und 2. August 2015. Ort: wird noch bekannt gegeben. Teilnehmer: nur jene, die die Einladung zur zweiten Stufe erhalten und die Aufnahmspruefung bestehen. Weitere Informationen folgen.

- Feierlichkeiten der Caracoles: Datum: 8. und 9. August 2015. Ort: die 5 zapatistischen Caracoles.

- Kleine Schule Dritte Stufe (nur fuer jene, die die zweite Stufe bestanden haben). Datum: November und Dezember 2015. Datum: wird noch bekannt gegeben. Ort: wird noch bekannt gegeben.

Ja dann also, das wars. Und wie wir hier sagen: »mehr Information kommt spaeter nach«.

Von dieser Seite des Sprunges in der Wand der kleinen Schule.
SupGaleano.
Vorlaeufiger Schulwart.
Mexiko, Maerz 2015.

SEKTION »AUS DEM NOTIZHEFT DER/DES KATZE-HUND«:

- Der Killer mit Gerichtsstand Mario Fabio Beltrones Rivera hat recht, wenn er sagt (die Kandidatur) von »Carmen Salinas macht die Politikerklasse nicht aermer«. Richtig, er fasst das besser zusammen als jeglicher Kommentarist: Carmen Salinas lebt vom Schauspiel, genauso wie die gesamte mexikanische politische Klasse.

- Die Unterschiede zwischen den Programmen der verschiedenen politischen Parteien sind ganz gleich wie die, die zwischen der Tigersalbe und der Aromatherapie bestehen. Beide sind nutzlos, aber eine ist modern und verhilft zu mehr intellektuellem Ansehen. Selbst bei der Esotherik gibt es Klassen mein Lieber.

(wird fortgesetzt ...)

 Quelle:  
  http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2015/03/04/en-el-tablon-de-avisos-el-conserje/ 
 

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