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Anmerkung über den Krieg gegen die Lehrer_innen im Widerstand

(Die Stunde des Polizisten 3).

EZLN vom 17.06.2016
übersetzt von lisa - colectivo malíntzin

  Juni 2016.
Aus dem Notizheft des Gato-Perro:
− Wir wissen es nicht für den Rest des Landes, jedoch in Chiapas sind die Oberen dabei, den medialen Krieg zu verlieren.

Wir haben komplette Familien gesehen, im ländlichen wie im städtischen Bereich, die die Lehrerschaft unterstützen. Und wir beziehen uns damit nicht auf Unterstützung in der Art von: »Diese Faust, die lässt sich sehen« oder: »Das vereinte Volk wird niemals besiegt werden«, — diese Parolen, die trotz der Distanz zwischen Kalendern und Geographien weiter die gleichen sind, weil unten die Solidarität weiterhin das Grundprinzip ist. Wenn in früheren Mobilisierungen der rebellischen Lehrerschaft die »Bürger« (ein Begriff, der die Ungleichheit versteckt) sich verärgert und überdrüssig zeigten, so haben die Dinge sich jetzt verändert.

Immer mehr Familien helfen den Lehrern, unterstützen sie in ihren Mobilisierungen und Märschen, sie ängstigen sich, wenn diese angegriffen werden, sie bieten ihnen Lebensmittel, Getränke und Zufluchtsorte an. Nach der Bewertung der Wahl-Linken sind diese Familien vom Fernsehen »verroht«, sie sind »Stullen-Fresser«, »entfremdet«, »werden geführt«, »haben kein Bewusstsein«. Scheinbar jedoch ist die ungeheure Medien-Kampagne gegen die Lehrerschaft im Widerstand gescheitert. Die Widerstandsbewegung gegen die Bildungsreform hat sich in einen Spiegel verwandelt für immer mehr Leute-Leute (das heißt, Leute, die keiner sozialen Organisation oder Partei angehören, sondern einfache Leute sind). Als ob ein kollektives Gefühl von Dringlichkeit angesichts der Tragödie, die herannaht, erwacht wäre. Als ob jeder Hieb mit dem Schlagstock, jede Gas-Granate, jedes Gummi-Geschoss, jeder Haftbefehl, die beredte Parole ausgäbe: »Heute greife ich sie, greife ich ihn an; morgen geht es dir an den Kragen.« Vielleicht stehen deshalb hinter jedem der Lehrer ganze Familien, die mit seiner Sache, seinem Kampf sympathisieren.

Warum? Warum wächst eine Bewegung, die von allen Seiten heftig angegriffen wurde, weiter? Warum, wenn sie doch »Vandalen«, »Faulenzer«, »Terroristen«, »Korrupte«, »Fortschrittsgegner« sind, begrüßen viele Leute von unten, und nicht wenige des Mittelstands, bis hin zu einigen von oben — wenn auch zuweilen stillschweigend — die Lehrerschaft, die das verteidigen, was jede Person verteidigen würde?

− »Die Realität lügt.« So hätte die Notiz-Überschrift der chiapanekischen Tageszeitung mit dem schlechten Namen und Ruf, »Cuarto Poder« (1), lauten können — ein Blatt, sehnsüchtig nach der Epoche des Großgrundbesitzes und der Herren des Galgens und des Messers. Sie »denunzierte« es als eine Falsch-Meldung, dass am 9. Juni in den Straßen von Tuxtla Gutiérrez — der Hauptstadt des südöstlichen mexikanischen Bundesstaates Chiapas — ein Volksfest zur Unterstützung der Lehrer_innen im Widerstand gefeiert wurde. Parachicos (2), Tänzer, Musiker, traditionelle Kleider, Rollstuhlfahrer, Marimbas, Trommeln, Pfeifen und Flöten, das Beste der Kunst der Zoques (3) — und tausende von Leuten, die den Widerstand der Lehrer_innen begrüßten. Vom »Erfolg« des medialen Krieges gegen die CNTE (4) zeugten Transparente wie: »Danke Lehrer, dass du mich das Kämpfen gelehrt hast«, oder: »Ich bin kein Lehrer, aber ich bin Chiapaneco, und ich bin gegen die Bildungsreform«.

Aber was die Leiter der »Cuarto Poder« ärgerte, war dieses, was mit mehr oder weniger Worten sagte: »Wenn sie den blonden Velasco (5) zum Regieren in die Wüste versetzen, wird dort in einigen Monaten der Sand knapp.«

− Nun, nach mehr als drei Jahren, in denen die angebliche »Bildungsreform« angekündigt ist, kann der Herr Nuño immer noch kein einziges, wenn auch minimales, Bildungsargument zu Gunsten seines »Programms der Personal-Einstellung« präsentieren. Seine Argumente waren bisher die gleichen wie die eines Großgrundbesitz-Verwalters aus der Epoche Porfirio Díaz’: hysterisches Schreien, Schläge, Drohungen, Entlassungen, Einsperrungen. Die gleichen Argumente wie sie ein trostloser und grauer Anwärter der postmodernen Polizei anwenden würde.

− Sie haben die Lehrer bereits geprügelt, Gas gegen sie eingesetzt, sie verhaftet und bedroht, sie ungerechterweise entlassen, verschwiegen, und sie haben bereits de facto den Ausnahme-Zustand in Mexiko Stadt erklärt. Was folgt? Dass sie sie verschwinden lassen? Sie umbringen? Wirklich? Wird die »Bildungs«reform auf Blut und Leichen der Lehrerinnen und Lehrer entstehen? Werden sie die durch Lehrer_innen besetzten öffentlichen Orte durch Polizei- und Militär-Posten ersetzen? Die Blockaden aus Protest durch Blockaden der Panzer und Bajonette?

− Lektionen für Nuño über Terrorismus. Geiseln zu nehmen (nichts anderes ist die Verhaftung der Leitungsmitglieder der CNTE), ist in jeder Form von Terrorismus (im Staatsterrorismus oder seinen fundamentalistischen Spiegeln) ein Mittel, um einen Dialog und eine Verhandlung zu erzwingen. Wir wissen nicht, ob sie sich dort oben darüber klar sind oder nicht, denn tatsächlich ist die andere Seite (die Lehrerschaft) diejenige, die den Dialog und die Verhandlung sucht. Oder hat sich die SEP (6) bereits dem IS angeschlossen und nimmt Geiseln lediglich um Terror zu verbreiten?

− Es gibt eine Anekdote, die innerhalb der Geheimdienste der Großmächte zirkulierte. Man sagt, dass die nordamerikanischen Geheimdienste, um die Medien-Schlacht im Krieg gegen Vietnam zu gewinnen, Szenarien der vollständigen Siege, der wachsenden Schwäche des Feinds, der moralischen und materiellen Stärke der eigenen Truppen kreierten (das ist der Ausdruck dafür). Tatsächlich jedoch musste die Strategie, die zu Anfang darauf zielte, »die Köpfe und Herzen« der Vietnamesen »zu gewinnen«, in den Straßen der großen Städte innerhalb der USA verbreitet werden.

Nach diesem April 1975 (7) — der an die Niederlage am Playa Girón im würdigen Kuba erinnerte, im selben Monat, jedoch im Jahr 1961 — sagte ein nordamerikanischer Beamter: »Das Problem ist, dass wir so viele Lügen für die Medien produzieren, dass wir selbst anfangen sie zu glauben. Wir schufen eine Szenographie des Sieges, die unsere Niederlage versteckte. Unser eigenes schrilles Geschrei verhinderte, dass wir das Getöse unseres Zusammenbruchs hören konnten. Es ist nicht schlecht zu lügen, schlecht ist es, die eigenen Lügen zu glauben.«

Letztendlich, es ist ja klar, wir Zapatistinnen und Zapatisten, wir wissen nicht viel über Kommunikationsmedien. Nach unserer bescheidenen Meinung ist es jedoch ein schlechtes Geschäft, einen trostlosen und grauen Großgrundbesitz-Verwalter, der Polizist sein möchte, an die Spitze einer Medienkampagne für eine unverschämte Privatisierung zu setzen.

− Die ersten Versuche der Kinder in Kunst und Wissenschaft anzubahnen, das ist das, was die Lehrer, Lehrerinnen und LehrerInnen tun.

Beglaubigt.
Miau-Wau.

Anmerkungen der_die Übersetzer_in:
(1) wörtlich übersetzt: »Vierte Macht«
(2) Parachicos: traditionelle Tänzer_innen der großen alljährlichen Fiesta in Chiapa de Corzo
(3) Zoques: eines der Maya-Pueblos in Chiapas
(4) CNTE: Coordinadora Nacional de Trabajadores de la Educación; Zusammenschluss unabhängiger Lehrergewerkschaften; seit 1979, mit langer Kampfgeschichte
(5) Manuel Velasco Coello; Gouverneur von Chiapas; sein despektierlicher Name: »der Blonde/ el güero«
(6) SEP: Secretaría de Educación Pública; mexikanisches Bildungsministerium
(7) 30. April 1975: »Fall von Saigon«; chaotische US-amerikanische Evakuierung der letzten Truppen aus Vietnam; damit das Ende des Vietnam-Kriegs

 Quelle:  
  http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2016/06/17/17193/ 
 

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