Neue Nachrichtenagentur in Mexiko: Eigene Stimme für indigene Frauen

Die Nachrichtenagentur „Notimia“ kämpft gegen Diskriminierungen in der Berichterstattung. Bei rund 68 Sprachen in Mexiko kein einfaches Ziel.

Zwei Frauen rollen Zigarren

Medien reproduzieren oft Geschlechtervorurteile und könnten von „Notimia“ lernen Foto: imago/blickwinkel

Die Homepage und die Facebook-Seite von Notimia, der ersten „Nachrichtenagentur von Frauen indigener und afrikanischer Herkunft“, funktionieren schon. Prominent auf der Seite platziert stehen Texte vom „Forum Indigener Fragen der Vereinten Nationen“ aus New York – die erste Veranstaltung, von der Notimia in größerem Umfang berichtete. Gleich elf ReporterInnen waren bei der Tagung Ende April zugegen, sagt Yalina Ruiz. Die 27-jährige Journalistin war eine von ihnen – und zählt zu den Gründungsmitgliedern von Notimia.

Offiziell haben sie und ihre Mitstreiterinnen die Nachrichtenagentur bereits am 5. April in Mexiko-Stadt vorgestellt. Gefördert wird das Projekt von der UN-Frauenorganisation ebenso wie von der „Allianz indigener Frauen in Mittelamerika und Mexiko“. „Zu unserem Netzwerk von mehr als zweihundert Korrespondenten in Mexiko und weiteren dreihundert in Lateinamerika gehören auch Organisationen und AutorInnen mit afrikanischem Background – aus Mexiko, aus Nicaragua, Guatemala oder Kolumbien“, sagt Ruiz.

Sie selbst hat indigene Wurzeln, ist jedoch in Mexiko-Stadt aufgewachsen. Ihre Eltern sind Zapoteken, stammen aus der Sierra Norte des Bundesstaates Oaxaca und haben ihrer Tochter die zapotekische Identität nahegebracht. „In den vergangenen Monaten habe ich an meinem Zapoteco gefeilt“, sagt sie. „Ich will meine Texte übersetzen können und irgendwann auch die Bücher meiner Mutter auf eine digitale Plattform stellen.“

Da es allein in Mexiko rund 68 Sprachen gibt, die von traditionellen Medien kaum bedient werden, soll das Übersetzen von Berichten, Reportagen und Interviews zum Angebot von Notimia zählen, sagt Ruiz. Sie hat an der Autonomen Universität Mexikos (UNAM) Kommunikation studiert und später als Dozentin gearbeitet, bevor sie auf die erste Konferenz „Indigener und Afroamerikanischer JournalistInnnen“ (ECIA) aufmerksam wurde. Diese Veranstaltung war die Keimzelle für Notimia. Die Agentur soll „Frauen eine eigene Stimme geben“, sagt Guadalupe Martínez von der „Allianz indigener Frauen in Mittelamerika und Mexiko“, die eine treibende Kraft hinter der Gründung der Agentur war.

Mit Vorbildfunktion

„Wir brauchen eine unabhängige Nachrichtenagentur, die auf Themen für Frauen und von Frauen sowie auf die Rechte von Frauen aufmerksam macht. Gewalt gegen Frauen ist beispielsweise ein Problem, von dem wir in ganz Lateinamerika betroffen sind“, sagt sie.

Notimia will Berichte über den Alltag in den Gemeinden in der jeweiligen Sprache der Gemeinden anbieten, aber auch Texte über Menschenrechte und indigene Kultur. Das sind Themen, die in den Medien oft nicht stattfinden – die für kommunale Radios aber ebenso von Interesse sein könnten wie für traditionelle Medien. Die reproduzierten oft Geschlechtervorurteile und könnten von Notimia lernen, sagte Juliette Bonnafé von der UN-Frauenorganisation bei der Präsentation der Agentur Anfang April in Mexiko-Stadt.

Doch viel mehr als die Homepage, eine Facebook-Seite und viel verbale Unterstützung von Frauenorganisationen hat Notimia bisher nicht. „Natürlich müssen wir mittelfristig auch Geld verdienen, um unsere Recherchen zu finanzieren“, sagt Yalina Ruiz. Bisher gebe es weder ein Büro noch Tarife für die Nutzung von Notimia-Texten. In vielen Bereichen stehe man noch am Anfang. Deshalb hat sie ihr Flugticket nach New York zur UN-Konferenz selbst bezahlt und arbeitet noch ehrenamtlich für Notimia.

Von der Konferenz in New York berichteten ReporterInnen aus Nicaragua, Bolivien und Kolumbien, die wichtige Debatten der UN-Konferenz auch live ins Netz stellten. „Das war etwas Neues“, sagt Yalina Ruiz. Sie hat sich vorgenommen, über die Konferenz noch ein Feature auf Zapateco zu verfassen. Ihre Eltern wird es freuen.

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