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USA, Mexiko und Kanada wollen enger zusammenarbeiten

Poonal vom 04.04.2006
Von Wolf-Dieter Vogel

  (Mexiko-Stadt, 1. April 2006, poonal).- Keine wirtschaftliche Prosperität ohne Sicherheit. Deshalb müsse man sicherstellen, so meinte der US-amerikanische Präsident George W. Bush zum Abschluss des Nordamerikagipfels am vergangenen Freitag (31. März), dass die ausgiebigen Grenzen der USA "geschützt werden". Zugleich unterstützte Bush auf dem gemeinsamen Treffen der Staatschefs Mexikos, Kanadas und der USA einen Vorschlag des US-Senats, der auf eine Liberalisierung der Einwanderungsgesetze in den USA hinauslaufen könnte. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir ein Gesetzesprojekt erreichen werden," sagte er mit Blick auf den Entwurf. Ob der US-Präsident aber letztlich sein Veto einlegt, wenn der Vorschlag nicht angenommen wird, ließ Bush auf dem Gipfel im Rahmen der "Allianz für Sicherheit und Prosperität in Nordamerika" (ASPAN) im mexikanischen Karibikbad Cancún nicht wissen. "Neue Sicherheitsgesetze und eine Reform der Einwanderungsgesetze" würden jedenfalls "die Beziehungen der drei Staaten künftig stärken und nicht schwächen", sagte Bush.

Zwei Tage lang diskutierten Mexikos Regierungschef Vicente Fox, der kanadische Präsident Stephen Harper und Bush über Sicherheit, Migration und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die ohnehin schon über den Freihandelsvertrag NAFTA miteinander verbundenen Staaten einigten sich darauf, in Zukunft auf ökonomischem Terrain noch enger zusammenzuarbeiten. Im Vordergrund der Debatte stand jedoch angesichts der jüngsten Mobilisierungen lateinamerikanischer Migrantinnen und Migranten in den USA und des Senatsentwurfs die Einwanderungspolitik der drei Staaten.

Der Vorschlag der US-Senatskommission sieht beides vor: liberalere Einwanderungsregelungen im Rahmen eines zeitlich begrenzten "Gastarbeiterstatus` und eine Verdoppelung der Patrouillen an der US- amerikanisch-mexikanischen Grenze auf etwa 22.000 Beamte. Die rund zwölf Millionen illegal in den USA lebenden Einwanderer sollen einen rechtlichen Aufenthaltsstatus und 1,5 Millionen landwirtschaftliche Arbeiter eine Arbeitserlaubnis bekommen. Zudem soll jährlich 400.000 Arbeitsmigranten ein für drei Jahre gültiges Visa ausgestellt werden. Ob die Vorschläge den Senat passieren, ist noch offen. Zwar hat der Entwurf die Unterstützung des US-Präsidenten, doch der rechte Flügel seiner republikanischen Partei läuft gegen das Vorhaben Sturm.

Dennoch hat die Kommission Zeichen gesetzt: das Gremium hat sich gegen ein nach seinem Verfasser, dem Abgeordneten James Sensenbrenner genannte "Sensenbrenner-Gesetz" gestellt. Dieser im Dezember vom Kongress verabschiedete Entwurf sieht vor, illegal in den USA lebende Migranten strafrechtlich zu verfolgen. Zudem soll eine 1100 Kilometer lange Mauer an der mexikanisch-US-amerikanischen Grenze Menschen an der Einwanderung hindern. Außerdem soll kriminalisiert werden, wer Migranten bei ihrem Grenzübertritt in die USA Unterstützung leistet. Diese Pläne sind nun möglicherweise vom Tisch.

"Der Reformvorschlag ist ein Ergebnis der Mobilisierung der Migranten in den USA," erklärt Maricarmen Ramírez von der NGO Comunidades y Ejidos Municipalistas. Sie verweist auf die Demonstrationen der letzten Tage, bei denen Hunderttausende gegen schärfere Einwanderungsbeschränkungen auf die Straße gegangen sind. Andere mexikanische Migrantenorganisationen forderten den Präsidenten Fox umgehend auf, die Resolution der Senatskommission nicht als seinen Erfolg zu verkaufen.

Nicht zu Unrecht befürchten die Organisationen diese Vereinnahmung. Schließlich war Fox bemüht, die neue Entwicklung auf sein Konto zu verbuchen. "Ich finde es gut, dass wir vorankommen," reagierte der Staatschef auf den Senatsentwurf. Für Fox und dessen konservativ- liberale Partei der Nationalen Aktion (PAN) könnte ein Fortschritt in der US-Einwanderungspolitik nicht günstiger kommen. Seine Amtszeit läuft im Dezember aus, und in drei Monaten wird in Mexiko ein neuer Präsident gewählt. Wer gewinnen will, muss für die Ausgewanderten Stellung beziehen. Schließlich leben schätzungsweise 25 Millionen Mexikaner in den USA, mindestens sechs Millionen von ihnen ohne legalen Aufenthaltsstatus. Viele Familien haben ihre Angehörigen nördlich der Grenze, deren Geldüberweisungen sind die zweitgrößte Devisenquelle des Landes.

Fox hatte nach seiner Amtsübernahme vor sechs Jahren erklärt, er werde mit der US-Regierung eine rechtliche Grundlage für die illegal lebenden Migranten aushandeln und sich für eine Öffnung des US- Arbeitsmarkts für mexikanische Arbeiter einsetzen. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 endeten jedoch alle Versuche, mit dem US-Präsidenten über Einwanderungserleicherungen zu verhandeln. Jede Debatte fand nur noch unter dem Aspekt der Terrorismusbekämpfung statt. Die mexikanische Regierung akzeptierte sogar ein Rückführungsprogramm, mit dem festgenommene illegal Eingewanderte auf Kosten der US-Regierung in ihre Heimat zurückgeflogen wurden. Die Gesprächsgrundlage verschlechterte sich zudem, nachdem Mexiko der USA im UN-Sicherheitsrat die Zustimmung zum Irak-Krieg versagte. Zudem warf die US-Regierung in aller Regelmäßigkeit vor, nicht entschieden genug gegen die Drogenmafia vorzugehen.

Erst auf den geplanten Bau des 1100-Kilometer-Schutzwalls reagierte Fox wieder offensiver: "Das ist eine Schande und eines demokratischen Landes unwürdig." Selbst konservative Kommentatoren kritisierten damals das "Sensenbrenner-Gesetz" als rassistisch. Sollten nun tatsächlich einige der im US-Senat diskutierten Gegenvorschläge Wirklichkeit werden, wird der Fox-Parteifreund und PAN- Präsidentschaftskandidat Felipe Calderón gegenüber seinen Kontrahenten einen wichtigen Punktsieg erlangen.

Auf dem ASPAN-Treffen einigte sich Fox zudem mit seinem kanadischen Kollegen Stephen Harper auf eine verstärkte Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik. Bush versprach er, man wolle eine "sichere Grenze, und zwar genauso für unsere Mitbürger wie auch im Interesse unserer Beziehung zu den USA". Der ehemalige Außenminister des Fox- Kabinetts Jorge Castañeda stellte indes klar, was unter einer umfassenden Migrationsvereinbarung mit den USA zu verstehen ist. Auf der internationalen Bühne erhalte man nichts, ohne auch was zu geben, schrieb er in einem Kommentar für die konservative Tageszeitung Reforma. Deshalb müssten Unterstützungsprogramme auf dem Land für jene Familien verstärkt werden, deren Oberhaupt nachweislich nicht in die USA ausgereist sei. Zudem müssten die von den USA eingeklagten "Kontrollen im Istmus von Tehuantepec" installiert werden. Als schmaler Landstrich zwischen Atlantik und Pazifik gilt die Region als Nadelöhr für Migranten aus dem zentralamerikanischen Raum, die sich auf dem Weg "gen Norden" befinden.


Quelle: poonal
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