Der Maya-Zug: Traum oder Alptraum?*
npla vom 04.12.2018 | |
Victor M. Toledo |

In Mexiko basiert die Diskussion zu einem großen Teil auf der Angst, dieses Megaprojekt könne ein weiteres von denen sein, die in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Regionen des Landes verwüstet haben. Wir selbst haben 560 soziale und Umweltkonflikte sowie Widerstandsaktionen im Land registriert, die durch Großvorhaben im Bergbau, Energiesektor, wegen der Auseinandersetzung um Wasser, Straßen, Tourismus, usw. provoziert wurden. Die Frage ist: Wie kann eine Regierung, die sich als anti-neoliberal bezeichnet, Megaprojekte durchführen und dabei sicherstellen, nicht genau das zu wiederholen, was die neoliberalen Regierungen blindlings gefördert haben?
Yucatán als Schauplatz eines Kampfes zwischen Tradition und Moderne

Die Modernisierungspole gründen ihre Stellung vor allem auf Projekte im Tourismus, Handel und Immobiliensektor. Bisher verursachen diese Entwicklungen Zerstörung und Verlust von biokulturellem Erbe. Sie modifizieren substantiell die Landschaften, indem sie unterirdische Flüsse, Quellen und Cenotes (mit Süßwasser gefüllte Kalksteinlöcher), usw. schädigen, um Städte und Hotels zu errichten. Bisher hat die Branche für den Luxustourismus, die von multinationalem Kapital dominiert wird, keinen ausgeglichenen und gerechten Fortschritt bewirkt, sondern genau das, was im Rest des Landes drei Jahrzehnte neoliberaler Politik angerichtet haben.
Dennoch haben es landeinwärts die biokulturellen und geopolitischen Widerstände geschafft, große Teile des Maya-Urwaldes und etwa 3000 archäologische Stätten zu erhalten. Das Herz der Halbinsel ist voll von Erfahrungen, die von der Kooperation genährt sind. Ein allgemeiner Überblick schließt die Kautschuk-Genossenschaften (3000 Produzent*innen mit ihren Familien), die 49 Ejidos mit Gemeindeschutzgebieten (Hunderttausend Hektar Urwald), die forstwirtschaftlichen Ejidos im Süden Quintana Roos, die eine Million Hektar bewirtschaften, die 20.000 in 169 Genossenschaften organisierten Imker*innen, die Honig nach Europa exportieren, sowie zahllose Projekte, die den Bio-Anbau von Mais in der Milpa (Mehrfruchtanbau) betreiben, ein. Dazu kommt das neu geschaffene Biokulturelle Schutzgebiet Puuc, eine Initiative von fünf Maya-Landkreisen (Muna, Ticul, Santa Elena, Oxkutzcab und Tekax). Dieses Gebiet umfasst 136.000 Hektar. Außerdem gibt es zahlreiche Kooperativen und Netzwerke für Kunsthandwerk, Nahrungsmittel und alternativen Tourismus. Diese Erfahrungen sind Beispiele für eine ökologische, soziale und solidarische Wirtschaft, wo sich kollektiver Reichtum und biokulturelle Verteidigung ballen.
Zusammengefasst: Damit der Maya-Zug die Verwirklichung eines Traumes und kein neuer Alptraum wird, muss dieses Vorhaben Teil eines Maya-Plans für das Leben der ganzen Region sein, im Sinne »einer Modernität von unten und für alle«. Das bedeutet die abgestimmte Beteiligung von Bundesregierung, Bundesstaaten und Kommunen und dieses Sektors mit den Gemeinden, Völkern und Städten. Dieser Plan, an dessen Spitze die neue Regierung stehen muss, muss den »Kulturkonflikt« anerkennen, sich auf die korrekte Seite stellen, und nicht nur in Zusammenarbeit mit den Maya-Völkern und Organisationen durchgeführt werden, sondern auch mit akademischen Zentren und deren Forscher*innen und Expert*innen, Umweltschutzorganisationen sowie Gemeinschafts- und Privatunternehmen der Region.
*Die komplette Version dieses Textes schließt Kartographie, Videos und Bibliographie ein.
Víctor M. Toledo steht der neuen Regierung und Präsident Andrés Manuel López Obrador nahe.

Quelle: https://www.npla.de/poonal/der-maya-zug-traum-oder-alptraum/
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