Nach Protesten gegen Polizeigewalt in Mexiko: Mutmaßliches Verschwindenlassen von Demonstrierenden vor den Augen der Polizei

Ökubüro äußert sich alarmiert und fordert lückenlose Aufklärung der jüngsten Ereignisse in der Stadt Guadalajara (Jalicso)

Öku-Büro München vom 09.06.2020

 

Öku-Büro München

Mexiko-Stadt (7.Juni 2020) In den letzten Tagen gab es in Mexiko zahlreiche Proteste wegen des Mordes an dem 30jährigen Maurer Giovanni López. López war am 5. Mai in dem Ort Ixtlahuacan de los Membrillos (Bundesstaat Jalisco) in Polizeigewahrsam ums Leben gekommen. Die Tat blieb über einen Monat lang unbekannt, da seine Familie von der Polizei bedroht wurde.

Zu dem Verbrechen an Giovanni López, seiner Vertuschung und den Drohungen gegen seine Familienangehörigen kommt jetzt ein weiteres hinzu: Die Repression gegen diejenigen, die demonstrierten, um Gerechtigkeit für Giovanni und ein Ende der Polizeigewalt zu fordern - einer Polizeigewalt, die in Mexiko ein weit verbreitetes Übel darstellt.

Wie Mitglieder der Menschenrechtsorganisation Red Nacional de Organismos Civiles de Derechos Humanos »Todos los Derechos para Todas y Todos (Red TDT) und des Hochkommissariats für Menschenrechte der Vereinten Nationen in Mexiko berichten, missbrauchten Polizeikräfte in der Stadt Guadalajara ihr Amt und gingen mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen die Demonstrierenden vor, die Gerechtigkeit für Giovanni forderten.

Das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit ist besonders besorgt darüber, was am Freitag, 5.Juni 2020 in der Nähe der Staatsanwaltschaft von Jalisco geschah. Dort wurden überwiegend junge Leute - unabhängig davon, ob sie demonstrierten oder nur vorbeigingen - von in Zivil gekleideten Personen angegriffen. Viele von ihnen wurden in Pick-ups ohne Kennzeichen weggebracht. In der Nacht von Freitag, 5. auf Samstag. 6. Juni berichteten unterschiedliche Quellen über 25 bis 30 derartiger Fälle von Verschwindenlassen. Bis heute, 7. Juni 2020, sind zwei Personen nicht wieder aufgetaucht.


Das Vorgehen der Behörden gibt Anlass zur Sorge. Anstatt Informationen über den Aufenthaltsort der Verschleppten zu geben und die Grundrechte der Demonstrierenden zu wahren, beschäftigte sich der Gouverneur des Bundesstaates Jalisco, Enrique Alfaro, am Freitag damit, die Protestierenden zu kriminalisieren. Er behauptete, sie seien von der Partei MORENA nach Guadalajara geschickt worden, um die Regierung des Bundesstaates zu destabilisieren. Auch seine Auftritte am Samstag brachten nicht mehr Klarheit. Es entstand vielmehr der Eindruck, dass in Jalisco kein Rechtsstaat existiert, sondern die Dinge passieren, weil der Gouverneur es im Guten wie im Schlechten so befiehlt.

»Es ist besorgniserregend, dass Personen in Zivilkleidung vor den Augen der Polizei Demonstrant*innen verschleppen. Und obendrein gleichen diese beklagenswerten Vorfälle einem Film, den wir schon einmal gesehen haben: Die Aktionen, die Repression, der plumpe Versuch einer Rechtfertigung mit der Aussage, es seien chilangos (Bewohner*innen von Mexiko-Stadt) gewesen, Polizeikräfte, die Chaos stiften, junge Leute, die verschwindengelassen werden... Es ist wie ein Déjà-vu aus dem Mai 2004. Und um das Panorama der fortgesetzten Straflosigkeit der Behörden komplett zu machen: Der aktuelle Staatsanwalt ist derselbe wie damals,« betont Daniel Tapia Montejo, Referent für Mexiko und Menschenrechte des Ökubüros. Und fügt hinzu: »Es war absehbar: Da das staatliche Vorgehen 2004 straflos blieb, würde es sich eines Tages wiederholen. Die Aktivist*innen können noch soviel protestieren — und es ist gut, dass sie das tun — solange die Regierung (in diesem Fall der von Alfaro regierte Bundesstaat) nicht eingreift, wird dasselbe immer wieder passieren.


Das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit solidarisiert sich mit der Familie von Giovanni López und mit allen Opfern der entfesselten Repression und fordert von den zuständigen staatlichen Stellen:



GERECHTIGKEIT FÜR GIOVANNI!

Protest ist ein Recht, Repression ist ein Verbrechen!


Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V.
Kontakt:Daniel Tapia Montejo
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