Hurrikan Stan hinterlaesst Verwuestungen in zapatistischen Gemeinden
Indymedia vom 25.10.2005 | |
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Mitglieder von 4 europaeischen Kollektiven besuchen derzeit die vom Hurrikan Stan schwer betroffenen Gebiete in Chiapas. Hier ein erster Bericht und ein Aufruf zur Unterstuetzung der zapatistischen Gemeinden.
An das Unterstuetungsnetzwerk der Zapatisten in Europa:
Nachdem wir uns mit der Junta (Versammlungen) der Guten Regierung in La Realidad besprochen haben, besuchen sechs compañeros von verschiedenen europaeischen Kollektiven die vom Hurrikan Stan betroffenen Gebiete in denen sich zapatistische Unterstützungsbasen befinden. Wir kamen nach Belisario Domínguez, wo wir das Dorf (comunidad) Che Guevara besuchten, das zur autonomen Gemeinde (municipio) "Tierra y Libertad" gehoert. Dieses Dorf hat 30 Hektar die 2002 von einem Grossgrundbesitzer zurueckerobert wurden die dieser sich vor 10 Jahren angeeignet hatte. Die Doerfer in dieser Gemeinde sind verteilt in den Zonen Sierra, Costa und Fronteriza und gehoeren zum Caracol von La Realidad. Wir fanden die 11 zapatistischen Familien mit insgesamt 48 Personen in einem einzigen Haus lebend. Obwohl es schon sehr spaet war, erwarteten uns die Familien. Morgens teilten sie mit uns das wenige Essen das sie haben — erhalten von der Junta — und begleiteten uns, um die Ruinen ihres Dorfes zu sehen. Zuerst kamen wir an einen leeren Strand an dem frueher das Haus und die Gaerten des Gesundheitspromoters waren, von denen nicht eine Spur uebrig ist. Dort gab es auch ein Gesundheitszentrum welches die drei Zonen betreute (obwohl jedes Dorf auch seinen Gesundheitspromotor hat, sagten sie uns). Ein wenig weiter vorne fanden wir das total zerstoerte Fortbildungszentrum in welchem sich die Gesundheits- und Erziehungspromoteren der drei Zonen befaehigten und welches seit drei Monaten, nach einem Jahr organisatorischer Anstrengung, in Betrieb war. Weiters hatte es einen Schlafsaal, Kueche und Bad. Von der autonomen Schule blieb nur das Dach uebrig, sie ist voellig vergraben. Weiters zeigten sie uns den Sarg des bis jetzt einigen Todesopfers: einer alte Frau die nicht gehen konnte und die sie nicht rechtzeitig evakuieren konnten. Ein anderer compañero, der seinen Mais und sein Eigentum nicht verlassen wollte, wurde schwer verletzt und liegt im Spital. Zurueck beim Haus in dem sich die 11 Familien zusammenpferchen erzaehlen sie uns die Ereignisse: "Am dritten Regentag fing das Wasser zu schlagen an. Wir hatten keine Zeit irgendetwas zu ergreifen, nur das Gewand das wir am Koerper trugen und die Kinder. Die Haeuser fielen hinter uns zusammen." "Im Dorf befanden sich einige Promotoren zur Weiterbildung und gemeinsam, mehr als 60 Personen, mussten wir auf den Berg steigen, bei Nacht. Hinter uns hoerten wir den Laerm der fallenden Daecher. Der Berg fing zu fallen an, deshalb mussten wir weiter hinein gehen. Wir verbrachten die ganze Nacht an Baeume geklammert, bei Regen." "Am Morgen sandten wir zwei Kommisionen. Eine um den Zustand des Dorfes festzustellen und die andere weiter in die Berge hinein um einen Platz zu suchen an dem wir bleiben konnten und ein Mann bot uns sein Haus, Gewand und Essen an." Nach zwei Tagen, erzaehlten sie uns, kehren sie ins Dorf zurueck und sie blieben in der Gemeinde, gemeinsam mit den anderen Geschaedigten von Belisario Domínguez, die gedacht hatten "dass die Zapatisten schon erledigt sind". Dort hatten sie Probleme weil sie die PRIisten beschuldigten, dass ihre Anwesenheit der Grund war dass sie keine Hilfe erhielten. Deshalb gingen sie und kamen bei einer Cousine von einem von ihnen, waehrend die Promotoren in ihre Doerfer zurueckkehrten. Dann erhielten sie die Hilfe der Junta, die einzige die sie bis jetzt erhalten haben.
Schon haben sie mit dem Wiederaufbau begonnen. Als erstes bauen sie provisorische Unterkuenfte und eine kleine Holzbruecke. Auf unsere Frage haben sie uns die dringensten Notwendigkeiten genannt. Zum Brueckenbau brauchen sie dickes Kabel und Riemenscheiben. Grundnahrungsmittel: Bohnen, Maismehl, Zucker, Oel. Weiters Chlor, Seife, einen Trinkwasseraufbereiter, Schlaeuche, paracetamol (fuer Erwachsene und Kinder), naproxen, Thermometer, Antibiotika, Aspirin... Der Promoter schildert uns dass sie nach der Nacht am Berg Fieber, Durchfall, Husten, Grippe... haben, vor allem die Kinder. Die Situation wird ernster weil sie ihre Anbauwerkzeuge, vor allem die Fruchtpresse, den Trockner und die Kaffeetanks, Vorratskeller, die Bienen und andere Tiere verloren haben. Wenn mensch nicht schnell handelt koennte auch der gerettete Teil der Ernte verloren gehen. Definitiv, die Situation ist ein Notfall und nachdem was uns einige compañeros schildern, ist die Situation in den Gemeinden die wir die naechsten Tage besuchen werden schlimmer. Trotz allem beeindruckte uns die Gelassenheit der compañeros, obwohl, wie sie uns sagten, "mensch wird sehen ob es weiter oben einen besseren Platz gibt, aber wo sind wir sicher? Jetzt sind wir nicht mehr sicher. Wir sind am Nullpunkt, wir haben nichts. Aber das Leben geht weiter, wir koennen nicht weitermachen ohne zu kaempfen.
Mitglieder von 4 europaeischen Kollektiven: "Colectivo de Solidaridad con la Rebelión Zapatista" aus Barcelona, "Campaña: Una Escuela para Chiapas" aus Athen, CSPCL aus Paris, "Terres à terres" aus Le Havre, Frankreich.
Originalnachricht mit dem Titel "A la Red de Apoyo Zapatista de Europa" (spanisch):
www.pangea.org/ellokal/chiapas/noticiasbd/item12410.htm
Quelle: http://at.indymedia.org/newswire/display/54662/index.php
URL der Nachricht: https://www.chiapas.eu/news.php?id=1119