Erklärung der 3. Mexikoweiten Versammlung für das Wasser und das Leben

(mit Ausblick auf kommende Aktionen)

CNI vom 15.08.2023
übersetzt von: Katalina

 

15. August 2023

STOPPT DEN KRIEG GEGEN DIE ZAPATISTISCHEN PUEBLOS!



An die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung − Ejército Zapatista de Liberación Nacional, EZLN
An die Sechste Kommission − Comisión Sexta der EZLN
An den Nationalen Indigenen Kongress − Congreso Nacional Indígena, CNI
An den Indigenen Regierungsrat − Concejo Indígena de Gobierno, CIG
An Ma. de Jesús Patricio Martínez, Sprecherin des CNI-CIG
An die Bevölkerung der Welt, die Widerstand gegen das kapitalistische und patriarchalische System leistet
An die Pueblos Originarios, die ursprünglichen Stämme, Naciones, Gemeinschaften und Nachbarschaften, die nie erobert wurden
An die Pueblos, die im Tal von Mexiko − Cuenca de Anáhuac kämpfen und Widerstand leisten
An die afrostämmigen und indigenen Pueblos von Abya Yala
An das widerspenstige, würdevolle und rebellische Europa
An die Sexta Nacional e Internacional
An die Netzwerke des Widerstands und der Rebellion
An diejenigen, die die Erklärung für das Leben unterzeichnet haben
An alle Menschen auf der Welt, die gegen den Kapitalismus kämpfen
An die freien, unabhängigen, alternativen Medien oder wie auch immer sie sich nennen...
Alle Geschwister.

Ihr seid im Haus der indigenen Pueblos und Gemeinschaften „Samir Flores Soberanes« herzlich willkommen.

Wir, die Unterzeichnenden, sind die 834 Teilnehmer*innen der Dritten Mexikoweiten Versammlung für das Wasser und das Leben, die am 12. und 13. August im Pueblo Originario San Gregorio Atlapulco, Xochimilco, Mexiko-Stadt stattfand; wir kommen aus 209 Organisationen, Kollektiven, Netzwerken, Pueblos Originarios und ansässigen indigenen Gemeinschaften, von freien Medien oder sind Einzelpersonen. Wir können auch berichten, dass 21 Bundesstaaten der mexikanischen Republik, darunter Baja California Norte, Chiapas, Mexiko-Stadt, Durango, Estado de México, Guanajuato, Guerrero, Hidalgo, Jalisco, Michoacán, Morelos, Nayarit, Nuevo León, Oaxaca, Puebla, Querétaro, Quintana Roo, San Luis Potosí, Sonora, Tlaxcala, Veracruz hier vertreten waren sowie Anwesende und Teilnehmer*innen aus neun Ländern der Welt: Deutschland, Argentinien, Costa Rica, Vereinigte Staaten von Nordamerika, El Salvador, Spanien, Frankreich, Japan und Italien. In sechs Arbeitsgruppen diskutierten, analysierten, überlegten und vereinbarten wir Aktionen zur Verteidigung des Wassers und des Lebens und gegen den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos.

Infolgedessen und auf der Grundlage der sieben zapatistischen Prinzipien des gehorchenden Befehlens ergeht aus San Gregorio Atlapulco, Xochimilco, die folgende…

ERKLÄRUNG:

Erstens. Wir Pueblos, Nachbarschaften, Stämme, Naciones, Gemeinschaften, Organisationen, Kollektive, Männer und Frauen, die Widerstand gegen das kapitalistische und patriarchale System leisten und für die Verteidigung des Wassers, das Territorium, Mutter Erde und die Autonomie unserer Pueblos kämpfen, prangern den Vernichtungskrieg an, der in unseren Territorien geführt wird — insbesondere den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos. Dieser Krieg ist durch Ausbeutung, Enteignung, Unterdrückung und Verachtung geprägt und basiert somit auf den vier Rädern des Kapitalismus. Als Verteidiger*innen des Wassers und des Lebens prangern wir dieses System der Zerstörung und des Todes an.

Zweitens. Der Krieg, mit dem wir, die Pueblos, Gemeinschaften, Nachbarschaften, Stadtviertel, Stämme und Naciones in ganz Mexiko konfrontiert sind, wird von Andrés Manuel López Obrador, dem „Obersten Chef der Streitkräfte« und Oberhaupt der Bundesexekutive, geführt und systematisiert, um die Interessen des Großkapitals und des Narco-Staates zu garantieren und zu schützen. Darüber hinaus militarisiert er das ganze Land, um seine Megaprojekte des Todes durchzusetzen, wie den Maya-Zug − Tren Maya, den Interozeanischen Korridor − Corredor Interoceánico, das Integrale Projekt Morelos − Proyecto Integral Morelos und den Internationalen Flughafen Santa Lucía, die auf Kolonialismus, Patriarchat, Homogenisierung, Zwang, Hass und Angst basieren und darauf abzielen, unser Territorium zu bestimmen und neu zu ordnen. Deshalb prangern wir an, dass das organisierte Verbrechen und paramilitärische Gruppen systematisch mit den Streitkräften, der Nationalgarde − Guardia Nacional sowie staatlichen und kommunalen Polizeikräften zusammenarbeiten, sodass wir sie nicht mehr als eigenständige Phänomene verstehen können. Vielmehr handelt es sich um voneinander abhängige Teile, Muskeln und Bänder des bewaffneten Arms des kapitalistischen Narco-Staates.

Drittens. Wir organisieren uns für das Leben und die Autonomie unserer Pueblos und klagen an, dass sich die vielen Köpfe der kapitalistischen Hydra in unserem Territorium folgendermaßen manifestieren:

a) Die Waffen, mit denen die Enteignung des Wassers durchgesetzt wird, sind Manipulation, Angst, Spaltung, Privatisierung, Kommerzialisierung, Kommunalisierung und Rekommunalisierung, Konzessionen, bei denen private Unternehmen und die Industrie privilegiert sind, die Kooptation von kommunalen Wasserkomitees sowie Pläne und Programme zur territorialen Neuordnung.

b) Die Plünderung wird von Akademiker*innen und Expert*innen legitimiert, die Kompliz*innen sind und Konzepte wie »Agrarökologie«, »Umweltschutz«, »nachhaltige Entwicklung«, »grüne Technologien« und »Klimagerechtigkeit« anführen, damit die Mächtigen nicht böse werden und Finanzmittel durch NGOs und wirtschaftliche Anreize zur Fragmentierung und Spaltung der Gemeinschaften bereitstellen.

c) In den Pueblos Originarios im Tal von Mexiko wie Xochimilco, Tláhuac, Milpa Alta, Iztacalco, Coyoacán und vielen anderen sind wir mit einem Prozess der Vernichtung des Territoriums konfrontiert. Wir Frauen aus diesen Orten erleben die Invasion und Zerstörung durch urbanisierte Mega-Wohn- und Einkaufskomplexe, die unser Wasser stehlen, unsere Arbeitszeit verfünffachen, unser Wissen ausmerzen und uns unsere Autonomie nehmen, mehr sexuelle und ökonomische Gewalt gegen uns provozieren und zudem die beklagenswerte Zunahme von Feminiziden an Frauen bäuerlicher Herkunft zur Folge haben. Dennoch erheben sich dank der Frauen, die kämpfen und Widerstand leisten, die Feminismen, die wir seit Urzeiten in uns tragen.

d) Auf zapatistischem Territorium haben die Gewalt durch paramilitärische Gruppen wie die Organisation der Kaffeebauern von Ocosingo (ORCAO) und die Invasion staatlicher Programme wie »Leben säen − Sembrar Vida«, die der Zerstörung und Spaltung der Gemeinden dienen, ein Klima der Gewalt erzeugt: Familien und ganze Gemeinden, die der zapatistischen Unterstützungsbasis angehören, werden zwangsvertrieben, Manuel Gómez Vázquez wurde inhaftiert und es gab einen Mordversuch am Compañero Jorge López Santiz. Infolgedessen befinden sich alle zapatistischen Caracoles in Alarmbereitschaft.

e) In der Gemeinde Santa María Ostula, Landkreis Aquila, Michoacán, verschwand am 1. August dieses Jahres unser Compañero Lorenzo Froylán de la Cruz Ríos, Mitglied der Kommunalen Garde. Neun Tage später wurde sein lebloser Körper mit Folterspuren gefunden. Die Täter, die sich der Straffreiheit und der Komplizenschaft des Staates und der bundesstaatlichen Regierungen erfreuen, gehören zum Kartell Jalisco − Nueva Generación und zur Narco-Regierung von Michoacán unter dem Gouverneur Alfredo Ramírez Bedolla, der gerade erst verkündet hat, dass »die Kommunale Garde von Ostula illegal ist«. Zu diesem neuen Akt der Repression kommen außerdem ein Räumungsbefehl des Agrargerichts Tribunal Unitario Agrario 38 und die Forderung nach der Präsenz der Marine im autonomen Territorium von Santa María Ostula, während die Kommunale Garde gleichzeitig als illegal bezeichnet wird.

Infolge all dessen wissen wir, dass der Staat der Hauptakteur ist, der die Enteignung vorantreibt und den Krieg ausrichtet − diesen Krieg gegen das Leben, der in allen Territorien spürbar ist und sich in Hunderttausenden politischen Gefangenen und der Militarisierung, der Verfolgung von Verteidiger*innen des Territoriums, dem Verschwindenlassen, Morden, Feminiziden, Transfeminiziden und einer Vielzahl von Hassverbrechen gegen die LGBTQ+-Gemeinschaft manifestiert.

Viertens. Wir Pueblos Originarios und indigenen Gemeinschaften, die dem Congreso Nacional Indígena − Concejo Indígena de Gobierno (CNI-CIG) angehören, und wir Organisationen, Netzwerke, Kollektive und Einzelpersonen, die an der Ersten, Zweiten und Dritten Mexikoweiten Versammlung für das Wasser und das Leben teilgenommen haben,…

FORDERN:


Fünftens. Die Pueblos Originarios und indigenen Gemeinschaften des CNI-CIG, die sich im Rahmen der Dritten Mexikoweiten Versammlung für das Wasser und das Leben mit anderen Kollektiven, Organisationen, Netzwerken und Einzelpersonen getroffen haben, vereinbaren die folgenden:

KOORDINIERTEN AKTIONEN




Abschließend bekräftigen wir, die Pueblos, Gemeinschaften, Organisationen, Kollektive und Einzelpersonen, als Ergebnis der im Rahmen der Dritten Mexikoweiten Versammlung für das Wasser und das Leben getroffenen Vereinbarungen, dass wir unser Recht auf Selbstbestimmung auch weiterhin ausüben und stärken werden; der Weg zur Autonomie, der Widerstand und die Rebellion sind die Mittel, mit denen wir unsere Geschichte, unser Territorium, unsere Mutter Erde und das Leben zurückerobern; als Pueblos holen wir uns unsere Kosmovision und Spiritualität zurück, die uns gestohlen wurden, und bekräftigen zudem, dass wir nicht aufgeben, uns nicht verkaufen und nicht nachgeben werden.

HOCHACHTUNGSVOLL
Für die ganzheitliche Rekonstitution unserer Pueblos − Por la Reconstitución Integral de nuestros Pueblos
Nie wieder ein Mexiko ohne uns − Nunca más un México sin Nosotrxs
Stoppt den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos − Alto a la Guerra en contra de los Pueblos Zapatistas
Zapata lebt, der Kampf geht weiter − Zapata Vive, la Lucha Sigue
Samir lebt, der Kampf geht weiter − Samir Vive, la Lucha Sigue
Lorenzo lebt, der Kampf geht weiter − Lorenzo Vive, la Lucha Sigue
Es lebe die EZLN − Viva el EZLN
Es lebe der CNI-CIG − Viva el CNI-CIG
Bis Würde und Gerechtigkeit zur Gewohnheit werden − Hasta que la Dignidad y la Justicia se haga costumbre
Weil sie lebendig entführt wurden, wollen wir sie lebendig zurück − Porque Vivos se los Llevaron, Vivos los Queremos
Nein zum Maya-Zug − No al Tren Maya
Nein zum Integralen Projekt Morelos − No al Proyecto Integral Morelos
Nein zum Interozeanischen Korridor − No al Corredor Interoceánico
Nein zum Flughafen Santa Lucía − No al Aeropuerto de Santa Lucía
Unsere Träume passen nicht in ihre Urnen, und auch unsere Albträume und unsere Toten nicht − Nuestros sueños no caben en sus urnas, tampoco nuestras pesadillas y tampoco nuestrxs muertxs
Hier sind wir und hier werden wir sein − Aquí estamos, y aquí estaremos
Viele Tropfen gemeinsam bilden einen Strom − La unión de gotas formará un río
Wasser ist nicht käuflich, es wird geliebt und verteidigt − El agua no se vende, se ama y se defiende
MEXIKOWEITE VERSAMMLUNG FÜR DAS WASSER UND DAS LEBEN

Mexiko-Stadt, den 15. August 2023

 

Quelle: http://www.congresonacionalindigena.org/2023/08/15/declaracion-de-la-3a-asambalea-nacional-por-el-agua-y-la-vida/


 

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