Massendemonstration für Neuauszählung der Präsidentschaftswahl

Poonal vom 18.07.2006
Gerold Schmidt

 

(Mexiko-Stadt, 17. Juli 2006, npl).- Nach Angaben der Behörden war es die größte Demonstration, die es in Mexiko-Stadt bisher gegeben hat. Mehr als eine Million Menschen folgten demnach am vergangenen Sonntag dem Aufruf des sozialdemokratischen Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel López Obrador, um erneut eine komplette Neuauszählung der Wahlen vom 2. Juli zu fordern. Bereits eine Woche zuvor hatte der kurz AMLO genannte Kandidat mehrere hunderttausend Menschen in der Hauptstadt mobilisiert. Diesmal rief López Obrador zu friedlichen Widerstandsaktionen und Bürgerwachen vor den 300 Wahldistriktszentren auf, in denen die Stimmzettel aufbewahrt werden. Ein Komitee soll in den kommenden Tagen die konkreten Aktionen planen. Für den 30. Juli ist der nächste Massenprotest vorgesehen.

AMLO erhöht damit den Druck auf das Bundeswahlgericht. Dort hat die ihn unterstützende Parteikoalition unter Führung seiner Partei der Demokratischen Revolution (PRD) die Wahlen angefochten. Nach dem vorläufigen Ergebnis der von der Opposition scharf kritisierten Wahlbehörde IFE liegt der Regierungskandidat Felipe Calderón von der konservativen Partei der Nationalen Aktion (PAN) mit 243.000 Stimmen bzw. 0,58 Prozent vorne. Es ist jedoch das Bundeswahlgericht, das über die Rechtmäßigkeit des Urnengangs zu entscheiden hat und offiziell den neuen Präsidenten bekannt gibt.

Der PRD-Mann erklärte sich vor seinen Anhängern überzeugt, mehr als 1,5 Millionen Stimmen seien nicht durch die Wahlzettel gestützt. Seinem Gegenspieler Calderón empfahl AMLO, daran zu denken, dass "der Flecken einer betrügerischen Wahl nicht mit allen Wassern der Ozeane weggewischt wird". Eine Nachzählung "Stimme für Stimme, Urne für Urne" werde erweisen, dass er "sauber, legal und legitim" die Präsidentschaftswahl gewonnen habe. Zwischen den Zeilen drohte López Obrador durchaus: Die Forderung nach der kompletten Wiederholung des Zählvorgangs versah er mit den Zusätzen "wegen der politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität des Landes" und "um zum sozialen Frieden beizutragen".

Den Kontrahenten von der Regierungspartei und den amtierenden Präsidenten Vicente Fox hat AMLO mit seiner aggressiven Mobilisierungsstrategie derzeit in die Defensive gedrängt. Es ist fraglich, ob Felipe Calderón seinen vehementen Widerstand gegen eine Neuauszählung noch lange durchhalten kann. Möglicherweise gibt das Bundeswahlgericht der Präsidentschaftswahl aber noch eine ganz andere Wendung, die völlige Ablehnung aller Anfechtungen einmal ausgeschlossen. Zwar zeichnet sich im Wunsch nach Transparenz und einem endgültigen Ergebnis in der öffentlichen Meinung eine Mehrheit für das Motto "Stimme für Stimme" ab. Tatsächlich sind die gesetzlichen Grundlagen für eine komplette Nachzählung nach Meinung von Rechtsexperten jedoch dünn. Wollen die Richter sich nicht vorwerfen lassen, das Gesetz zu großzügig zu interpretieren, hätten sie eine Alternative: Sie könnten sich weigern, die Wahl für gültig zu erklären.


Quelle: poonal
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