Oaxaca-Newsticker 7. September

Direkte Solidarität Chiapas vom 07.09.2006

 

Weitere 16 Regierungsämter geschlossen

Mobile APPO-Kontingente schlossen gestern 16 weitere Regierungsstellen, um den Verhandlungsdruck auf die Regierung Fox zu erhöhen. Damit gibt es in Oaxaca nur noch ein paar wenige halbwegs funktionierende ämter, wie zum Beispiel das Umweltamt. Die Räumungen verliefen ohne jegliche Gewalt und im Beisein der Presse. Die Leute wurden aufgefordert ihre persönlichen Sachen einzupacken und das Gebäude sofort zu verlassen. Die Mitarbeiter und speziell die Vorgesetzten wurden auf der Strasse der Presse vorgeführt um klarzumachen, dass keinerlei Gewalt angewendet wurde. Daraufhin wurden die Gebäude mit einem simplen A4-Blatt versiegelt, auf dem geschrieben stand: „Geschlossen bis zur Demission von Ulises«. Die APPO Leute präsentierten sich daraufhin der Presse um aufzuzeigen, dass sie nicht bewaffnet sind und keinerlei Infrastruktur oder Dokumente aus den Gebäuden entwendet haben.

Einige wenige Massenmedien, wie zum Beispiel die Fernsehnachrichten der „Noticieros Televisa« oder die Zeitung „Noticias de Oaxaca« berichteten relativ objektiv über die Schliessungen. Tele Azteca, wie nicht anders zu erwarten, berichtete, dass die APPO das Zivilschutzamt geschlossen hätte und darum den Notruf ausser Funktion setzte, womit diese hunderte Menschenleben aufs Spiel setzten. Tatsache ist, dass das Zivilschutzamt schon seit zwei Monaten faktisch ausser Betrieb ist und im Verdacht steht, als Basis für Angriffe gegen die APPO missbraucht worden zu sein.

Militarisierung der Sierras Norte und der Sierra Sur sowie des Hafens von Salina Cruz

Die Regierung Fox setzt offensichtlich weiter auf eine Militärintervention in Oaxaca. Mit dem Vorwand, es existierten Verbindungen zwischen der APPO und einer vermeintlichen Guerilla, wurden Militäreinheiten in die Sierra Norte verlegt. Diese errichteten in San Pablo Guelatao, dem berühmten Geburtsort von Benito Juarez, eine Strassensperre und patrouillieren in verschiedenen Dörfern. Ausserdem wurden Militäreinheiten an verschiedene Punkte Oaxacas verlegt (Region Miahuatlan, Chacalacas, San Gaspar Yagalaxi, Ixtepeji und die Region um Tuxtepec). In den letzten Tagen konnten auch im Hafen von Salina Cruz starke Militäreinheiten beobachtet werden.

Diese Entwicklung ist beängstigend. Es ist klar, dass die Guerillaeinheit, die letzte Woche in der Sierra Sur auftauchte, eine Inszenierung der Regierung oder des Militärs darstellte (siehe Tickermeldung vom 1. September)). Obwohl alle Organisationen der APPO sowie alle Gemeinden der Sierras Norte und Sur und die Sektion 22 der LehrerInnengewerkschaft (SNTE) die Existenz einer Guerilla verneinen und auch aufzeigen konnten, dass deren Auftauchen eine Inszenierung war, benutzt die Regierung Fox diese Linie, um die Militarisierung in Oaxaca voranzutreiben. Heute Morgen hat der Innenminister Abascal in einer Pressekonferenz gesagt, dass sie Informationen hätten, welche auf die Existenz einer Guerilla in Oaxaca hinweisen. In einem Nebensatz musste er allerdings zugestehen, dass diese Informationen nicht bestätigt sind.

Weiterführung der Verhandlungen zwischen der Regierung Fox und der APPO

Heute gibt es eine weitere Verhandlungsrunde zwischen der Regierung Fox und der APPO. Im Vorfeld hat der Innenminister Abascal bekannt gegeben, dass sich die Lage aber kompliziert hätte, weil Ulises Ruiz Ortiz in einem Treffen klar gemacht hätte, dass er nicht zurücktreten werde. Darum schlägt Abascal der APPO vor, über den Weg des Senats ein Absetzungsverfahren einzuleiten. Dieser Vorschlag ist wenig vertrauenswürdig, weil die PAN-PRI Mehrheit im Senat einer Absetzung kaum zustimmen würde.

Die APPO beginnt Regierungsfunktionen auszuüben

Die APPO selber hat bekannt gegeben, dass sie in Kürze ein Manifest an die Nation veröffentlichen werde, wo sie den Gouverneur als offiziell abgesetzt erklären werden und ausrufen werden, dass ab sofort die APPO die Regierungsgeschäfte im ganzen Bundesstaat übernimmt. Der Sprecher der (Ex)-Regierung Ulises Ruiz gab bekannt, dass dies eindeutig illegal und verfassungswidrig sei und scharfe Konsequenzen nach sich ziehen werde. Die APPO hat, angesichts dieser Drohung, schon mal damit begonnen, gewisse Regierungsfunktionen zu übernehmen. Dies ist ein notwendiger Schritt um gewisse Basisbedürfnisse der Bevölkerung, wie Abfallbeseitigung, Sicherheit und Justiz, befriedigen zu können, Basisfunktionen welche durch die Regierungsunfähigkeit schon seit Monaten ausser Kraft sind.

In den letzten Wochen haben sich in verschiedenen Stadtquartieren autonome „Polizeien« organisiert, die offensichtlich relativ erfolgreich funktionieren und schon jetzt einen sehr guten Ruf geniessen. Dies insbesondere darum, weil sie, im Gegensatz zur offiziellen Polizei, nicht korrupt und nicht am organisierten Verbrechen beteiligt sind. Die APPO hat zudem begonnen, die Festaktivitäten für den Tag der mexikanischen Unabhängigkeit (15. September) zu organisieren und ist fest entschlossen dem „Grito« einen würdigen Ausdruck zu verleihen.


Quelle:
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