Marcos: "Unter Calderon steht jeder im Blickwinkel der militärischen Maschinerie"

La Jornada vom 29.05.2007
Jesus Narvaez Robles
übersetzt von: Dana

 

Marcos präsentiert in Nayarit Überlegungen zur politischen Situation seit Beginn der zweiten Etappe der Anderen Kampagne
"Die Armee aus der Kaserne zu führen war leicht, sie wieder hereinzuholen wird schwieriger sein."
"Unter Calderon steht jeder im Blickwinkel der militärischen Maschinerie"

Tepic, Nayarit, 28. Mai. Die Regierung von Felipe Calderón Hinojosa bereitet sich nicht nur darauf vor eine selektive Repression gegen soziale Kämpfer und Volksbewegungen zu entfesseln, jeder Einzelne "befindet sich im Blickwinkel der militärischen Maschinerie", versicherte Subcomandante Marcos. Anlässlich der Vorstellung "einiger Überlegungen seit Begin der zweiten Etappe der Anderen Kampagne im Norden des Landes", warnte Marcos davor, dass es "zwar leicht fällt die Mexikanische Armee aus den Kasernen zu holen, sie jedoch wieder zu dem ihr zustehende Bereich zurückzuschicken, ist nicht so einfach, weil sie sich wie einem Feind gegenüber verhält, anstatt von Bürgern".

In einer Zusammenfassung der "Arbeitslage, der Ausbeutung und Repression", die in Mexiko vorherrscht, ermahnte Marcos: "Die Anordnungen und Handlungen der Calderón Regierung bestätigen die Analyse, die wir Mitte 2005 gemacht haben: das Land steht vor einem sozialen Ausbruch, und dem gegenüber stellen sich vier Optionen: die von Calderón, das heißt, der wahllose Einsatz von Gewalt und die Entfesselung einer massiven Repression; eine schleichende und demobilisierende Kontrolle, also die Option der Kräfte, die das Jahr 2012 für eine geordnete Ablösung und einen bruchlosen Wechsel ins Auge fassen; die Option des Chaos und des Bürgerkriegs, und letztendlich, die Option eines organisierten, antikapitalistischen und linken Aufbruchs, der Organisationen, Gruppen, Kollektiven, Familien und Individuen der Anderen Kampagne"

Nach der Bemerkung, dass es "gerade sehr angesagt ist Olivgrün zu tragen und Lobpreisungen auf eine Armee zu singen, die für innerpolitische Einsätze herangezogen wird, in Verletzung der Grundrechte und internen Verordnungen", wies Marcos darauf hin, dass "bereits schon ein ansatzweise kritischer Blick ausreicht um zu merken, dass das mexikanische politische System im Sterben liegt, bar jeglicher Stabilität und soliden Referenzen.

"Die nationale Lage eine Katastrophe; die Wirtschaft ist den Schwankungen und Stürme des internationalen Marktes preisgegeben; die soziale Sicherheit ist ein Schutthaufen, der zum Verkauf freisteht; die öffentliche Schulbildung ist ein ärmlicher Abklatsch der Kurse für persönlichen und geschäftlichen Erfolg; die Kulturpolitik ist eine arg in die Ecke gedrängte Sektion auf den Gesellschaftsseiten; die öffentliche Gesundheitsversorgung ist ein schmutziger Einkaufszentrum, schlampig und ineffizient, dessen Geschäfte zwischen Marken- und Massenartikeln ausgetragen werden. Nichts von dem was einst den Rückgrat des Nationalstaates bildete, steht noch aufrecht", gab er zu bedenken.

Er fügte hinzu: "Die mexikanische politische Klasse dachte, es gehe nur darum die PRI in der Regierung abzulösen und dieses Füllhorn namens Mexiko zu verkaufen. Aber es stellte sich heraus, dass mit dem Zusammenbruch der PRI- Hegemonie auch noch etwas anderes weggefallen ist. Was dort oben in der Nationalpolitik an seiner Stelle getreten ist, ist nur eine blasse Reflexion dessen, was in den Grundfesten des Nationalstaates in Mexiko passiert ist und weiterhin passiert. Die früheren ungeschriebenen Gesetze des mexikanischen politischen Systems brechen zusammen, darunter die fundamentalste von allen: die der Präsidentschaftsnachfolge.

"Jene nationale Tradition, die als Tapadismo bezeichnet wurde, existiert nicht mehr, und die heutige Zeiten bieten nicht einmal mehr das Minimum an politischen Sauerstoff, das es Vicente Fox anfangs ermöglichte an der Regierung zu überleben. Felipe Calderon muss mit Verzweiflung mit ansehen, dass er nicht einmal seine eigene Partei hinter sich hat. Sein Mandat hörte im Grunde in dem Moment auf zu existieren, als er sich nach dieser ereignisreichen Amtseinsetzung wie ein Gauner aus dem Bundeskongress schlich.

Die Macht der Medien hat nicht gereicht

"Sich in den Massenmedien zu behaupten hat nicht gereicht, und wie man sieht, reicht es auch nicht die Städte und Strassen mit Soldaten zu füllen. Auf diese Weise hat der Präsidentschaftswahlkampf seinen Anfang genommen, und die Anwärter stehen praktisch schon fest: Marcelo Ebrard und Andrés Manuel López Obrador für die PRD, oder für diese neue Partei die da gerade gebildet wird; Enrique Peña Nieto und Beatriz Paredes, für diesen Trümmerhaufen namens PRI, des weiteren Marta Sahagún, die dabei ist erneut in Erscheinung zu treten, für die PAN, sowie ein Francisco Ramirez Acuña, der mehr ein Kerkermeister zu sein scheint als ein politischer Amtsträger", erklärte Marcos

Er fügte hinzu dass "die Begeisterung der politischen Klasse für diese unhaltbaren Farce des Krieges gegen den Drogenhandels, von dem wir alle wissen, dass sie nichts weiteres ist, als der Kampf des Kartells von Los Pinos um die Übermachtsstellung ist, verbirgt zwei Dinge: die Kriminalisierung des sozialen Kampfes, die es ihnen erlauben würde die Machtgebiete zu kontrollieren, die sie unterhalten, und die Aufmerksamkeit der Medien auf die Bluttaten dieses von Anfang an verlorenen Krieges, die es den Politikern erlaubt die Auswirkung der "eisernen Faust" in den Umfragen einzuschätzen."

 

Quelle: https://www.jornada.com.mx/2007/05/29/index.php?section=politica&article=006n1pol


 

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