Anti-Sweatshop Bewegung

Znet vom 06.11.2003
von Mark Weisbrot
übersetzt von: Dana

 

Letzte Woche bekam Sean "P.Diddy" Combs als neueste Berühmtheit die Hitze der Anti-Sweatshop Bewegung zu spüren, als Anklagen gegen die unmenschlichen Bedingungen bei der Herstellung seiner "Sean John" T- Shirts die TV Nachrichten stürmten. Mr. Combs, dessen neuester Hit "Shake Ya Tail Feather" in Zusammenarbeit mit Hip Hop Kollegen Murphy Lee und Nelly die Pop Charts in Sturm genommen hat, leugnete jegliches Wissen darüber, dass die Arbeiter der Choloma, Honduras Fabrik, wo die Kleidung der Firma hergestellt wird, misshandelt würden.

"Ich möchte sicherstellen, dass jede Ware mit meinem Namen darauf, von Arbeiter hergestellt wird, die gut behandelt werden," sagte er der Presse.

Das können wir ihm glauben, aber was ist zu tun? Nach Aussagen der Fabrikarbeiter und der U.S. National Labor Committee, entbehren die 380 Angestellten jegliche Basisrechte. Vierzehn von ihnen wurden gefeuert, weil sie versuchten eine Gewerkschaft zu organisieren, und schwangere Frauen werden abgewiesen. Sie beschweren sich auch über erzwungene Überstunden, und dass ihnen nur zwei Toilettenpausen täglich zugestanden werden. Die Gehälter liegen zwischen 65 und 98 Cents pro Stunde; das sind, wie Aktivisten erklären, etwa 15 % der Herstellungskosten eines einzigen T-Shirts, das in New York für $40 verkauft wird.

Das Problem der rücksichtslosen Ausbeutung der Sweatshop Arbeit besteht weltweit, und hat eine internationale Bewegung ins Leben gerufen. Marktforschungen zeigen, dass die meisten Amerikaner bereit wären wesentlich mehr für Kleidung zu zahlen (28% mehr auf ein $10 Stück, einer Umfrage zufolge), das unter guten Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Aber ihre Gelegenheit dies zu tun blieb bis heute beschränkt.

Und nach Meinung vieler Wirtschaftsexperten, ist das nicht unbedingt etwas schlechtes. Als Antwort auf die Anti-Sweatshop Bewegung, die vor drei Jahren über die amerikanischen Universitäten fegte, sendeten 352 Akademiker − die meisten davon Wirtschaftsexperten − ein Brief an die Universitätspräsidenten. Sie waren besorgt, dass die Bewegung die Sweatshop-Gehälter so in die Höhe treiben könnten, dass "infolgedessen Verlagerungen der Arbeitsstellen erfolgen würden, die den kollektiven Wohlstand der Arbeiter in den armen Länder, denen man zu helfen meint, noch verschlechtern würde."

Anders ausgedrückt, die Jobs werden auswandern. Dieses Argument trägt leider mehr Gewicht als es sollte. Abgesehen davon, dass dies noch nicht eingetreten ist, hinkt diese Argumentation auch in anderer Hinsicht. Sie ähnelt den Vorbehalten, die gegen das Verbot von Kinderarbeit in den Vereinigten Staaten, vor fast einem Jahrhundert vorgebracht wurden − die Familien würden um vieles ärmer werden, wenn die Kinder nicht arbeiten könnten. Oder die Argumente gegen Gewerkschaften und höhere Gehälter, die in den letzten zwei Jahrhunderten benutzt worden sind: dass diese "Eingriffe" in den Arbeitsmarkt zu Arbeitslosigkeit führen würden.

Die Vereinigten Staaten konnten die Kinderarbeit abschaffen, und der großen Mehrheit der Arbeitskräfte ermöglichen − bis in die späten 70er Jahren − an den Profiten der steigenden Produktivität teilzuhaben, weil wir unsere Gesetze geändert und Tarifverhandlungen zugelassen haben. Es war ein langer Kampf: das Recht Gewerkschaften zu organisieren war im Bundesgesetz bis 1935 nicht anerkannt, und auch dann noch waren Sitzstreike nötig um es umzusetzen. Und dieses Recht wurde in den letzten 25 Jahren wieder stark erodiert − sogar in einer gut-verdienenden, demokratischen Gesellschaft wie dieser.

Das Problem ist, dass kein globaler Nationalstaat solche Rechte für Arbeiter festsetzen kann, die für die globalen Konzerne arbeiten, die den Erdkreis auf der Suche nach den niedrigsten Arbeitskosten durchwandern. Im Gegenteil, die wichtigsten globalen Institutionen − der IMF, die Weltbank und die WTO − neigten im allgemeinen in die andere Richtung, und strebten Reformen zugunsten der Deregularisierung der Arbeitsmärkte an. Arbeiter auf der ganzen Welt befinden sich in einem "Wettrennen nach unten", in dem Maquiladoras aus Mexiko jetzt zu der billigeren, stärker unterdrückten Arbeitskraft in China auswandern. Das ist die logische Konsequenz bei der Aushandlung stets neuer Abkommen (z.B. NAFTA, die WTO), die neue Rechte und erzwungene Mechanismen für internationale Investoren schaffen, aber die Rechte der Arbeiter schamlos schweigend übergehen.

Die Anti-Sweatshop Bewegung kann das alles nicht alleine ändern. Aber mit der Unterstützung von Arbeiter, die für ihre Arbeitsrechte kämpfen, kann sie ein Gegengewicht anbieten, das bei der Festsetzung neuer akzeptablen Normen helfen kann.

Mr. Combs, der am letzten Wochenende am New York City Marathon teilnahm, steht nun einer neuen Herausforderung gegenüber, die es ihm ermöglichen könnte, mit gutem Beispiel voranzugehen. Er könnte fordern, dass sein Lieferant die Gewerkschaft anerkannt, die Arbeiter wiedereinstellt, die wegen der Organisierung gefeuert wurden, und die sehr bescheidenen Forderungen der Arbeiter bezüglich Gehälter und Arbeitsbedingungen akzeptiert. Und er könnte verkünden, dass andere Kleidungshersteller dasselbe tun sollten. Also das würde wirklich einige Schwanzfeder schütteln.

Mark Weisbrot ist Co-Direktor des Center for Economic and Policy Research (www.cepr.net), in Washington D.C.

 

Quelle: http://www.zmag.org/weluser.htm


 

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