PRDistas von Ventana greifen zapatistische Ambulanz an

La Jornada vom 09.07.2007
Hermann Bellinghausen
übersetzt von: Dana

 

Paraje la Ventana, Chiapas, 8. Juli. Einwohner dieser Ortschaft überfielen heute Nachmittag die Ambulanz der zapatistischen Klinik des Caracols von Oventic, mit der "Anschuldigung", das Fahrzeug sei "gestohlen", und drohten an, die "Diebe" der Gerichtspolizei zu übergeben. Die Ambulanz transportierte eine kranke Frau in sehr kritischem Zustand in das Regionalkrankenhaus von San Cristobal de Las Casas.

Das Fahrzeug, dessen Türen sehr deutlich mit "zapatistische Ambulanz" beschriftet waren, musste aufgrund eines mechanischen Ausfalls nahe der Kreuzung von La Ventata anhalten (von wo aus die Stadt von San Cristobal, unter den Gemeinden von Zinacantán und San Juan Chamula zu sehen ist). Ein betrunkener Mann aus diesem Tzotzil Dorf griff den Fahrer an und bedrohte die Ambulanzmitglieder, zwei jugendliche Gesundheitspromotoren des Caracols von Oventic, und Señora Micaela Hernández Hernández, 43 Jahre alt, die an einem Hirn- und Lungenödem leidet.

Angesichts der Lage setzte die Ambulanz die Fahrt fort und schaffte es einige Hundert Meter zurückzulegen, bis sie in der Umgebung von San Cristobal de las Casas wieder halten musste. Minuten später trafen zwei Lieferwagen ein, die etwa 20 Männer aus La Ventana transportieren, die auf sehr gewalttätige Weise zuerst den Fahrer "ergriffen" und ihn beschuldigten ein "Dieb" zu sein, und später die Mechaniker, die gekommen waren, um den Wagen zu reparieren.

Den Gesundheitspromotoren gelang es ein Privatauto anzuhalten und ersuchten die Mitfahrer ihnen dabei zu helfen die Patientin ins Krankenhaus zu schaffen. Während die Aggression weiterhin ihren Lauf nahm, setzten Señora Micaela und einer der indigenen Promotoren die Fahrt zum Krankenhaus fort.

Die Mechaniker, der Fahrer der Ambulanz und der andere Promotor, die mehr als 15 Minuten lang den ungerechtfertigen Angriff über sich ergehen lassen mussten, berichten, dass die vermeintlichen Gerechtigkeitsvertreter von La Ventana "sehr aggressiv" waren. Wie sie [die Mechaniker] der La Jornada gegenüber erklärten, hatten sich bei ihrem Eintreffen die Angreifer bereits zurückgezogen, nachdem sie zunächst den Fahrer geschlagen und aus der Krankenhausakte den Fahrzeugschein der Ambulanz konfisziert hatten, "um sie der Polizei zu übergeben", wie sie versicherten.

Die Einwohner von La Ventana, größtenteils ehemelige PRI-Anhänger und heute Anhänger der PRD, sind für ihren tief sitzenden Antizapatismus bekannt. In dieser Ortschaft hat der neue Regierungsdelegierte des Staates, José Pérez Conde, sein Büro aufgeschlagen, der aus Zinacantán stammt. In der Gegend erzählt man, dass dieser Posten ein "Trostpreis" für den Staatsbeamten gewesen sei, der erfolglos die Kandidatur als PRD-Bundesabgeordneter bei den Wahlen von 2006 angestrebt hatte.

Der Funktionär, der in Zinacantán als "Mol PRD" (in etwa "der Herr der PRD" auf Tzotzil) und darüber hinaus als Bruder des Delinquenten Manuel Pérez Conde bekannt ist, ist als einer der Anführer der PRD- zugehörigen paramilitärischen Gruppe identifiziert, die am 10. April 2004 den friedlichen Marsch der 4000 Zapatisten in Pasté, Zinacantan mit Schusswaffen angegriffen hat. Dabei wurden 30 Mitglieder indigener EZLN Unterstützungsbasen verletzt, die den zapatistischen Familien von Jech’vó, Elambó Alto und Elambó Bajo Wasser brachten, da die munizipale PRD-Regierung ihnen die Wasserzufuhr gesperrt hatte, als Vergeltung dafür, dass sie autonom waren und keine ämter im offiziellen Bezirk akzeptierten.

Bei der überfallenen Ambulanz handelt es sich um ein Kombilieferwagen, der in Italien umgerüstet und nach Chiapas gebracht wurde, um im September 2005 der Klinik La Gudalupana de Oventic gespendet zu werden, und zwar von einer Gruppe zapatistischer Sympathisanten aus diesem Land, angeführt von Heidi, der Mutter von Carlos Guliani (der Jugendliche, der in Genua von der italienischen Polizei getötet wurde) und Rosa Piro, Mutter von Davide Dax Cesare, ein zapatistischer Sympathisant und Verteidiger von Migranten, der in Milan von einer faschistischen Gruppe ermordet worden ist. Das Fahrzeug, das deutlich sichtbar eine Ambulanz ist, und alle nötigen Dokumente besitzt, ist auf den Namen der beiden Aktivisten eingetragen.

Señora Micaela Hernández, aus dem autonomen Bezirk San Juan de la Libertad, war beim Redaktionsschluss noch immer bewusstlos, und befindet sich in einem "äußerst ernsten Zustand mit schlechten Aussichten". Am Abend sollte sie in eine Ambulanz mit einem automatischen Atemgerät auf eine Intensivstation in Tuxtla Gutiérrez verlegt werden, dies war aber erst gegen 23:00 Uhr möglich. Das Krankenhaus von San Cristobal de las Casas hat nicht die nötige Ausrüstung um die Patientin angemessen zu behandeln.

 

Quelle: https://www.jornada.com.mx/


 

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