Soldaten gegen Landbesetzer

junge welt vom 03.02.2004
Luz Kerkeling

 

Chiapas: Unterstuetzergemeinde der zapatistischen Bewegung geraeumt.
Oeffentlichkeit ausgesperrt

Die Nichtregierungsorganisation "Maderas del Pueblo del Sureste" (Hoelzer der Bevoelkerung des Suedostens) warf der mexikanischen Regierung am Wochenende vor, die linksoppositionelle Zapatistische Befreiungsarmee (EZLN) provozieren zu wollen und fuerchtet eine Gewalteskalation. Nach Angaben des renommierten Menschenrechtszentrums "Fray Bartolome de Las Casas" aus San Cristobal, Chiapas, wurden in der Siedlung Nuevo San Rafael im Biosphaerenreservat "Montes Azules" 23 Haeuser abgebrannt. Die Gemeinde, die mit der zapatistischen Befreiungsbewegung sympathisierte, ist seit dem 22. Januar von rund 40 Polizisten und Marinesoldaten besetzt. Saemtlichen sozialen Organisationen und Pressevertretern wird weiterhin der Zutritt zum Ort verweigert.

Die Regierung hatte zuvor geleugnet, dass es sich um eine Raeumung gehandelt habe. Kurze Zeit spaeter bestaetigte die mexikanische Tageszeitung La Jornada jedoch den Verdacht zahlreicher unabhaengiger Organisationen. Kurz zuvor waren an der Grenze zu Guatemala bei der Raeumung zweier "illegaler" Siedlungen bereits Hunderte Indígenas vertrieben und Dutzende festgenommen worden, die Unterstuetzer anderer, kleinerer Bauernorganisationen sind. In allen Faellen wird der Polizei unangemessene Brutalitaet vorgeworfen. Minister Ruben Velazquez Lopez erklaerte, dass "keine weiteren Landbesetzungen" geduldet wuerden und ignorierte damit die bereits jahrelange Existenz der Mehrheit der Siedlungen. Insgesamt sind bis zu 40 Gemeinden raeumungsbedroht. In der Regel sind die Landbesetzer Fluechtlinge, die wegen Landmangel oder ihrer oppositionellen Haltung ihre Heimatdoerfer verlassen mussten.

Die angeblich "weiche" und deeskalierende Linie der neuen chiapanekischen Regierung unter Pablo Salazar ehemaliges Mitglied der jahrzehntelang herrschenden Partei der Institutionalisierten Revolution PRI scheint damit endgueltig beendet zu sein. Die EZLN hatte im Dezember 2002 angekuendigt, keine Aggressionen gegen Unterstuetzungsgemeinden zu dulden. Im Biosphaerenreservat stehen die Interessen von lokalen Kaziken, Regierung und Unternehmen den Autonomieforderungen der marginalisierten indigenen Landbevoelkerung diametral gegenueber. Waehrend die mittellosen Siedlerinnen und Siedler in der Regel vor mehreren Jahren neue Doerfer gruendeten, um ueberleben zu koennen, befuerchten Staat und Wirtschaft einen Einfluss- und Einkommensverlust in der artenreichen Dschungelzone. Mexikanische und internationale Organisationen haben Proteste gegen die staatliche Eskalation eingeleitet. Mit Spannung werden die Reaktion der EZLN und der anderen unabhaengigen Organisationen erwartet. Die Region Montes Azules bleibt ein Pulverfass von ueberregionaler Bedeutung.

Online-Protestaktion: http://www.gruppe-basta.de

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