Chiapas: Rückkehr der Flüchtlinge von Zinacatan und die Situation von Jechvo

Indymedia vom 29.04.2004

 

Von einer Compa vor Ort (verbunden mit einem herzlichen Dank für den Bericht):

im dezember letzten jahres verschaerften sich die spannungen zwischen zapatisten und prdistas (den anhaengern der im municipio zinacatan regierenden "linken" partei)in der gespaltenen gemeinde von jechvo. am 14.12.2003 erklaerten die zapatisten in einer gemeindeversammlung, dass sie nicht weiterhin an den gemeindeaktivitaeten teilnehmen wuerden. ("gemeindeaktivitaeten" bedeutet in diesem fall die ausuebung oeffentlicher aemter − bei polizei oder als dem municipio untergeordneten gemeindeautoritaeten -, was die zapatisten, da im widerstand, allgemein ablehnen.)daraufhin wurde ihnen die anwesenheit in der dorfkirche sowie in der "agencia" (der gemeindeversammlung)verweigert; ihren kindern wurde der schulbesuch untersagt und die wasserversorgung der comunidad von seiten des municipios steht seitdem ausschliesslich den prdistas(!) zur verfuegung.

um das wasserproblem zu loesen, bestellten die zapatisten ihr wasser bei einem privaten lieferanten. aufgrund von drohungen der prdistas verweigerten diese allerdings nach der zweiten lieferung die weitere versorgung. (bis heute haben sie keinen gefunden, der bereit ist, wasserpipas nach jechvo zu liefern...). folglich erhielten die familien von jechvo ihr wasser von anderen zapatistas, vermittelt durch die "junta de buen gobierno" (der regierung der zapatisten) in oventic. die erste lieferung erfolgte ohne probleme. bei der zweiten lieferung − am 10.04.2004 − wurde die 4000-mann-karawane, die 45000l wasser brachte, in jechvo von den prdistas angegriffen. als sich die zapatisten daraufhin zurueckziehen wollten, schnitten ihnen im benachbarten peste ein ziviler und zwei polizeiwagen den weg ab und sie wurden erneut attackiert − schuesse, machetenhiebe, steine, kristallflaschen etc. verletzten 35 zapatisten schwer, viele weitere leichter.

nach dem angriff zogen einige der prdistas von jechvo von haus zu haus ihrer zapatistischen nachbarn, durchloecherten durch steinwuerfe einige daecher, brachen tueren ein, zerstoerten einrichtungen und wertgegenstaende (tvs etc.), raubten vor allem essen und geld. sie leerten oder verschmutzten die gesamten,gerade frisch aufgefuellten wassertanks. die 35 betroffenen familien flohen hals ueber kopf in die berge − mit ihnen zapatisten aus den nachbargemeinden elambo alto, elambo bajo und apaz, aus angst vor aehnlicher angriffe von seiten der prdistas ihrer doerfer. 483 personen (109 familien) verbrachten die folgenden zwei wochen in einem versteck in den bergen.

am vergangenen sonntag (dem 25.04.2004) kehrten die gefluechteten in ihre doerfer zurueck − begleitet von zapatisten aus oventic und anderer gemeinden, der presse, einer abordnung der "medicos del mundo" und der (stark vertretenen) nationalen und internationalen zivilgesellschaft. in den vier betroffenen gemeinden wurden friedencamps eingerichtet, mit jeweils 2-5 internationalen beobachtern, die die kommende zeit mit den familien in den doerfern verbringen werden.

waehrend die familien von jechvo am sonntag mittag mit den fuenf campamentistas die schaeden an ihren haeusern untersuchten und die liste von zerstoertem, geraubtem und verschwundenen dinge (viele tiere haben die zwei wochen nicht ueberlebt) immer laenger wurde, wurden sie vom kirchplatz aus von den verantwortlichen prdistas und der polizei (!) beobachtet. (diese menschen − absolut erschoepft von der zeit in den bergen − betrachten die schaeden ihrer haeuser, die sie (wegen fehlendem geld) wohl nicht so schnell reparieren koennen weden; viele ihrer tiere sind verschwunden; so viel wurde ihnen gestohlen, obwohl sie nie viel besassen − wichtiger als alles andere ihr wasser, das fuer sie so schwierig zu erlangen ist, aber lebenswichtig bleibt... diese menschen sehen die dafuer verantwortlichen personen in gesellschaft der polizei
-und ziehen schweigend an ihnen vorbei...)

die polizeipraesenz in jechvo ist seit dem 10.04.2004 enorm und permanent. auf besagtem kirchplatz halten sich (wenigstens seit dem
25.04.) staendig bis zu 30 (teils mehr) polizisten auf, pickups (mit ca. 8 polizisten) und lastwagen (mit ca. 30) passieren mehrmals taeglich. bemerkenswert ist, dass weder polizei noch bezirksregierung

mit den zurueckgekehrten kontakt aufgenommen hat. zweiter-hand- informationen der zapatisten zufolge, kam vor einigen tagen der president des municipios (prd) nach jechvo, um seine "parteifreunden" angesichts der situation aufzufordern, von weiteren agressionen gegen die zapatistas abzusehen. gleichzeitig aber kursieren geruechte von einer 40-tage-frist fuer die zapatisten, um sich in die "gemeindeaktivitaeten" zu reintegrieren.

die familien leben mit der angst vor neuen angriffen, waehrend der regen durch die durchloecherten daecher in die haeuser eindringt und weitere essenssaecke zerstoert. und sie warten auf eine wasserlieferung des "buen gobiernos" − denn das wenige verbliebene wasser reicht nur fuer 2-3 weitere tage...

 

Quelle: http://de.indymedia.org/


 

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