Ein dichtes Netz der Diskriminierung

Indigene Frauen von Benachteiligung besonders betroffen. Bericht für Genfer UN-Konferenz

junge welt vom 13.08.2004
Gustavo Capdevila/IPS, Genf

 

Frauen, die ethnischen oder anderen Minderheiten angehören, haben unter einer weit komplexeren Diskriminierung zu leiden, als dies bislang in den einschlägigen Untersuchungen zum Ausdruck kommt. Zu diesem kritischen Ergebnis kommt der Bericht, den zwei Wissenschaftlerinnen dem noch bis zum 20. August in Genf tagenden UN- Komitee zur Beseitigung ethnischer Diskriminierung (CERD) vorgelegt haben. Bislang habe man nicht das ganze Ausmaß der Diskriminierung indigener Frauen erkannt, stellen Fareda Banda und Christine Chinkin in ihrem Bericht »Gender, Minorities and Indigenous Peoples« fest. Die in Großbritannien ansässige internationale Nichtregierungsorganisation Minority Rights Group (MGR) hatte die Untersuchung in Auftrag gegeben und sie Anfang August in Genf und London vorgestellt.

Auch wenn Angehörige ethnischer Minderheiten oder indigener Völker insgesamt diskriminiert werden, sind Frauen davon stärker betroffen. »Würde man dies einsehen, dann wäre es leichter, gegen das geradezu epidemische Ausmaß sexueller Gewalt und die verschiedensten Formen der Benachteiligung von Frauen vorzugehen«, erklärten die beiden Expertinnen. »Leider wird dies bislang zu wenig verstanden, denn die vorhandenen Rechtsmechanismen und das gesetzliche Instrumentarium stehen dem entgegen«, kritisiert der Bericht.

Vor den Mitgliedern des UN-Komitees forderte Fareda Banda, die an der University of London‚s School of Oriental and African Studies arbeitet, die UN-Agenturen auf, ihr Augenmerk darauf zu richten, wie eng Gender-Fragen mit den Problemen von Minoritäten und indigenen Gruppen verknüpft sind. »Diskriminierung oder Benachteiligung aufgrund der ethnischen, Gender- oder Klassenzugehörigkeit sind die Wege, die zu den entscheidenden Strukturen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik führen«, stellten Banda und Chinkin fest. »Bislang gelten diese Wege als voneinander getrennt, doch tatsächlich treffen, kreuzen oder überschneiden sie sich und bilden komplexe Netze, in denen Frauen gefangen sind.« Vor der Konferenz in Genf wies Fareda Banda auf die Verschiedenartigkeit der Begriffe Geschlechtszugehörigkeit und Gender hin. Bei der Geschlechtszugehörigkeit gehe es lediglich um die biologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen, während der Begriff Gender mit sozialen Beziehungen zu tun habe, deren Basis gesellschaftlich verwurzelte, kulturelle und soziale Verhaltensweisen sind.

Der MGR-Report kritisiert denn auch, daß in Untersuchungen über Menschenrechte und Minderheiten Gender-Probleme unter den Tisch fallen, während Experten, die sich mit Gender-Fragen und Frauenrechten befassen, die Rechte von Minderheiten ignorieren. Der Bericht bezeichnet diese folgenschwere Einseitigkeit als das »institutionelle Verschweigen der komplexen Diskriminierung.«

 

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