Kommunique 1 − Geplante Treffen und das Neueste über Pinguin

EZLN vom 02.08.2005
übersetzt von: Dana

 

Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung

Mexiko
2. August 2005


An: die Organisationen, Bewegungen, Gruppen, Kollektive und Personen, die die Sechste Erklärung unterstützen.

Von: dem Sechsten Komitee der EZLN

Compañeras und compañeros:

Ich schreibe um Sie darüber zu informieren, wie die Vorbereitungen für die "andere Kampagne", bzw. dennationalen Teil der Sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen Dschungel vorangehen.

Zum Thema: Bekundungen der Unterstützung

Dem letzten Bericht zufolge, haben wir bis zum 31. Juli 2005 zwei Briefe mit kritischen Kommentaren zur Sechsten Erklärung erhalten, die über Risiken und Gefahren warnten, sowie ein Brief der kritisierte, dass wir López Obrador kritisierten. Darüber hinaus haben folgende ihre Unterstützung bekundet, und kündigten ihre Teilnahme an den Vorbereitungstreffen für die "andere Kampagne" in Mexiko an:

30 politische Organisationen, die sich als Linke charakterisieren 32 indigene Organisationen, und Organisationen der Indigenen Völker Mexikos 47 linke soziale Organisationen 210 Nicht-Regierungs-, künstlerische und kulturelle Organisationen, Gruppen und Kollektive 636 Frauen, Männer, Alte, Jungen und Mädchen, individuell oder von Familien, Straßen, Barrios, Wohnviertel, Gemeinden.

Wie angekündigt werden wir eine Reihe von Arbeitstreffen mit diesen Organisationen, Kollektiven und Personen beginnen. Das erste Treffen wird an diesem Samstag, dem 6. August 2005, mit linken mexikanischen politischen Organisationen stattfinden. Danach, am Samstag, dem 13. August, mit indigenen Organisationen; Samstag, 20. August, mit sozialen Organisationen; mit NGO und Kollektiven am Samstag, dem 27. August; Am Samstag, 3. September, mit Einzelpersonen und Delegierten von Familien, Straßen. Gemeinden, Wohnviertel, Barrios, und am 10. September mit allen, die an den anderen Treffen nicht teilnehmen konnten. Diejenigen, die an keinem der Treffen teilnehmen können, sollen nicht traurig sein − wir werden sie regelmäßig über alles informieren was passiert und bei den einzelnen Treffen vereinbart worden ist.

Zum Thema: Wo die Treffen stattfinden

Die compañeros, compañeras und zapatistische Unterstützungsbasen der Tzeltal Selva Region, die im Caracol von La Garrucha versammelt sind, haben sich einverstanden erklärt für die Arbeitstreffen in sechs verschiedenen zapatistischen Gemeinden dieser Region als Gastgeber zu fungieren. Die Zapatistas haben an den Minimaleinrichtungen für Unterbringung, Verpflegung und Arbeit derjenigen gearbeitet, die sich entschieden haben mit uns zu schreiten.

Zum Thema: Wie der Ort des ersten Treffens zu erreichen ist.

Um zum ersten Treffen zu gelangen − das für politische Organisationen
- muss man folgendes tun: Kommen Sie nach San Cristóbal de Las Casas; als nächstes, nehmen Sie die Autobahn Richtung Comitán und Ocosingo; Sie werden an einer sehr großen Baracke und einem Trainingslager der Bundesarmee vorbeikommen, und nur ein kleines Stück weiter befindet sich eine Kreuzung; rechts geht es nach Comitán, und da wollen Sie nicht hin, biegen Sie stattdessen nach links ab, in Richtung Ocosingo. Weiter entlang werden Sie durch Huixtán, Oxchuc und Cuxlijá passieren und in Ocosingo ankommen; dort nehmen Sie die Umgehungsstraße Richtung Selva Lacandona. Nach Ocosingo geht es weiter in Richtung La Garrucha, lassen Sie die Baracken der Bundesarmee in Tonina hinter sich und das Gefängnis, das die Regierung von Chiapas an den Ausläufern von Ocosingo gebaut hat. Als nächstes kommen Sie durch den Ferienort Rio Jataté, und dort steht ein großer Schild das sagt, dass die Bundesregierung die Autobahn von San Quintín asphaltiert hat, und die "Regierung der änderung hält was sie verspricht". Gut, dann folgt eine weitere Kreuzung: rechts geht es nach Altamirano, nehmen Sie das nicht, links geht es nach San Quintín, da wollen Sie hin. Fahren Sie weiter, außer sich vor Freude und verblüfft von allem was Fox für Chiapas getan hat, aber nicht zu sehr, denn gleich dort in der Nähe hört die Autobahn auf und der Schlammweg beginnt (mit anderen Worten, die Regierung der änderung hält nicht, was sie verspricht). Fahren Sie fröhlich weiter, aber jetzt staubiger oder schlammiger, je nachdem ob es gerade geregnet hat oder nicht, und fragen Sie sich, was aus dem Geld geworden ist, von dem es hieß, es sei für Chiapas bestimmt.

Nach einer Weile, etwa nach einer Stunde, werden Sie ein Dorf namens Carmen Pataté erreichen. Dort werden Sie ein Banner sehen, auf dem steht: "VORBEREITUNGSTREFFEN FÜR DIE SEXTA. INFORMATION," aber das ist nicht dort. Verlieren Sie auf keinen Fall den Mut, denn Sie können hier Halt machen und auf die Toilette gehen, Ihre Beine vertreten und Bescheid geben, dass Sie gerade angekommen sind, und vielleicht begleitet Sie sogar ein Führer. Nun, reisen Sie wieder weiter bis Sie das Dorf San Miguel erreicht haben, und dort wird ein anderes Banner stehen, auf dem steht: "FÜR DAS SECHSTE TREFFEN ", und ein Pfeil, der nach links deutet. Folgen Sie dem Pfeil, und dann, ein Stück weiter werden Sie ein anderes Banner, in einem anderen Dorf sehen, auf dem steht "HIER IST ES." Und da ist es dann, und Sie werden viel Tumult sehen, weil Sie bestimmt zu spät angekommen sind, und die anderen bereits dort sind, und sie werden Sie alle mit diesem "wie kann man sich so verspäten und wir haben alle stundenlang auf Sie gewartet und wollten schon ohne Sie beginnen" Blick betrachten. Aber lassen Sie sich nicht einschüchtern, machen Sie einfach einen auf "die unpünktliche Linke ist origineller" (oder irgendwas, das sich auf "unpünktlich" reimt), und dann werden die Compañeros sich Ihrer annehmen und Sie werden sehen, dass alle Zapatisten sehr glücklich sind, dass sie angekommen sind, und wir werden eine "Alegría" abhalten, das heißt, ein Tanzfest, mit Cumbias und Rancheras um Sie willkommen zu heißen, und dann werden wir alle sehr ernst werden und das Treffen beginnen.

Anmerkung: Falls Sie kein Transparent mit den Worten, die ich beschrieben habe finden sollten, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Sie sind entweder irgendwo völlig falsch abgebogen, oder wir haben es nicht geschafft die Banner aufzuziehen. Dann wird es, wie alles was im Leben von Wert ist, ein "Geheimnis" sein.

Die geschätzte Reisedauer ist: von San Cristóbal nach Ocosingo, etwa zwei Stunden, langsam, vorsichtig fahrend, weil es dort viele Kurven gibt; von Ocosingo nach Carmen Pataté, etwa eine Stunde; von Carmen Pataté nach rechts, wo das Treffen stattfinden wird, etwas weniger als eine Stunde. Also insgesamt ungefähr vier Stunden von San Cristóbal de Las Casas aus.

Noch etwas anderes: Sie könnten unterwegs möglicherweise auf ein Konvoi von Artilleriefahrzeugen der Bundesarmee stoßen, das Patrouillen macht (von denen Fox sagt sie fänden nicht mehr statt), und die Soldaten werden Sie filmen und fotografieren. Vergessen Sie also nicht zu winken, und machen Sie Ihr Haar ein wenig zurecht, wegen der "revolutionären Eleganz gegen den reaktionären schlechten Geschmack".

Vale. Salud, und willkommen an alle.

Aus den Bergen des mexikanischen Südostens
Für das Sechste Komitee der EZLN

Subcomandante Insurgente Marcos

Mexiko, August 2005.

Zum Thema: Aussage des wiederkehrenden P.S., A.C. des C.V. Unlimited & Co., weiterhin informierend, über die letzten Ereignisse im Zusammenhang mit dem angeblichen Pinguin, der sich angeblich auf angeblich zapatistischem Land, in der Selva Lacandona, Chiapas (oder weit weg von der Antarktis) befindet. − Also gut, ich informiere Sie darüber, dass anhand einer wissenschaftlichen "pinguinologischen" Analyse, mit einem gewissen Grad von Gewissheit festgestellt werden konnte, dass Pinguin in einem früheren Leben ein kleiner Hahn gewesen ist. Es ist daher zu erwarten, dass er Verhaltensweisen an den Tag legt, die dazu führen könnten, ihn mit einem Hahn zu verwechseln. Tatsächlich ist es bereits dazu gekommen. So war es:

Als wir einmal unser Lager von einem Platz zum anderen verlegten, machten wir in einem zapatistischen Dorf halt. Pinguin hatte die Reise überstanden ohne müde zu werden und ohne einen Schlammfleck abzukriegen. Das aber natürlich nur, weil er die ganze Strecke in Erikas Rucksack zugebracht hatte. Nun, nachdem sie in der Gemeinde angekommen waren, nahmen Toñita und Erika ein Stück Stoff, so eins wie wir sie benutzen um die Waffen zu säubern, und machten daraus das, was ich als ein "erstes Prototyp" von Pinguins Lätzchen bezeichnen würde. "Es sieht wie eine Schürze aus," sagte ich ihnen, und während Pinguin verblüfft an sich herunterblickte, fügte ich hinzu: "Ihr werdet noch ein paar davon machen müssen, falls sie schmutzig werden". "Genau wie eine Windel," sagte Toñita zu Erika. Inzwischen gewöhnte sich Pinguin an sein Lätzchen, und lief schwankend hin und her.

Ich glaube es ist nur fair Ihnen zu sagen, dass Pinguins Torkeln entschieden besser geworden ist. Obwohl er weiterhin stolpert, tut er das schon mit weitaus mehr Stil, mit einem diskreten Charme, dem wir alle mit schlecht-verhohlenem Stolz beipflichten.

Schön, also einmal passierte es, dass Pinguin einem der dortigen Hähne über den Weg lief. Und was passierte passierte. Ich glaube der andere Hahn hatte nicht begriffen, dass Pinguin kein Hahn war sondern ein Pinguin. Und deshalb forderte er ihn mit viel Kikeriki und all dem heraus. Pinguins Blut muss mit der ganzen Kampfestradition seiner Ahnen gebrodelt haben, und er antwortete indem er sich dem Möchtegern- Aggressor entgegenstellte.

Pinguins aufrechte Haltung ist für einen Hahnenkampf nicht gerade geeignet, also stürmte der andere Hahn auf ihn los und hackte ihm auf die Brust. Pinguin muss schon darum kämpfen nur auf den Beinen zu bleiben (manchmal reicht ein Luftzug aus um ihn umzustoßen), also schickte ihn der Schlag zu Boden, voller Länge ausgestreckt (was nicht viel ist, weil Pinguin winzig ist)

Das Schweigen war so dick, man hätte es anfassen und sich damit vor dem Regen schützen können. Der andere Hahn zog sich zurück zufrieden mit dem vernichtenden Sieg gegen Pinguin herumstolzierend. Wir waren sprachlos, entgeistert, völlig baff, "ausgefreakt", etceteriert. Und dann machten sich Toñita und Erika auf um Pinguin zu helfen, erste Hilfe zu leisten und ihn mit Umarmungen und Küsse zu trösten. Und wir anderen machten uns auf um es diesem impertinenten Hahn heimzuzahlen (mehr noch als Pinguin zu rächen, wollen wir ihn in ein Topf werfen, weil wir lange Zeit nur Bohnen gegessen hatten), als Pinguin ein Brüllen ausstieß (hierüber sind die Meinungen geteilt, einige sagen es sei ein Karateschrei gewesen, andere sagen es war ein Pinguinkrächzen, und wieder andere sagen es war ein "Kikeriki", einige von uns behaupten ihn klar singen gehört zu haben "Jetzt kann man den Horizont sehen..."), das das äquivalent von "Haltet alle die Klappe!" war, und alle, einschließlich des Aggressorhahns, waren wie paralysiert. Mit einer Ninjabewegung sprang Pinguin auf die Beine. Wir waren alle so voller Erstaunen, wie unsere Stiefel voller Schlamm waren. Pinguin war unverletzt. Das Lätzchen (oder die Schürze) aus Stoff, hatte wie eine Rüstung gehalten. Dann griff Pinguin den anderen Hahn an, der überrascht und verängstigt flüchtete, nicht ohne zuerst angemessen behackt zu werden. Wir alle applaudierten Pinguin (wir hoben ihn nicht auf unsere Schultern, weil er sehr klein ist und kaum auf einer Schulter passt), und an diesem Abend, saß er am Kopf unserer Tafel. Und auch wenn er keinen Löffel benutzte, schlang er eine großzügige Portion Reis mit Bohnen herunter, während wir ihm auf den Rücken schlugen, ihm gratulierten und unsere Gläser mit bitterem Pozol auf ihn hoben und auf seine Gesundheit anstießen. Die Nachricht hatte sich wie Wildfeuer durch die Berge des mexikanischen Südostens verbreitet, und ist nun Gesprächsthema in allen Baracken, Camps, Dörfer, Caracoles, Autonome Bezirke und Juntas der Guten Regierung. Und jetzt sagt man mir, dass zu seinem Ehren ein Corrido komponiert wird, und sogar eine Cumbia (Pinguin läuft in der Tat schon so als ob er eine Cumbia tanzen würde). Nun, das ist für dieses mal alles. Wir werden Sie weiterhin auf dem Laufenden halten. Für das Zapatistische Intergalaktische Fernsehsystem: der Sup.

Intergalaktisches PS. − Das habe ich vergessen: bis zum 31. Juli erreichten uns auf internationaler Ebene Botschaften der Unterstützung, Ermutigung und Hilfe von politischen und sozialen Organisationen, Kollektive und Personen aus Deutschland, Argentinien, Österreich, Bolivien, Brasilien, Kanada, Kolumbien, Costa Rica, Chile, Kuba, Ecuador, El Salvador, Spanien, den Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Martinique, dem Baskenland, Schweden und Uruguay.

 

Quelle: http://enlacezapatista.ezln.org.mx/


 

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