Netzwerk für den Frieden in Chiapas listet Übergriffe auf

News vom 10.10.2007
übersetzt von: Dana

 

San Cristóbal de Las Casas, Chiapas, Mexiko, 10. Oktober 2007

Kommunique Des Netzwerkes für den Frieden

Als Netzwerk für den Frieden denunzieren wir den Kontext der Gewalt, durch den die Lage im Bundesstaat Chiapas in den letzten Monaten charakterisiert wird.

Wahlen: Die Spitze des Eisbergs

Der Kontext der Wahl und der Vorwahlzeit war von Auflagen, Auflösungen und Neuformierungen der politischen Parteien und sozialen Organisationen geprägt, die sich am Wahlprozess beteiligten.

Am Tag der Wahlen ereignete sich eine Reihe gewaltsamer Vorfälle, unter anderem im Pueblo Nuevo Solistahuacán, Venustiano Carranza, Simojovel und Comitán, die von den meisten Massenmedien, den Wahlbehörden und der Regierung selbst heruntergespielt wurden.

Ein anderer Faktor, der zu Sorge Anlass gibt, betrifft den Hintergrund mehrerer Wahlsieger, die in der Vergangenheit mit der Repression gegen die organisierten sozialen Prozesse in Verbindung gestanden haben.

Die Reaktivierung der Konflikte im ganzen Bundesstaat

Jenseits der Wahlkonjunktur, haben die indigenen Gebiete von Chiapas, und insbesondere, die zapatistischen Einflusszonen, in den ersten neun Monaten der Bundesregierung von Felipé Calderón, und der Staatsregierung von Juan Sabines Guerrero, eine neue Offensive erlitten. Diese repressive Strategie beinhaltet koordinierte Aktionen zwischen den fast 80 ständigen Militärlagern, den lokalen Behörden, landwirtschaftlichen Institutionen und als paramilitärisch zu bezeichnenden Gruppen, die sich unter den Namen von Campesino- Organisationen verbergen [1].

Die Förderung von Landkonflikten − die in der Wahlzeit neubelebt wurden − scheint Teil der Strategie der Bundesregierung zu sein, und wird von der Staatsregierung übernommen und unterstützt.

In den letzten sechs Monaten wurden die folgenden Aggressionen und Drohungen gegen Widerstandsaktionen und den Aufbau von Alternativen durch die Gemeinden verübt:

- In Mai, wurden zapatistische Unterstützungsbasen der Gemeinde El Nance, im Bezirk Altamirano, mit dem Angriff einer gegnerischen Gruppe bedroht.

- Seit Mai bis heute, wird das Dorf "24 de Diciembre" in Las Margaritas von Campesinos der Ejidounion der Selva (UES), mit gewaltsamer Vertreibung bedroht. Es geht dabei um "befreites Land", auf das der UES nachträglich gesetzliche Ansprüche zugeschrieben worden sind.

- In Juni wurden Campesinos Anhänger der Anderen Kampagne aus der Pfarrgemeinde Cruztón, im Bezirk Venustiano Carranza, von PRIistischen Campesinos und Staatskräften mit gewaltsamer Vertreibung bedroht.

- Am 10. September wurden die EZLN Unterstützungsbasen auf dem Anwesen Bolom Ajaw, in der Gemeinde Agua Azul (Tumbalá und Chilón) von der OPDDIC angegriffen, wobei drei Zapatisten schwer verletzt wurden. Die offiziellen Medien versuchten die Zapatisten dafür verantwortlich zu machen, indem sie soweit gingen, alte Aufnahmen von bewaffneten EZLN Milizionären aus dem Jahr 1994 zu veröffentlichten und sie für neu auszugeben, obwohl sie in Wirklichkeit unbewaffnet sind.

- Am 18. August wurden die Gemeinden von San Manuel und Buen Samaritano (Ocosingo, Region Montes Azules) von Polizei- und Militärkräften gewaltsam geräumt.

- Am 25. August bedrohten die Sektorpolizei und die OPDDIC das Dorf "6 de Octubre" (Ocosingo) mit gewaltsamer Vertreibung.

- Seit Mai bis heute, hat die OPDDIC den Autonomen Bezirk Olga Isabel (Chilón) wiederholt angegriffen und mit gewaltsamer Vertreibung bedroht.

- Ende August wurden die Campesinos der Campesino Organisation Emiliano Zapata (OCEZ) Opfer von Drohungen und Zusetzungen, darunter ein Einmarsch der Armee in das Dorf "28 de Junio" (Venustiano Carranza).

- Am 25. September wurde die erste direkte Todesdrohung gegen fünf Angehörige des Autonomen Rates von San Adnrés Sakamch’en de los Pobres gerichtet. Nach Aussage der Junta der Guten Regierung von Oventic stammte die Drohung von der Gruppe "OPDDIC-Roja" und der Gruppe Juvenil (ein Auswuchs der Revolutionären Jugendfront der PRI). Dieser letzte Fall hat nichts mit Landkonflikten zu tun, aber ereignet sich im Rahmen der Welle von Aggressionen, denen die zapatistischen Gemeinden gegenwärtig unterworfen sind.

- Am 30. September wurden zwei EZLN Unterstützungsbasen aus der Pfarrgemeinde Chactoj, Bezirk Zinacantan, von den PRD-zugehörigen Behörden der Gemeinde, 11 Stunden lang festgehalten und ihrer Wertsachen beraubt. Am 4. Oktober wurden sechs Familien von zapatistischen Unterstützungsbasen dieser Gemeinde erneut von den PRDistas angegriffen, mit der Unterstützung einer Streife der Bezirkspolizei von Zinacantán. Gleichzeitig wurden Wasserschläuche und Plastiktanks von ihren Feldern geraubt.

Obwohl die Vorfälle scheinbar vereinzelt auftreten, ergeben sie zusammengenommen eine besorgniserregende und ernstzunehmende Landkarte der gesteigerten Konflikte im Bundesstaat. Die Bundesstromwerke (CFE) haben ihrerseits gemeinsam mit der staatlichen Sektorpolizei massive Stromkürzungen vorgenommen, die in verschiedenen Gemeinden Konfrontationen hervorgerufen haben.

Diese Vorfälle können ebenfalls nicht vom nationalen Kontext gelöst werden, in dem es zu einer weitreichenden Militarisierung und einer Tendenz zur Repression der organisatorischen Prozesse der Zivilgesellschaft gekommen ist.

Angesichts dieser Vorfälle, fordert das Netzwerk für den Frieden die Lokal-, Staats-, und Bundesregierungen auf:

1) Die kollektiven Rechte der Gemeinden zu respektieren;

2) Die Straflosigkeit und die Repression einzustellen;

3) Friedliche Lösungen für die Ursachen zu begünstigen, die den genannten Gewalthandlungen zugrunde liegen.

Das Netzwerk für den Frieden verpflichtet sich, weiterhin Aktionen zu fördern, die der Stärkung der Gemeindeprozesse dienen.

Hochachtungsvoll

Das Netzwerk für den Frieden Chiapas Allianza Civica − Chiapas (Bürgerallianz- Chiapas) CAPISE (Zentrum für Politische Analyse und Soziale und Wirtschaftliche Untersuchungen) Das Kollektiv für Friedensbildung (CEPAZ) Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas Das Menschenrechtszentrum Fray Pedro Lorenzo de la Nada Das Zentrum für Frauenrechte von Chiapas CIAM (Zentrum für Untersuchungen und Aktionen für die Lateinamerikanischen Frauen) CIEPAC (Zentrum für Wirtschaftliche und Politische Untersuchungen für Gemeinschaftliches Handeln) COFEMO (Feministisches Kollektiv Mercedes Oliveira) CORECO (Kommission zur Förderung von Einheit und Versöhnung in den Gemeinden) DESMI (Wirtschaftliche und Soziale Entwicklung der Mexikanischen Indigenas) Edupaz (Bildung für den Frieden) Enlace, Capacitación y Comunicación (Vernetzung, Ausbildung und Kommunikation) Maderas del Pueblo del Sureste PROPAZ (Schweizer Plattform für den Frieden in Chiapas) Serapaz (Dienste und Beratung für den Frieden) SIPAZ (Internationaler Friedensdienst)

 

Quelle: https://www.chiapas.eu/nolink.phpdisplay.php3?article_id=150863


 

URL der Nachricht:  https://www.chiapas.eu/news.php?id=3186