Geschichten aus den Kellern der Macht:

Die Verantwortlichen des schmutzigen Krieges in Mexiko

Zapapres-Import vom 11.08.2001

 

jk/ZAPAPRES, Hamburg, 11.08.2001 Aktive und bereits pensionierte Militärs, Polizisten und ehemalige Polizisten mit militärischer Vergangenheit, Zivilisten mit Militärdienstgraden, Agenten und Kommandanten der inzwischen aufgelösten »Föderativen Sicherheitsdirektion« − abgekürzt GFS, Chefs und »Paten« der Kriminalpolizei, Führungskräfte des Geheimdienstes und der »Untersuchungseinheit zur Kriminalitätsprävention« − sie alle stehen auf der Liste der mutmaßlichen materiellen und intellektuellen Verantwortlichen für Folter, Mord und Verschwindenlassen von mehreren Hundert Menschen vor allem in den 70er Jahren.

Auf der Grundlage von Zeugenaussagen der Überlebenden, Familienangehörigen und Zeugen, sowie öffentlicher Anklagen und veröffentlichten Daten, beginnt das »Puzzle« des sogenannten »schmutzigen Krieges« Gestalt anzunehmen. Und während die Nationale Menschenrechtskommission − CNDH − erneut aufgrund des öffentlichen Drucks die Nachforschungen über das Verschwindenlassen von 482 Menschen aufnahm, bestätigte letzte Woche der mexikanische Militärstaatsanwalt, dass vor allem gegen die Ende des Jahres 2000 festgenommenen Generäle Arturo Acosta Chaparro und Francisco Quirós Hermosillo auch wegen Menschenrechtsverbrechen ermittelt wird und nicht nur wegen Zusammenarbeit und Unterstützung der Drogenkartelle. Zum ersten Mal in der Geschichte Mexikos ist das Militär gezwungen, sich mit seiner Vergangenheit auseinander zusetzen Insgesamt 65 Untersuchungsverfahren − so der Militärstaatsanwalt − bestehen gegen die beiden, in den 70-er Jahren im Bundesstaat Guerrero stationierten Generäle, aber auch gegen weitere Militärs, die ebenfalls in Guerrero am schmutzigen Krieg gegen die damalige Bauern-Guerrilla unter Lucio Cabañas beteiligt waren. Die Ermittlungsschwerpunkte in allen Fällen: massive Menschenrechtsverletzungen.

Eine weitere Gemeinsamkeit besteht im Fall der beiden Generäle: beide gehörten der sogenannten «Weißen Brigade" an, einer paramilitärischen Spezialeinheit, die unter Führung von Miguel Nazar Haro aus mindestens 225 Mitgliedern bestand, die zum Großteil der inzwischen aufgelösten «Föderativen Sicherheitsdirektion" − abgekürzt GFS angehörten und deren Aufgabe in der Zerschlagung der Guerrillabewegung bestand.

Miguel Nazar Haro war − wie viele andere lateinamerikanische Militärs − an der US- amerikanischen «School of Americas" in Panama ausgebildet worden. Ausbildungsschwerpunkte: Guerillabekämpfung mit allen Mitteln. Während gegen ihn und andere Militärs, Polizisten und Geheimdienstbeamte ermittelt wird, arbeitet Nazar Haro − noch − als Sicherheitsberater für verschiedene Polizeieinheiten und Private Sicherheitsunternehmen.

Sein letztes öffentliches Auftreten fand Ende Oktober 2000 statt, bei den Beerdigungsfeierlichkeiten seines Mentors und Beschützers, des früheren Innenministers Fernando Gutiérrez Barrios. Noch ist unklar, ob die Forderung nach einer «Wahrheits-Kommission" oder einer speziellen Ermittlungs-Kommission für Menschenrechtsverbrechen in der Zeit der autoritären Herrschaft der Staatspartei PRI vom ersten nicht aus der PRI stammenden Präsidenten Vicente Fox auf die politische Tagesordnung gesetzt wird, als Teil des demokratischen Transformationsprozesses in Mexiko.


Quelle: Zapapres
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