Neue Guerilla in Mexiko − Abspaltung von der EPR

Poonal vom 11.08.1998

 

(Von Gerold Schmidt, Mexiko-Stadt, 11. August 1998, Poonal).

Mehrere Presseberichte über eine Spaltung der Guerilla im Bundesstaat Guerrero seit Anfang dieses Jahres fanden jetzt ihre Bestätigung durch die Aufständischen selbst. Bei einem geheimen Treffen mit mehreren MedienvertreterInnen präsentierten die Comandantes "Antonio" und "Santiago" Anfang August ihre Organisation, die Revolutionären Streitkräfte des aufständischen Volkes (ERPI). Die ERPI trennten sich nach eigenen Angaben und der Presse zugegangenen Information wegen strategischer und politischer Differenzen von der Revolutionären Volksarmee (EPR).

Die beiden Comandantes bestätigten Berichte, nach denen es Mitglieder ihrer Organisation und Zivilisten waren, die bei einem Gefecht mit der Bundesarmee am 7. Juni in der guerrensischen Ortschaft El Charco ums Leben kamen. Sie bekräftigten die von der kritischen Presse dargestellte Version, nach der es sich um ein geplantes Massaker der offiziellen Streitkräfte und nicht um eine offene Konfrontation handelte. Das Treffen zwischen Guerilla und Dorfbevölkerung sei verraten worden. Die ERPI- Vertreter kündigten an, "die Schuldigen zu bestrafen".

Die neue bewaffnete Organisation nimmt für sich in Anspruch, weniger hierachisch als die EPR zu sein und mehr auf die Meinung der Bevölkerung, besonders der Indígenas hören zu wollen. Ihre Aussagen lassen regelmäßige Attacken auf Militär- und Polizeieinheiten erwarten. In den Wochen nach dem Gefecht in El Charco hat es bereits mehrere solcher Angriffe gegeben, die der ERPI zugeschrieben werden. Offenbar ist fast die gesamte Struktur der EPR im Bundesstaat Guerrero zur ERPI übergelaufen. Nach allgemeiner Einschätzung hatte die Revolutionäre Volksarmee in Guerrero die meisten Mitglieder. Dort führte sie auch einen Großteil ihrer bewaffneten und propagandistischen Aktionen durch.

In dem Gespräch mit der Presse wie auch in einem vor wenigen Wochen bekannt gewordenen Dokument versucht die neue Bewegung, den Streit mit der EPR herunterzuspielen. Zwar sei die Trennung notwendig gewesen, doch wird eine Zusammenarbeit für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Bezüglich der aufständischen Zapatisten im Bundesstaat Chiapas leugnete der Comandante Antonio jegliche direkte Verbindung. Während die EZLN vorrangig eine politische

Antwort gebe, bestehe die Reaktion der ERPI auf die soziale Lage in bewaffneter Selbstverteidigung und Feindseligkeiten gegen die Bundesarmee. Allerdings begrüßte Antonio die "wichtigen Beiträge" der Zapatisten für den politischen Kampf. In diesem Sinne könne von einer Annäherung gesprochen werden.

Der Comandante nahm ebenso positiv Bezug auf die zapatistischen Losungen "gehorchend regieren" und "für alle alles, für uns nichts". Beide ERPI-Vertreter begrüßten die jüngst von der EZLN in der V. Erklärung aus dem Lacandonen-Urwald angekündigte landesweite Befragung der Bevölkerung über ein Gesetz zu Indígenarechten und -Kultur. Sie ließen verlauten, in ihrem im wesentlichen auf Guerrero beschränkten Einflußgebiet die Befragung zu fördern. Beide Comandantes gaben ihrer Überzeugung Ausdruck, da· in anderen Teilen Mexiko weitere Guerillagruppen existieren bzw. gebildet werden.


Quelle: poonal
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