Blutrüstige Guerilla alten Stils in Mexiko

Zapapres-Import vom 11.09.1996

 

Mexiko News IV, Radio FSK, 11.9.96, gh/ZAPAPRES

So bezeichnete die TAZ vor einigen Tagen in Einklang mit dem mexikanischen Regime die Offensive des vor zwei Monaten an die Öffentlichkeit getretenen revolutionären Volksheers EPR.

Mit zweieinhalbjähriger Verspätung hat sich die ursprüngliche Hoffnung der zapatistischen Befreiungsbewegung erfüllt, daß sich auch außerhalb von Chiapas bewaffnete Bewegungen zum Sturz des Regimes der Revolutionären Institutionellen Partei erheben.

Doch heute paßt das EPR nicht mehr so ganz in das Konzept der Zapatistas von einer radikalen gesellschaftlichen Veränderung.

Nach der Offensive des EPR in mehreren Bundesstaaten Mexikos meldete sich vor einer Woche der Poet und Subkommandant Marcos mit offenen Briefen an die Kämpfer des EPR, an den mexikanischen Präsidenten und an die innig-geliebte internationale Zivilgesellschaft zu Wort:

Das EZLN sieht in der neuen Guerilla keine Konkurrenz, es verbittet sich aber jegliche Einmischung in Chiapas. In Abgrenzung wird festgestellt, daß das EPR um die Macht kämpft und nicht zu Verhandlungen bereit ist. Wenigsten erinnerte sich der Sup daran, daß die Zapatistische Bewegung vor 2,5 Jahren genauso wie das EPR heute als bösartig, gesetzesbrecherisch und gewalttätig denunziert wurde.

Überraschend ist an den weiteren Erklärungen des EZLN, daß die Gespräche mit der Regierung nach eingehender Beratung in den zapatistischen Dörfern als gescheitert erklärt werden, weil wesentliche Ergebnisse nicht umgesetzt und wieder mutmaßliche Zapatistas zu langen Haftstrafen verurteilt worden sind.

Es scheint, als ob das EZLN aus dem Auftauchen des EPR doch indirekt einen Nutzen ziehen kann: Die Regierung mußte aus Chiapas bereits Armeeeinheiten abziehen, weil es in anderen Landesteilen stärker brodelt. Zum anderen gibt es von offizieller Seite Überlegungen, den als Hartliner bekannten Chefunterhändler der Regierung auszuwechseln.

Zu Hoffen ist jedoch, daß das Kalkül der Regierung, die radikale Opposition in eine gute verhandlungsbereite und eine böse zu vernichtende zu spalten, nicht aufgeht.

Wie sich jedoch die in den letzten Jahren entstandenen Unterstützerkreise des EZLN angesichts der neuen Guerilla verhalten werden ist nicht klar: Werden sie weiter den mühseligen Weg der zivilgesellschaftlichen Emanzipierung einhalten oder sich von den Parolen des EPR für einen bewaffneten Kampf anstecken lassen?

Es ist den Führungen von EZLN und EPR zu wünschen, daß trotz aller Differenzen zwischen beiden Wegen nicht vergessen wird, daß der Sturz des Regimes oberste Priorität hat. Für diesen Kampf ist bewaffnete Schlagkraft genauso wichtig wie zivilgesellschaftliche Emanzipation und revolutionäre Poesie.


Quelle: Zapapres
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