Neue Guerilla in Mexiko

Auswirkungen auf den Dialog in Chiapas

Zapapres-Import vom 17.07.1996

 

(Hamburg 17.7.96, gh/ZAPAPRES)

Am 28. Juni ist in Mexiko eine neue Guerrilla-Armee aufgetaucht. Zum Jahrestag des Bauernmassakers in Aguas Blancas im Bundesstaat Guerrero erschienen unerwartet an die 100 schwer bewaffnete Guerillakämpfer des sogenannten "Revolutionären Volksheeres" EPR.

Im Manifest von Aguas Blancas, das während der Gedenkveranstaltung vor 1.000 Menschen verlesen wurde, begründete das EPR seinen Kampf: "Angesichts der institutionalisierten Gewalt ist der bewaffnete Kampf ein legitimes und notwendiges Mittel des Volkes, um seinen souveränen Willen durchzusetzen und den Rechtsstaat wieder herzustellen." Das ERP rief dazu auf, die Regierung zu stürzen und die grundlegenden Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen.

Später wurden bei einem Schußwechsel auf der Landstraße nahe Chilpancingos, der Hauptstadt Guerreros, drei Polizeiagenten verletzt, als Angehörige des EPR die Straße sperrten, mit einem Transparent gegen den Neoliberalismus protestierten und ihr Manifest verteilten.

Bald darauf besetzten Einheiten der Bundesarmee die Gedenkstätte des Bauernmassakers und begannen in den Bergen, nach dem EPR zu suchen. Wenige Tage später wurden erste Verhaftungen gemeldet. Das Auftauchen einer zweiten Guerillafront in Mexiko ist keine Überraschung. Bereits in den 70er Jahren kam es in Guerrero zu Aufstand einer Landguerilla, die erst nach Jahren zerschlagen werden konnte. Dem neuen EPR werden Kontakte zur ultraradikalen maoistischen Organisation PRUCUP-PDLP nachgesagt, die in der Vergangenheit ihren Führungsanspruch in der Linken mit allen Mitteln durchzusetzen versuchte und Anfang 1994 mit Bombenanschlägen in Mexiko-Stadt und Acapulco auf sich aufmerksam machte. Die Sprache des Manifests von Aguas Blancas ist jedoch weitaus moderater als die Kommuniqués der maoistischen Organisation.

Hauptopfer der Verhaftungswelle nach Erscheinen des EPR sind Angehörige der Bauernorganisation der Sierra Sur OCSS, von der 17 Mitglieder vor einem Jahr in Aguas Blancas von Polizeiagenten ermordet wurden, sowie die FAC-MLN, ein Oppositionsbündnis, das sich als Alternative zu einer möglichen Allianz zwischen der zapatistischen Befreiungsbewegung und der sozialdemokratischen Partei PRD zu etablieren versucht.

Die Allianz zwischen EZLN und PRD wurde erneut auf einem großem Forum über die Reform des Staates Ende Juni in San Cristobal thematisiert, auf dem auch der Subkommandant Marcos teilnahm. Das EZLN bestreitet jegliche Verbindung mit der neuen Guerillafront, nimmt das EPR jedoch als Beleg dafür, da· die in Chiapas bekämpften Mißstände für ganz Mexiko gelten. Der Regierung ist die neue Guerillafront ein willkommener Anlaß, die Repressionsmaßnahmen zu verstärken und am Willen der Zapatistas zum politischen Dialog zu zweifeln. Um so wichtiger ist es nun, da· die Probleme in Guerrero als Thema in den Dialog zwischen Regierung und Zivilgesellschaft in Chiapas aufgenommen werden und weitere politische Oppositionsgruppen sich daran beteiligen.

Anfang August hat das EPR in einer Pressekonferenz umweit von Mexiko-Stadt seine Ziele erläutert: Im Gegensatz zur EZLN hätten sie der mexikanischen Regierung nicht den Krieg erklärt, die Waffen dienten vor allem zur Selbstverteidigung. In Anspielung auf den Subkommandanten Marcos hieß es, nur mit Poesie könne keine Revolution gemacht werden.

Ende August hat das EPR in mehreren Badeorten von Guerrero bis Oaxaca Militär- und Polizeiposten angegriffen.


Quelle: Zapapres
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