Denuncia der Frauen über die Gewalt in San Jose, Marques de Comillas

Denuncia vom 29.07.2001
übersetzt von: Dana

 

Barrio San José Ejido, Marqués de Comillas

An das Menschenrechtszentrum Fray Bartholome de las Casas
An die nationale und internationale Presse
An die nationale und internationale Gesellschaft

Die Frauen des Ejido Barrio San José ejido ersuchen um Ihre Anwesenheit, damit sie sich unseren Bericht anhören können über das was in unserer Gemeinde ereignet hat, als die Sicherheitskräfte am Freitag dem 27 Juli angekommen sind.

Folgendes ist geschehen: wir waren alle in unseren Häusern und warteten auf die Verhandlungen die in der Gemeinde von San José um 16:00 stattfinden sollten.

Ich hörte dass die Polizei kam. Als sie in unsere Gemeinde ankamen begannen sie zu schiessen, und einige Frauen und ich rannten erschrocken aus unseren Häusern davon. Wir versteckten uns in einem Gulli, deswegen wissen wir nicht was in dem Dorf passiert ist. Hubschrauber flogen über uns, wir hörten Schreie, dass wir unsere Häuser nicht verlassen sollten, dass sie uns nichts tun würden, dass nichts passieren würde. Und wir hörten dauernd Schüsse.

Dann gingen wir weiter hinein [Richtung Gebüsch] weil wir Angst hatten. Unten im Dorf wurde geschossen und wir hörten die Polizei, die bereits dabei war die Häuser zu verwüsten. Wir hörten wie sie Türen einschlugen. Sie rannten brüllend durch alle Strassen und liefen fast genau über uns. Ich weiss nicht wieso sie so grauenhaft brüllten.

Um 18:00 als die Polizei wegging, kamen die Frauen aus ihrem Versteck. In unseren Häusern fanden wir unsere Sachen auf dem Boden, sie hatten alle Nahrungsmittel die wir hatten verschüttet, sie schütteten Tränengas in den Wassertank der Gemeinde und in unseren Getreidesilos — wir glauben das es Tränengas ist weil es so riecht.

Andere Frauen die in ihren Häusern waren und nicht weglaufen konnten waren äusserst verängstigt, weil die Polizei nicht gekommen war um Gutes zu tun; andere Frauen sind aus ihren Häusern gezerrt und geschlagen worden. Sie zerrten und verprügelten einen Mann bis er fast tot war. Seine Familie wollte ihn verteidigen. Zuerst sah seine Schwester, dass sie dabei waren ihn umzubringen; sie bat den Polizeibeamten ihn nicht zu töten, da wir alle dasselbe Blut und dasselbe Fleisch haben und es ihm auch schmerzt. Sie sagten ihr sie solle den Mund halten und traten sie ein paar mal. Jetzt hat sie grosse Schmerzen. Seine Mutter, die sehr alt ist, kam mit ihrer Schaufel und rief "Tötet ihn nicht!" Sie wollte den Polizeibeamten schlagen um ihren Sohn zu verteidigen, und sie traten sie auch. Ihre Schwiegertochter sagte ihnen sie sollen ihn nicht töten, und sie schlugen sie auf dem Kopf und traten sie. Sie ist im achten Monat schwanger und hat jetzt grosse Schmerzen.

Wenn die Sicherheitspolizei Männer aufgriff berschimpften sie sie: "Arschlöcher, wir werden euch fertigmachen weil ihr Arschlöcher seid." Viele Männer waren in ihren Häusern und entspannten sich, und andere waren auf der Strasse. Die Polizei ergriff einen von ihnen, verprügelte ihr und sagten, wenn er Geld hätte würden sie es ihm wegnehmen. Der arme Mann gab ihnen 300 Pesos und sie liessen ihn laufen. Sie ergriffen Pedro Cruz Juárez, unseren regionalen Vertreter für Pueblo Creyente in seinem Haus als er in seiner Hängematte war. Sie schlugen ihn furchtbar und beschimpften ihn.

Wir sahen dass einige Bezirksautoritäten die Sicherheitspolizei begleitete um ihnen die Häuser unserer Ehemänner zu zeigen. Einige der Polizisten waren maskiert.

Wir Frauen wissen, dass die Beamten die in dem Ejido festgehalten wurden gut behandelt wurden, wir wissen dass sie ernährt wurden, dass sie niemals eriedrigt worden sind. Wir verstehen nicht wieso uns die Regierung auf diese Weise behandelt und unsere Menschenrechte verletzt.

In anderen Häusern tat die Polizei viele Dinge. Sie raubten Haustiere, wie Schweine und Hühner, sie klauten Ware, Kassettenrekorder, Hängematten, Teller, Werkzeuge, Solarzellen. In allen Häusern nahmen sie alles Geld das wir hatten, sie nahmen auch fast alle Kleidungsstücke. Sie rissen die Türen aus und raubten auch viele andere Dinge.

Die Polizei verfolgte andere Männer, Frauen und Kinder in Hubschrauber als diese wegliefen. Sie landeten den Hubschrauber in dem Stall und ergriffen sie alle. Alle von uns die davongekommen sind, schliefen angsterfüllt in den Bergen.

Andere Frauen gingen zu dem anderen Ejido, und sie sind immer noch verstreut. In der Nacht hörten wir sie wieder schiessen. Wir wissen nicht wo, aber wir hörten es.

Am Samstag morgen kehrte eine Gruppe Frauen in die Gemeinde zurück. Ein Hubschrauber flog über sie hinweg. Sie besprühten eine Frau die durch die Tür sah mit Tränengas, und sie brach ohnmächtig zusammen, mit ihrem Baby.

Wir warten auf Ihre Anwesenheit in unserer Gemeinde. Und das ist alles was ich sagen kann. Wir hoffen, dass Sie sich unseren Bericht anhören werden. Als Frauen erleiden wir vieles, und wir warten auf Sie in unserer Gemeinde um die Fakten vor Ort zu dokumentieren.

Danke für ihre Aufmerksamkeit.

Aufrichtig, die Frauen der Gemeinde des Ejido San Jose, Bezirk Marques de Comillas.
Reynalda Pablo Cruz
Gewählte Vertreterin der Frauen

29 Juli, 2001
Barrio San José Ejido, Marqués de Comillas

 

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