Mexiko: Kein Platz für regierungskritische AusländerInnen

Zapapres-Import vom 15.12.1994

 

ZAPAPRES, Hamburg, Dezember 1994

"Jeder an seinen Platz" − Unter dieses Motto hat der neue mexikanische Präsident Zedillo seine Amtseinsetzungsrede am 1. Dezember gestellt. Vielleicht wollte er damit andeuten, daß es für AusländerInnen, die nicht wegen der Strände oder um zu investieren ins Land kommen, keinen Platz mehr in Mexiko gibt.

Seit Beginn des zapatistischen Aufstands werden alle AusländerInnen, die sich nicht eindeutig "touristisch" benehmen, von den mexikanischen Sicherheitsbehörden verdächtigt, die indianisch-bäuerliche Landbevölkerung zu organisieren und aufzustacheln. Damit laufen sie Gefahr, unvermittelt festgenommen und abgeschoben zu werden.

Dies ist auch dem hamburgischen Hochschuldozent Gunther Dietz passiert, der mit einem Doktorandenstipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung die Dorfgemeinschaften der Purhépecha-Bevölkerung im Bundesstaat Michoacán erforschte. Am 28. September wurde er in Michoacáns Hauptstadt Morelia, nachdem er in Begleitung eines Mitarbeiters der indianischen Presseagentur AIPIN eine Mahnwache der Purhépecha-Bevölkerung gegen den Wahlbetrug besucht hatte, von Agenten des Nationalen Sicherheitsrates festgenommen und nach Mexiko-Stadt entführt. In dem seit Frühjahr bestehenden Nationalen Sicherheitsrat koordinieren die Geheimdienste, die verschiedenen Polizeiabteilungen und die Armee ihre Maßnahmen zur Aufstandsbekämpfung.

Nach zwei Tagen Verhör wurde er ohne Geld und Gepäck in die BRD abgeschoben. Begründet wurde die Abschiebung damit, daß er sich, nur mit einem Touristenvisum ausgestattet, wissenschaftlich betätigt hätte − was jedoch vorher nie beanstandet wurde. Ein andere Gruppe von AusländerInnen sind baskische Flüchtlinge, die sich vor Jahren in Mexiko zur Ruhe gesetzt haben. Das mexikanische Asyl schützte sie bislang vor einer Auslieferung an den spanischen Staat, der über 200 ETA-Angehörige in Mexiko ausgemacht haben will.

Im Frühjahr 1993 flog in Nicaragua ein Waffenlager auf, das der ETA zugeschrieben wird. Dabei wurde auch eine Entführungsliste gefunden, auf der sich 77 mexikanische Bankiers und Industrielle befinden. Der mexikanische Staat begann aus Sorge um seine neuen Millionäre mit einer geheimdienstlichen Untersuchung: Demnach übt die ETA in mexikanischen Wäldern den Schußwaffen- und Sprengstoffgebrauch und erhebt außerdem sogenannte "Revolutionssteuern".

Im Frühjahr 1994 schickte die spanische Regierung mehrere Sicherheitsberater nach Mexiko, um die Kooperation in der "Terrorismusbekämpfung" zu verstärken. Den Nachweis dafür, daß baskische Flüchtlinge an Entführungen − wie z.B. des Großindustriellen Harp Helú, dessen Name auch auf der in Managua gefundenen Liste steht − oder an dem zapatistischen Aufstand beteiligt seien, konnten diese bislang nicht erbringen. Dennoch ist zu befürchten, daß Ausweisungen von baskischen Flüchtlingen − wie im Sommer 1993 in Nicaragua und im August 1994 in Uruguay passiert − auch in Mexiko bevorstehen.

Abschiebungen und Einreiseverweigerungen sind fester Bestandteil der Aufstandsbekämpfung. Seit November wird verstärkt gegen Landbesetzungen vorgegangen und ein militärischer Angriff auf die zapatistische Befreiungsarmee scheint unmittelbar bevorzustehen. Dafür müssen zuvor so viel internationale ZeugInnen wie möglich aus Mexiko entfernt werden.


Quelle: Zapapres
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