Zapatistischer Kontrollpunkt an der Quexil Kreuzung immer noch in Betrieb

La Jornada vom 21.08.2002
Hermann Bellinghausen
übersetzt von: Dana

 

Quexil Kreuzung, Chiapas, 20. August. — Der Schock an der Kreuzung ist immer noch fühlbar, nach dem gewalttätigen Angriff gegen EZLN Unterstützungsbasen am Rand der Gemeinde von Nuevo Guadalupe. Trotz des Angriffes von mehr von 200 PRIistas um den Kontrollpunkt "aufzulösen" — der vor einer Woche aufgestellt wurde, um den Schmuggel mit Holz, gestohlene Autos und Alkohol zu verhindern — funktioniert der zapatistische Kontrollpunkt weiterhin.

Rigoberto Sánchez López, 17 Jahre alt, der von den Paramilitärs "festgenommen" und später der Polizei übergeben wurde, wurde zuerst von den PRIstas verprügelt, dann von drei Mitglieder der Bezirkspolizei von Ocosingo (die militärische Kleidung trugen) in den Räumen der Staatsanwaltschaft. Rigoberto, der letzte Nacht freigelassen wurde, zeigte seinen schwer verletzten Körper, und erzählte knapp wie er in die Seiten, Beine und Gesicht getreten worden war. Die gleichen Agenten drohten ihn in die Militärbaracken zu bringen, "um ihn zu foltern", falls die Verletzungen der PRIistas sich als schwer herausstellen sollten, und wenn er die Namen seiner Anführer nicht verraten würde.

Zapatistische Unterstützungsbasen der Autonomen Bezirke San Manuel, Francisco Villa und Francisco Gómez kamen überein an diesem Nachmittag in Quexil ein Treffen abzuhalten. Sie berichteten, dass gestern morgen etwa 22 bis 24 OPDIC Lastwagen aus Monte Líbano die Gegend "überfluteten" und das Haus einer zapatistischen Autorität angegriffen haben, denn sie zu entführen versuchten. Daraufhin eilten die Frauen und Männer von Nuevo Guadalupe ihren Compañero zu Hilfe, und die berühmte Auseinandersetzung brach aus.

Außer den verwundeten Zapatisten wurden auch PRIistas verletzt: Antonio Gómez Aguilar, Patricio Chulín González, Jorge Méndez Lorenzo, Antonio Chulín Jiménez und Tomás López Gómez. Einer von ihnen mit einer Kugel Kaliber 22, und die anderen durch Schläge. Dem Bezirk San Manuel zufolge, gehörte die Waffe, die auf die PRIistas abgefeuert wurde nicht den Zapatisten, sondern wurde während der Auseinandersetzung abgefeuert. Die zwei schwerverwundeten Zapatisten wurden von einer Ambulanz der ärzte ohne Grenzen nach Comitán gefahren, und die PRIistas werden in dem Krankenhaus von Ocosingo behandelt.

Alles deutet darauf hin, dass sich hierbei um eine sorgfältig vorbereitete Provokation der PRI-Gruppen aus den Cañadas gehandelt hat, besonders aus Agua Azul (Taniperla) und der nördlichen Selva. Davon abgesehen, ist die "Operation" immer noch im Gange. Die Aussicht in dem Bezirkshauptsitz von Ocosingo an diesem Nachmittag war, nach Aussage von Zivilbeobachter " besorgniserregend". Nachdem sich gestern mehrere Hundert PRIistas in den Zentralpark versammelt haben, vorgeblich um gegen den Plan Puebla-Panama zu protestieren, verblieben heute Nacht um die 200 OPDIC Mitglieder in den Bezirkshauptsitz, weil sie nicht in ihre Gemeinden zurückkehren könnten.

Sie ersuchten darum von der Bundesarmee oder der Öffentlichen Sicherheitspolizei eskortiert zu werden, da "sie fürchteten an den zapatistischen Kontrollstellen festgehalten", oder sogar "angegriffen zu werden".

Berichten zufolge, die von den PRIistas selbst im Umlauf gebracht werden, würde nun eine "Mobilisierung bewaffneter zapatistischen Unterstützungsbasen gegen die Gemeinden der PRIistas stattfinden, die sich heute in Ocosingo versammelt haben." Ohne, dass es irgendeine bewaffnete oder unbewaffnete Aktion der Zapatisten in diesen Gemeinden gegeben hätte, stellten die PRIistas aus Taniperla letzte Nacht bewaffnete Wachen auf, "darauf vorbereitet die Zapatisten zu konfrontieren, wenn sie angreifen würden."

Ebenfalls heute kamen Hunderte Mitglieder der COAO in Ocosingo an, um gegen den Plan Puebla-Panama zu protestieren. Die COAO betrachtete den PRI-Angriff als eine "Provokation, ein Versuch Verwirrung zu stiften". An diesem Nachmittag befanden sich auch Unterstützungsbasen von ARIC-Independiente, ARIC Gewerkschaftsunion, ORCAO, CNPI und andere Organisationen in Ocosingo. Am Tag zuvor hatten sie die Operation der PRIistas gegen die Zapatisten denunziert. Zivilbeobachter, die von der La Jornada befragt wurden, hatten das Gefühl, dass die Situation die Verwirrung in diesem Bezirkshauptort und auf den Strassen zu den Gemeinden in den Cañadas und der Selva auf gefährliche Weise steigerte

Währenddessen verhielt sich die Bezirkspolizei aus Ocosingo seltsam. Den ganzen letzten Monat lang haben sie ein Programm implementiert, denn Menschenrechtsverteidiger als eine "Militarisierung der Polizei" bezeichnen. In dem gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl der Mitglieder verdreifacht (von 40 auf ungefähr 120). Sie haben ihre blauen Uniformen mit militärartige Tarnuniforme ausgetauscht, und Frauen wurden als Polizeioffiziere aufgenommen. Sie halten täglich Formationen und öffentliche Zeremonien in dem Bezirkspark ab, und in der letzten Zeit hat die Zahl der Festnahme von Indigenas auf den Strassen von Ocosingo und den benachbarten Gegenden stark zugenommen.

Auf einer seltsamen und plötzlichen Art und Weise, operierte die Bezirkspolizei heute (mit Ausnahme einer einzigen Patrouille) ohne Uniformen, das heißt, in Zivilkleidung.

 

Quelle: https://www.jornada.com.mx/


 

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