Gegen die Straffreiheit

Menschenrechtsbeobachterkommission unterwegs

Poonal vom 19.02.2008
Gerold Schmidt

 

(Mexiko-Stadt, 9. Februar 2008, npl).- Am 9. Februar schloss die Internationale Menschenrechtsbeobachterkommission CCIODH mit Sitz in Barcelona die erste Etappe ihres dreiwöchigen Aufenthaltes in Mexiko ab. Die 51-köpfige Gruppe, zusammengesetzt aus MenschenrechtsexpertInnen und -aktivistInnen acht europäischer Länder sowie den USA und Kanada, bereiste nach vorbereitenden Treffen in Mexiko-Stadt eine Woche lang den südöstlichen Bundesstaat Chiapas. Dort führte sie zahlreiche Gespräche mit Organisationen der Zivilgesellschaft, den selbstverwalteten Gemeinden der aufständischen ZapatistInnen sowie Mitgliedern der Lokalregierung, darunter Gouverneur Juan Sabines und mehrere seiner Minister. Weitere Stationen der bis zum 20. Februar im Land weilenden BeobachterInnen sind die Bundesstaaten Oaxaca und Mexiko.

Ein wichtiges Thema in Chiapas war das Massaker im Dorf Acteal. Am 22. Dezember 1997 wurden in Acteal praktisch unter den Augen der Regierung und der Sicherheitskräfte 45 Indígenas von einer paramilitärischen Gruppierung ermordet. Bis heute sind das Verbrechen und die Verwicklung von Regierungsfunktionären darin nicht vollständig aufgeklärt. Viele der intellektuellen und der ausführenden Täter blieben straffrei. Derzeit wird von offizieller Seite versucht, die Geschichte des Massakers umzuschreiben. Die Vorkommnisse von Acteal waren Anlass für die Gründung der CCIODH und ihren ersten Mexiko-Besuch in 1998. Seitdem ist sie zu einer der internationalen Menschenrechtsorganisationen geworden, die am konstantesten und intensivsten einen Blick auf die Lage der Menschenrechte in Mexiko wirft.

Die aktuelle Delegation ist die sechste, die die CCIODH entsendet. Sie will sich nach den Worten ihres Sprechers Iñaki García einen Überblick darüber verschaffen, inwieweit die Empfehlungen der vorausgegangenen fünf Delegationen angenommen wurden und neue Menschenrechtsverletzungen dokumentieren. Inzwischen können auch Regierungsinstanzen die breit dokumentierte Arbeit der Kommission nicht mehr einfach ignorieren. Allerdings hat es immer wieder Versuche von offizieller Seite gegeben, die wenig schmeichelhaften Untersuchungsergebnisse der CCIODH über den Fortbestand der Straffreiheit bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen zu diskreditieren.

Zumindest in Chiapas war die Reaktion diesmal anders. Direkt nach dem Treffen mit Mitgliedern der Kommission veröffentlichte die Lokalregierung in Zeitungen eine als Artikel getarnte Anzeige mit der Überschrift "Chiapas öffnet der internationalen Beobachtung die Türen". Gleichzeitig häuften sich in den vergangenen Wochen und Monaten jedoch die Meldungen über die zumindest geduldeten Aggressionen gegen die autonomen Gemeinden der ZapatistInnen und andere oppositionelle Strömungen. So verhafteten die chiapanekischen Behörden vor wenigen Tagen den Lehrer Felipe Hernández, einen der lokalen Wortführer gegen das Agrarkapitel des Freihandelsvertrages NAFTA unter der Anschuldigung der "Rebellion und Aufruf zur Gewalt".

Bei den ausstehenden, jeweils mehrtägigen Aufenthalten in den Bundesstaaten Oaxaca und Mexiko wird die CCRegierung richtet dauerhaftes nationales Dialogsystem ein IODH ebenfalls die staatliche Repression unter die Lupe nehmen. In Oaxaca ging die Regierung in den vergangenen zwei Jahren brutal gegen die Volksversammlung der Völker Oaxacas APPO vor, die den Rücktritt des Gouverneurs Ulises Ruiz fordert. Über 20 Morde an APPO-Mitgliedern bleiben ohne Aufklärung. Im Bundesstaat Mexiko ist ein massiver Polizeieinsatz vom Mai 2006 gegen die protestierende Bevölkerung des Dorfes San Salvador Atenco nach wie vor nicht aufgearbeitet. Damals gab es zwei Todesopfer, es kam zu Folterungen und sexuellem Mißbrauch. In Oaxaca und in Atenco waren Bundeseinheiten an der Unterdrückung der oppositionellen Bevölkerung beteiligt. Der konservativen Zentralregierung von Präsident Felipe Calderón in Mexiko-Stadt wird die CCIODH zum Abschluss der Beobachterdelegation vorläufige Ergebnisse und Erfahrungen mitteilen.


Quelle: poonal
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