Kampf gegen den Drogenhandel tritt Welle der Gewalt los

Poonal vom 19.02.2008
Teodóro Rentería Arróyave

 

(Quito, 6. Februar 2008, alai-poonal).- Seit der Bildung der neuen Regierung des Bundesstaats und der Stadt- und Gemeindeverwaltungen von Baja California Ende letzten Jahres hat sich eine Welle der Gewalt über diesen, wie auch über andere Bundesstaaten ausgebreitet − eine Folge des von der mexikanischen Regierung erklärten "Kriegs" gegen die Drogenkartelle und das organisierte Verbrechen. Dies geht aus einem Bericht an die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, vom 5. Februar hervor, der ihr vom Vorsitzenden der mexikanischen Menschenrechtsorganisation Comisión Ciudadana de Derechos Humanos del Noroeste, Raúl Ramírez Baena, vorgelegt wurde.

Louise Arbour traf einen Tag danach mit verschiedenen mexikanischen Senatoren zusammen und sagte: "Wenn das mexikanische Militär zivile oder polizeiliche Funktionen erfüllt, dann muss es dabei von einer zivilen Institution kontrolliert werden." Die Hochkommisarin führte weiter aus: "Die Militärs haben ihre eigene Operationslogik, die manchmal nicht sehr angemessen ist für große urbane Gebiete und die dortige Zivilbevölkerung." Arbour unterstrich, dass die Menschenrechte nicht als etwas betrachtet werden könnten, das der Sicherheit entgegen stehe.

Der Bericht der Comisión Ciudadana de Derechos Humanos del Noroeste mit dem Titel "Menschenrechte und öffentliche Sicherheit an der Grenze im Nordwesten − Gewaltverbrechen und Drogenhandel" spricht davon, dass die neuen Verwaltungen der Infiltration der Polizeiverbände durch kriminelle Vereinigungen nun durch den Austausch von BeamtInnen begegneten. Dadurch käme es zu internen Konflikten und Gewalttaten gegen Vorgesetzte und BeamtInnen, wenn diese sich weigerten, mit den Drogenkartellen zusammenzuarbeiten.

Täglich werden in Baja California in Laken gehüllte Leichen gefunden, die Spuren von Folter tragen und denen Gliedmaßen oder der Kopf abgetrennt wurden. Bei den Toten finden sich Botschaften von Mafia-Gruppen, die die Kontrolle über den Drogenmarkt anstreben. Die Verbrechen ereignen sich vor allem in den grenznahen Verwaltungseinheiten Tijuana und Playas de Rosarito, in geringerem Maße auch in Mexicali, Enseñda und Tecate.

Aus dem Bericht geht hervor, dass es im Januar 2008, dem Monat der bisher größten Anti-Drogen-Offensive von Seiten der mexikanischen Regierung, im ganzen Land 247 Hinrichtungen gab. Mit einem Fünftel der Opferzahlen ist Baja California der Bundesstaat, in dem die meisten Tötungen stattfanden. Dazu kommen noch zahlreiche Fälle von Freiheitsberaubung, die als "levantones" bezeichneten Entführungen bzw. das Verschwindenlassen von Personen.

In einem Abschnitt des Berichts wird die zunehmende Militarisierung durch den Staat thematisiert: "Die mexikanische Regierung reagiert auf die Situation mit dem Einsatz der Armee. Durch die Einsetzung von Funktionsträgern des Heeres und der Marine in die für Prävention und Ermittlung verantwortlichen zivilen Positionen reagiert nun dort, wo vorher das Gesetz des Verbrechens regierte, das Gesetz der Armee."

So sind die Chefposten der Polizei des Bundesstaats, der Policía Estatal Preventiva de Baja California, sowie der Lokalpolizeien von Tijuana und Playas de Rosarito nun von Militärs besetzt. Laut unlängst durchgeführten Umfragen sind zwischen 80 und 90 Prozent der EinwohnerInnen von Baja California jedoch mit dem Einsatz des Militärs einverstanden.

Der Bericht kritisiert auch, wie Medienberichte die Situation in ihrer Berichterstattung zuspitzten. Das schaffe in der Bevölkerung ein Klima von Angst und Panik, so dass diese letztlich die Militarisierung, die Todesstrafe, lebenslange Haft und Folter sowie eine allgemeine Strafverschärfung mehr und mehr befürworte.

Das darf nicht weiter verwundern, schließlich hat die Menschenrechtsorganisation Vereinigung Hoffnung gegen das Verschwindenlassen und die Straffreiheit (Asociación Esperanza contra las Desapariciones Forzadas y la Impunidad) seit 1993 das Verschwindenlassen von 193 Personen durch Gruppen des organisierten Verbrechens in Verbindung mit ehemaligen oder derzeitigen PolizeibeamtInnen dokumentiert. Davon wurden 60 Taten allein seit 2005 begangen. Unter Einbeziehung von Presseveröffentlichungen und der Aussagen von Angehörigen, die Verbrechen nicht angezeigt haben, lassen sich für die vergangenen zehn Jahre insgesamt gar 1.200 Fälle ausmachen.

Hinzu kommt die Gleichgültigkeit der staatlichen Stellen. Der Bericht kritisiert unter anderem, dass der amtierende Gouverneur von Baja California und seine beiden Vorgänger trotz mehrerer Petitionen die Angehörigen von Verschwundenen niemals empfangen haben.


Quelle: poonal
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