Polizeieinsatz in Atenco:

Keine Aussicht auf Gerechtigkeit

Poonal vom 13.05.2008
Von Lourdes Godínez Leal

 

(Mexiko-Stadt, 6. Mai 2008, cimac-poonal).- Zwei Jahre nach den Polizeieinsätzen am 3. und 4. Mai 2006 in San Salvador Atenco und Texcoco, im mexikanischen Bundesstaat Estado de México, nimmt das Unrecht gegen die vergewaltigten Frauen kein Ende. So wurde aus dem Strafgesetzbuch des Bundesstaates, der von Enrique Peña Nieto regiert wird, das Vergehen der Vergewaltigung auf oralem Wege gestrichen. Einer der Polizisten, der solch eine Art der Vergewaltigung begangen hat, wird unter Kaution freigelassen und die Opfer erhalten erneut einschüchternde Drohanrufe.

Aus diesem Grund hat in diesen Tagen die Präsidenten der Kommission für Gleichheit und Geschlecht, Marisela Contreras Julián, die Nationale Menschenrechtskommission CNDH aufgefordert, Maßnahmen zum Schutz der physischen und psychischen Integrität der Frauen zu ergreifen, die während des Polizeieinsatzes am 3. und 4. Mai 2006 vergewaltigt wurden bzw. der sexuellen Folter ausgesetzt waren.

Auch das Menschenrechtszentrum Miguel Agustín Pro Juárez PRODH hat sich zu Wort gemeldet und gefordert, dass die Sonderstaatsanwaltschaft für Gewaltdelikte gegen Frauen und Menschenhandel FEVIMTRA (Fiscalía Especial para los Delitos de Violencia contra las Mujeres y Trata de Personas) sich des Falles annehmen und Untersuchungen beginnen solle, nachdem die orale Vergewaltigung durch einen Polizisten quasi straffrei bleibe. So hatte der Richter von Tenango del Valle, Estado de México, dem Bundespolizisten Doroteo Blas Marcelo wegen "unrechtmäßiger sexueller Handlungen" zu drei Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt, jedoch eine Kaution von 8.427 mexikanischen Pesos (rund 514 Euro) festgesetzt, so dass Blas Marcelo bald auf freiem Fuß sein dürfte. Neben ihm sind fünf weitere Polizisten wegen des gleichen Vergehens angeklagt.

Auch die Menschenrechtsorganisation amnesty international hatte zum zweiten Jahrestag des Polizeieinsatzes schwere Vorwürfe gegen die mexikanische Regierung erhoben. Bis heute hätten die 26 Frauen aus San Salvador Atenco, die am 3. und 4. Mai 2006 Opfer von Vergewaltigungen und sexueller Folter durch Polizisten geworden seien, keine Gerechtigkeit erfahren. Diese Politik der Straflosigkeit zeige, wie wenig die mexikanische Regierung sich dafür engagiere, der Folter und Gewalt gegen Frauen ein Ende zu setzen. Weder reflektiere die Art der Anklage die Schwere der sexuellen Übergriffe und der Folter, die die Frauen erleiden mussten, noch entspreche die Zahl der Angeklagten der tatsächlichen Anzahl der Beteiligten, so amnesty international.

Um den Druck auf die mexikanische Regierung zu erhöhen, haben elf der von den Übergriffen betroffenen Frauen Anfang Mai Beschwerde vor der Internationalen Menschenrechtskommission in Washington eingereicht.

Am 3. und 4. Mai 2006 waren mehr als 3.500 Polizisten in San Salvador Atenco gegen gewalttätige Proteste der EinwohnerInnen vorgegangen. Diese hatten sich entzündet, nachdem Behörden versucht hatten, in Texcoco, einem Nachbarort von San Salvador Atenco, ambulante BlumenverkäuferInnen zu vertreiben. Der Einsatz in San Salvador Atenco war international in die Schlagzeilen geraten, weil die Polizei unverhältnismäßig brutal gegen die AnwohnerInnen Atencos vorging. Polizisten sagten nach dem Einsatz aus, man habe ihnen befohlen, auf alles einzuprügeln, was sich bewege. Auch der Gebrauch von Schusswaffen sei ausdrücklich gestattet worden.

In den Tagen nach dem Einsatz erhielt die Nationale Menschenrechtskommission Mexikos 189 Klagen über Menschenrechtsverletzungen gegen die Polizei, darunter auch die Klagen der 26 Frauen, die angaben, auf dem Weg zum Gefängnis sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen ausgesetzt gewesen zu sein. Man habe sie mit Fingern oder Gegenständen penetriert, andere seien gezwungen worden, oralen Sex zu vollziehen, so eine der Frauen, die Anzeige erstattet hat.


Quelle: poonal
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