Atenco: Sonderstaatsanwaltschaft ermittelt wegen Vergewaltigung

Poonal vom 13.06.2006

 

(Mexiko-Stadt, 6. Juni 2006, cimac-poonal).- Das "Kollektiv gegen Folter und Straffreiheit" aus Mexiko-Stadt geht davon aus, dass die Anfang Mai von Polizisten in Atenco begangenen Vergewaltigungen und sexuellen Gewalttaten gegen Frauen zweifelsfrei als Folter zu betrachten seien. Dies bekräftigte heute (6. Juni) die Mitarbeiterin der Gruppe und Therapeutin Felicitas Treue.

Treue nahm an der Diskussionsrunde "Medien und Geschlecht" teil, die monatlich von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung und der Frauennachrichtenagentur CIMAC (Comunicación e Información de la Mujer AC) in Mexiko-Stadt organisiert wird. Die Runde beschäftigte sich mit dem Thema "Die Frauen von Atenco". Treue wies darauf hin, dass die begangenen Übergriffe von einer Haltung zeugten, nach der Frauen als "Eigentum und Sexualobjekte" betrachtet würden. Bei den von Polizeibeamten verübten Gewalttaten ginge es um die Demonstration männlicher Macht, also um eine "Bestrafung" der Frauen, die "es wagten", aus ihrer traditionelle Rolle auszusteigen.

Aus dem Verhalten von Polizei, Militär und Gefängniswärtern spreche eine Haltung, nach der Frauen, die ihrer Meinung Ausdruck verliehen und gegen das System rebellierten, bestraft werden müssten. Felicitas Treue wies darauf hin, dass Frauen traditionell als Kriegsbeute galten und in diesem Fall als "Belohnung" betrachtet wurden. Damit werde denjenigen, die an diesen Einsätzen teilnehmen und für die Einhaltung der Gesetze zuständig seien, ein Freibrief erteilt, um mit den Frauen zu machen, was sie wollen.

Die Sonderstaatsanwältin für Gewalttaten gegen Frauen der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft Alicia Elena Pérez Duarte erklärte, dass eine juristische Untersuchung eingeleitet worden sei. Die Behörde handle dabei nach dem Prinzip der Gleichheit und Antidiskriminierung. Auf die Frage, ob sie persönlich den Aussagen der Frauen Glauben schenke, reagierte Pérez Duarte sichtlich verärgert. Natürlich glaube sie, dass die Aussagen wahr seien. Es sei Aufgabe der Staatsanwaltschaft, dies zu beweisen. Vertrauen sei unbedingt angebracht, denn den Frauen Lügen zu unterstellen, hieße, sie ein weiteres Mal nach patriarchalen und frauenfeindlichen Vorgaben zu behandeln. Bisher sei die Arbeit nicht leicht, denn um Verletzungen und Vergewaltigungen anzuklagen, seien Untersuchungen vonnöten, die "der Körper der Opfer bedürfen". Deshalb käme man nur weiter, wenn die Frauen sich für eine Untersuchung zur Verfügung stellten.

Man verfahre dabei nach den Vorgaben des Protokolls von Istanbul. Demnach ist bei Vergewaltigungsopfern eine gynäkologische Untersuchung nicht unbedingt vonnöten. Auch mit Hilfe eines psychologischen Gutachtens in Verbindung mit den belastenden Aussagen könne eine Vergewaltigungsanklage erhoben werden. Bis heute (Stand 6. Juni) sind im Gefängnis von Santiaguito nahe Toluca noch sieben Frauen im Knast. Sie befinden sich derzeit im Hungerstreik.


Quelle: poonal
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