Pemex wird im Lakandonischen Urwald nach Öl bohren.

La Jornada vom 24.11.2008
Hermann Bellinghausen und Ángeles Mariscal
übersetzt von: Dana

 

Offiziell: Pemex wird im Lakandonischen Urwald nach Öl bohren.
Studie zufolge könnte die Zone in 2021 bis zu 500.000 Fässer Öl pro Tag produzieren

San Cristóbal de las Casas, Chiapas, 23. November. - Zum ersten Mal gab die Bundesregierung offiziell durch Energieministerin Georgina Kessel Martínez bekannt, dass der mexikanische Staats-Ölkonzern PEMEX, demnächst mit der Suche und dem Abbau von Rohöl im Lakandonischen Urwald, im südöstlichen Becken beginnen wird. Die Ministerin wohnte am letzten Donnerstag dem Beirat der Bundeskommission für Elektrizität in Tuxtla Gutiérrez bei, und traf sich danach mit Repräsentanten der staatlichen Regierung.

In einem Interview sagte Kessel, es gäbe "mehrere Ölvorkommen, die in den nächsten Jahren ausgebeutet werden könnten. Die größten davon befinden sich in Chincontepec (Veracruz), im Südosten Mexikos, und in den Meerestiefen des Golfs von Mexiko".

Ihren Erklärungen zufolge, sollen Ende 2009 die Versteigerungen für Privatkonzerne stattfinden, die daran interessiert sind das halbstaatliche Unternehmen mit Güter und Dienstleistungen zu beliefern. Im südöstlichen Becken, so räumte sie ein, liegen die Ölvorkommen des Lakandonischen Urwalds. "Es gibt Vorkommen die eine neue Rohölproduktion erzeugen könnten". Sie zitierte eine PEMEX Analyse über dieses Becken, in der geschätzt wird, dass in 2021 bereits fast 500.000 Fässer Rohöl täglich produziert werden könnten.

Die PEMEX Webseite informiert: "in Anbetracht der Entwicklung von Chicontepec und der voraussichtlichen Ressourcen des südöstlichen Beckens, werden zwischen 2008 und 2021 mehr als 17.000 Bohrlöcher angelegt werden müssen, ähnlich viele, wie PEMEX im Verlauf seiner gesamten Geschichte angelegt hat, aber in ein Drittel der Zeit".

Wie man sich erinnert, haben nach dem Aufstand der EZLN in 1994, die Indigenas des Lakandonischen Urwalds, vor allem in den Tälern von Ocosingo, gesagt, dass bereits 1993 und davor Schürf- und Forschungsteams, scheinbar aus dem Ausland, in diese Zone eingedrungen waren, und die Existenz von Ölvorkommen bestätigt haben. In einem Nebeldunst von Regierungserklärungen wurden die "Bohrlöcher" aufgegeben, so wie in Nazareth, nahe des zapatistischen Caracols von La Garrucha, und noch tiefer in den Schluchten.

Während ihres Besuches traf sich die Energieministerin mit Gouverneur Juan Sabines Guerrero, demgegenüber sie die Dringlichkeit betonte, in dieser Gegend eine Plantage von Energiepflanzen für Biokraftstoffe anzulegen, mithilfe kolumbianischer Technologie, "das dem Bundesstaat eine Chance bietet, auf dem Gebiet der Biokraftstoffe zu wachsen". Sie bestätigte, dass Chiapas ein "strategischer Ort" ist, um diese Plantage im Angriff zu nehmen.

Kessel Martínez meinte, der Bundesstaat sei "dazu berufen", Rohstoffe für Biosprit zu produzieren, was "zusätzliche Einnahmen zugunsten der Wirtschaft der Bevölkerung" einbringen würde. Dies erklärte sie auf einem Arbeitstreffen zum regionalen Entwicklungsplan zwischen Mexiko, Kolumbien und Zentralamerika, der auch als Proyecto Mesoamérica (ehemals Plan Puebla-Panama) bekannt ist.

Am 11. November 2008, veröffentlichten die Regierungen von Mexiko und Kolumbien den Zwischenstand der Vorarbeiten zur Installation einer Biosprit-Plantage mit kolumbianischer Technologie in Chiapas. In einer gemeinsamen Konferenz mit Präsident Álvaro Uribe, zeigte sich Präsident Felipe Calderón zuversichtlich, dass dieses Projekt "die energiereiche Beziehung zwischen den zwei Ländern" antreiben würde.

Für diesen Biokraftstoff soll eine Nutzpflanze (Jatropha *) angebaut werden, die laut Aussage des Präsidenten, nicht mit der Lebensmittelproduktion konkurrieren würde. Spezialisten und Umweltaktivisten bezweifeln dies stark, da die besagten biologischen Ressourcen offensichtlich um Boden, Pflege und Wasser konkurrieren werden. Wie Kessel Martínez ihrerseits erwähnte, sollen die Monokulturplantagen in "Modulen" angelegt werden, deren ungefähre Kosten sich auf jeweils eine Million Dollar belaufen.

Dabei bleibt es nicht. Die Ministerin informierte ferner über die Absicht, in Chiapas Windenergie zu nutzen. Die Implementierung ähnlicher Pläne im Isthmus von Tehuantepec (Oaxaca) durch transnationale spanische Konzerne hat zu Umweltproblemen und zum Widerstand der Gemeinden dieser Region geführt.

Angesichts der Widersprüche des offiziellen Diskurses, der einerseits den Umweltschutz und den Schutz der biologischen Ressourcen propagiert, vornehmlich im Lakandonischen Urwald und in den Montes Azules, und anderseits den Abbau von Rohöl befürwortet, schloss es die Ministerin aus, dass irgendwelche Schäden verursacht werden könnten. Sie erklärte, dass die kürzlich erfolgte "Gesetzesreform" der PEMEX, "den Schutz und die Wiederherstellung der Ökosysteme garantiert". Bis auf weiteres geht der Urwald auf den Erdölmarkt


− Zur Wunderpflanze Jatropha (Brechnuss):
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,322809,00.html
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/bstuecke/102719/index.html
http://en.wikipedia.org/wiki/Jatropha

 

Quelle: https://www.jornada.com.mx/2008/11/24/index.php?section=politica&article=017n1pol


 

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