Oberstes Gerichtshof stellte schwere Rechtsverletzungen bei Einsatz in Atenco fest

Polizei verübte schwere Menschenrechtsverletzungen

La Jornada vom 04.02.2009
Jesús Aranda
übersetzt von: Dana

 

Gutachten des Obersten Gerichtshofs (SCJN) stellt schwere Rechtsverletzungen bei Polizeiaktion in Atenco fest
Der Einsatz der Staatsgewalt war disproportioniert, ineffizient und unverantwortlich

Bei dem Polizeieinsatz in San Salvador Atenco, Bundesstaat Mexiko, sind schwere Verletzungen der individuellen und konstitutionellen Rechte auf Leben, persönliche Integrität, sexuelle Freiheit, gleiche Behandlung der Geschlechter, Unantastbarkeit des Domizils, persönliche Freiheit, angemessene Prozessierung, würdige Behandlung der Gefangenen und das Recht auf Gerechtigkeit verübt worden, befindet das Gutachten des Richters des Obersten Gerichtshofs José de Jesús Gudiño Pelayo.

Bei der gestrigen Veröffentlichung der offenen Version − unter Auslassung persönlicher Daten der Opfern, Behörden und Polizisten, die an den gewaltsamen Vorfällen am 3. und 4. Mai 2006 beteiligt bzw. von ihnen betroffen waren − befand das Dokument, dass der Einsatz der Staatsgewalt durch die Polizei des Bundesstaates Mexiko und der Präventiven Bundespolizei (PFP), "auf exzessive, disproportionierte, ineffiziente, unprofessionelle und nachlässige Weise", erfolgt sei, und der Staat somit die Polizeikräfte auf unverantwortliche und willkürliche Weise eingesetzt hat.

Das 924-seitige Dokument, das Fotos und Graphiken der Vorfälle beinhaltet, hinterfragt das Vorgehen der staatlichen Regierung des Bundesstaates Mexiko, unter Leitung von Enrique Peña Nieto, und der PFP, die damals von dem heutigen Generalstaatsanwalt Eduardo Medina Mora geleitet wurde. Beide haben es unterlassen, ihrer Pflicht nachzukommen, die Aggressionen und die sexuelle Gewalt gegen die Gefangenen zu untersuchen, und gegen die Verantwortlichen strafrechtlich vorzugehen.

Das Vorgehen der Behörden, so heißt es weiter, hat ein negatives Ergebnis, "da es Misstrauen gegen den Staat und Angst vor den Polizeibehörden schürt". "Misstrauen und Angst, die ihrerseits einen fruchtbaren Boden für die Unsicherheit, Ungerechtigkeit und Straflosigkeit bereiten. Denn wer kein Vertrauen in seine Polizei und Institutionen der öffentlichen Sicherheit hat, wird auch nicht bereit sein, Verbrechen anzuzeigen, und noch viel weniger mit den Behörden zusammenarbeiten, um diese zu verhindern oder aufzuklären".

Dies, so wird betont, wirkt sich in Straflosigkeit und Unsicherheit aus, die uns alle belastet, und darüber hinaus "hemmt es die Ausdrucksform des Protestes, der vollkommen legitim ist − wenn gewaltfrei ausgeübt − in einem Land, das von sich behauptet demokratisch zu sein und die Menschenrechte zu respektieren, darunter die Ausdrucksfreiheit."

Gudiño gab an, dass die verübten Aggressionen "schwerwiegend und äußerst bedauerlich sind, in Hinblick auf den historischen Hintergrund, den die Gewaltanwendung in Mexiko hat, und die negativen Konsequenzen, die sich daraus in einer nahen Zukunft ergeben könnten".

Das Dokument legt dar, dass auch wenn der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt war, um die Autobahn Texcoco-Lechería zu räumen, hatte die fehlende Protokollierung dieses Einsatzes und die Unterlassung der Autoritäten, das Vorgehen der Polizisten zu überwachen, die Verletzung der Rechte der Opfer zur Folge. Aus diesem Grund werden die Legislative und Exekutive Gewalten aufgerufen, den Einsatz polizeilicher Gewalt zu reglementieren, um eine Widerholung derartiger Situationen zu verhindern.

Weiterhin wird gewarnt, "es nützt nichts, dass in Gesetzen, in Staatsverträgen, in Diskursen anerkannt wird, dass unser Land die Menschenrechte anerkennt und respektiert, wenn diese dann verletzt werden, in diesem Fall von Staatsbeamten, und diese Verletzungen, auch wenn sie nicht auf institutionellen Befehl erfolgt sind, ungestraft bleiben und die Opfern keine Gerechtigkeit erhalten", weil keine nötigen Maßnahmen ergriffen werden, um die Verantwortlichen zu identifizieren und zu bestrafen.

Der Richter, dessen Gutachten in der nächsten öffentlichen Sitzung am 9. Februar diskutiert werden soll, wies zwei Aspekte der Empfehlung zurück, die damals von der Nationalen Kommission für Menschenrechte (CNDH) erlassen wurde. Sie betreffen die Verletzung der Rechte der Minderjährigen, die in ein Erwachsenengefängnis eingewiesen wurden, und den Jugendlichen, der durch ein Schuss getötet wurde. Gudiño zufolge wurden die Jugendlichen in einer angemessenen Zeit an den Rat für Minderjährigen überstellt, und andererseits gäbe es keine Beweise, die nachweisen würden, dass der Schuss aus der Waffe eines Polizisten stammte.

Das Gutachten befindet zum Schluss, dass die Zuständigkeiten der CNDH und des Obersten Gerichtshofes ergänzt werden sollten, um schwere Verletzungen der Menschenrechte zu untersuchen.

 

Quelle: https://www.jornada.com.mx/2009/02/04/index.php?section=politica&article=014n1pol


 

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