Hintergrundinformationen zur Urgent Action

»Misshandlung eines politischen Gefangenen in Oaxaca — Aufruf zur Unterzeichnung eines Protestschreibens«

Promovio e.V. vom 17.02.2009

 

Abraham Ramírez VásquezAbraham Ramírez Vásquez stammt aus der zapotekischen Gemeinde Santiago Xanica in der Sierra Sur des südmexikanischen Bundesstaates Oaxaca. Santiago Xanica weist, wie auch mehr als zwei Drittel aller Gemeinden in Oaxaca, eine sehr hohe Marginalitätsrate auf. Besonders die Bereiche Schulbildung und Gesundheit werden von den staatlichen Verantwortlichen stark vernachlässigt. Zudem befindet sich die Gemeinde seit etwa zehn Jahren in einem Konflikt mit den Parteien und der Regierung des Bundesstaates Oaxaca, bei dem es um die Durchsetzung der gesetzlich garantierten Rechte auf indigene Selbstverwaltung (Ley de usos y costumbres) geht.

Vor vier Jahren, am 15. Januar 2005, kam es zu einem gewaltsamen Übergriff von Polizeikräften auf etwa 80 Personen des Dorfes Santiago Xanica, die eine Gemeinschaftsarbeit verrichteten. Bei diesem Angriff wurden drei Menschen angeschossen. Abraham Ramírez Vásquez, Noel García Cruz und Juventino García Cruz erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Die drei Männer wurden von der Polizei festgenommen. Abraham Ramírez Vásquez wurde bei der Verhaftung eineinhalb Tage lang die medizinische Versorgung versagt. Die konstruierte Anklage lautet auf Mord an einem Polizisten, sowie Entführung und schwere Körperverletzung. Trotz eindeutiger entlastender Beweise wird die Untersuchungshaft seit nunmehr über vier Jahren aufrechterhalten.

Die drei Männer gehören dem Comité por la Defensa de los Derechos Indígenas, CODEDI Xanica an. Die lokale, indigene Organisation setzt sich dafür ein, dass die Beschlüsse der Dorfversammlung respektiert und das verfassungsrechtlich verankerte indigene Gewohnheitsrecht (usos y costumbres) umgesetzt wird. Aufgrund des Widerstandes von CODEDI gegen die Verletzung indigener Rechte in Xanica sahen sich Mitglieder und Sympathisanten in den vergangenen Jahren immer wieder Bedrohungen durch Polizei und Militär, die im Dorf stationiert waren, ausgesetzt. Offensichtlich ist, dass Abraham Ramirez Vásquez, Juventino und Noel García Cruz in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Organisation festgenommen wurden. Sie sind daher als politische Gefangene einzustufen. Alle drei gehören zu den ersten, die seit dem Amtsantritt des nach wie vor regierenden Gouverneurs von Oaxaca, Ulises Ruíz Ortíz, im Dezember 2004 eingesperrt wurden.

Auch seit dem überwiegend friedlichen, mehrmonatigen Volksaufstand in Oaxaca im Jahre 2006 kam es immer wieder zu Übergriffen auf SympathisantInnen sozialer Bewegungen in Oaxaca. Mehreren Nationalen und Internationalen Nichtregierungsorganisationen ist der Fall von Abraham und den Brüdern Noel und Juventino bekannt. Er wird als Teil eines strategischen Vorgehens der oaxakenischen Regierung gegen die soziale und indigene Bewegung wahrgenommen.

promovio e.V. konnte sich durch wiederholte Reisen ein umfassendes Bild über die Situation vor Ort machen. Zuletzt besuchten wir die drei politischen Häftlinge im Gefängnis von Pochutla im Oktober 2008 im Rahmen einer Recherchereise der mit der Deutschen Menschenrechtkoordination Mexiko, der wir angehören. Die Missachtung der indigenen Rechte in Santiago Xanica sowie die damit einhergehenden Verletzungen bürgerlicher und politischer Rechte mehrerer Personen im Verlauf der vergangenen zehn Jahre sind Teil eines Berichtes, den die Deutschen Menschenrechtkoordination Mexiko in Bälde veröffentlichen wird.

promovio e.V. — Verein zur Förderung der indianischen Menschenrechtsbewegung in Oaxaca; Dresden, 17.02.2009
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